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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter
Autoren: Bernard Cornwell
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Stellung gebracht waren.
    Darüber fing es zu regnen an, was besonders unsere Bogenschützen beunruhigte, denn das Wasser schwächte die Bogensehnen. Der
     Himmel verdunkelte sich, als eine große schwarze Wolke aufzog. Schwere Tropfen prasselten auf unsere Helme. Die Dänen standen
     auf den Wällen und trommelten mit ihren Waffen auf die Schilde, als unsere Armee vor die Festung zog.
    «Vorwärts!», rief Alfred. Wir rückten vor, hielten aber noch außerhalb der Reichweite der Pfeile an. Regentropfen perlten
     über den Rand meines Schildes, in dessen Eisenbeschlag mir eine neue, helle Kerbe auffiel, geschlagen von einer Schwertklinge,
     doch ich konnte mich nicht an den Hieb erinnern. Die Dänen verspotteten uns. Sie wussten, was auf sie zukam, und schienen
     sich darauf zu freuen. Wahrscheinlich warteten sie auf diesen Angriff, seit sie, von Guthrum geführt, den Steilhang erklommen
     und die Festung entdeckt hatten. Sie wollten uns niedermachen, während wir uns mühsam die Schräge zu ihnen hochkämpfen mussten.
     Dies war nun Guthrums Schlacht. Er hatte seinen Rivalen Svein und seinen sächsischen Verbündeten Wulfhere außerhalb der Festung
     kämpfen lassen und gehofft, dass sie einen Gutteil unserer Armee zerschlügen, |496| ehe wir die Festung angriffen. Dass diese Männern nun selbst gefallen waren, musste Guthrum nicht weiter kümmern. Jetzt würden
     seine eigenen Männer den Kampf führen, und zwar so, wie er ihn sich vorgestellt hatte.
    «In Gottes Namen!», rief Alfred, und da zuckte ein gleißender Blitzstrahl über der Festung auf, und es schien, als berste
     der Himmel mit einem ohrenbetäubenden Krachen. Die schwarze Wolke zerriss und schüttete gewaltige Wassermassen auf uns nieder.
     In der Ferne grollten weitere Gewitter. Und viele glaubten wohl, dass Gott uns mit diesem Donner und mit diesem blendenden
     Licht ein Zeichen geben wollte, denn plötzlich geriet unser ganzes Heer in Bewegung. Niemand hatte den Befehl dazu gegeben,
     es sei denn, man verstand Alfreds Anrufung als Befehl. Wir gingen einfach los.
    Mit lautem Gebrüll rückten die Männer vor. Sie riefen keine Beleidigungen, sondern lärmten einfach bloß, um sich selbst Mut
     zu machen. Wir rannten nicht, sondern gingen im Schritt, weil die Schilde sich berühren mussten. Ein weiterer Donnerschlag
     krachte, und der Regen schien an Heftigkeit sogar noch zuzunehmen. Eine dichte Regenwand ergoss sich über die Lebenden und
     die Toten, und wir waren jetzt nah an unseren Feinden, sehr nahe, aber der Regen war so stark, dass wir die Dänen kaum erkennen
     konnten. Dann sah ich vor mir den Graben, der schon fast überfloss, und dann flogen zischend Pfeile und Speere über unsere
     Köpfe hinweg, als wir spritzend in den Graben hinabstiegen. Ein dänischer Speer prallte von meinem Schild ab. Ich stolperte
     über seinen Schaft und fiel fast ins Wasser, richtete mich wieder auf und begann auf der anderen Seite des Grabens den Wall
     hochzuklettern.
    Nicht alle durchquerten den Graben. Viele verließ der Mut, doch mehrere Gruppen setzten den Angriff fort. |497| Wir bildeten das, was die Dänen
Svinfylkjas
nennen, einen Keil aus Kriegern, der auch als Eberkopf bezeichnet wird, weil man wie ein Keiler mit seinen Stoßzähnen gegen
     den Feind anzurennen versucht. Wir aber rannten diesmal nicht gegen eine
Skjaldborg
an, sondern mussten einen von Regenwasser überfluteten Graben durchqueren und einen Wall erklimmen.
    Wir hielten die Schilde über unsere Köpfe und rutschten auf der schrägen und nassen Böschung immer wieder ab, und ohne Unterlass
     zielten dänische Speere auf uns. Von Pyrlig geschoben, kam ich schließlich weiter voran. Sein Schild schützte meinen Rücken.
     Über mir krachte es, und ich dachte, es sei ein neuer Donnerschlag am Himmel. Doch mein Schild fuhr mir auf den Helm, und
     da wusste ich, dass ein Däne auf mich einhieb und versuchte, mit seiner Axt oder seinem Schwert das Lindenholz zu durchschlagen,
     um mir den Rücken zu zerschmettern. Ich kroch auf Knien weiter, hob den Rand meines Schildes an und hatte Stiefel vor mir.
     Ich stieß mit dem Schwert zu und versuchte, mich aufzurichten, spürte aber einen Schlag an meinem Bein und ging wieder zu
     Boden. An meiner Seite brüllte Steapa wie von Sinnen. Ich hatte Schlamm im Mund, und der Regen trommelte auf uns herab, und
     ich hörte das Krachen von Klingen, die sich in Schilde gruben, und glaubte die Schlacht schon verloren. Trotzdem versuchte
     ich, wieder
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