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Der Weg ins Glueck

Titel: Der Weg ins Glueck
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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auch nicht um alles betrogen werden. Also werde ich mir Flitterwochen gönnen. Ich fahre nach Charlottetown und besuche dort meinen Bruder mit seiner Familie. Seine Frau hat schon den ganzen Herbst über Schmerzen, aber niemand weiß, ob sie vorhat zu sterben oder nicht. So war sie schon immer: Nie hat sie gesagt, was sie vorhat, sondern es einfach getan. Das ist wohl der Hauptgrund, warum sie in unserer Familie nicht beliebt war. Aber ich sollte sie wohl trotzdem besuchen. Seit zwanzig Jahren bin ich nie länger als einen Tag in der Stadt gewesen, und jetzt steht mir der Sinn danach, mir mal einen dieser Kinofilme anzusehen, von denen so viel die Rede ist, nur, um auf dem Laufenden zu sein. Aber Sie brauchen nicht zu fürchten, dass ich mich davon fortreißen lasse, liebe Frau Doktor. Ich werde bloß vierzehn Tage fort sein, wenn Sie mich so lange entbehren können.«
    »Ja, du hast dir deine Ferien redlich verdient, Susan. Nimm dir lieber einen Monat, dann hast du richtige Flitterwochen.«
    »Nein, liebe Frau Doktor, vierzehn Tage sind genug. Außerdem muss ich doch mindestens drei Wochen vor Weihnachten zu Hause sein, um alles gründlich vorzubereiten. Dieses Jahr werden wir ein richtiges Weihnachtsfest feiern, liebe Frau Doktor. Ob es wohl möglich ist, dass bis dahin unsere Jungen wieder da sind?«
    »Nein, das glaube ich nicht, Susan. Jem und Shirley haben geschrieben, dass sie wahrscheinlich nicht vor dem Frühjahr nach Hause kommen können. Bis Shirley kommt, ist es vielleicht schon Sommer. Aber Carl Meredith wird da sein, und Nan und Di, und es wird wieder eine große Feier geben. Wir werden für alle Stühle hinstellen, Susan, so wie du es bei unserem ersten Kriegsweihnachtsfest getan hast. Ja, für alle. Für meinen geliebten Sohn, dessen Stuhl für immer leer sein wird, genauso wie für alle anderen, Susan.«
    »Ich glaube kaum, dass ich vergessen werde seinen Platz zu decken, liebe Frau Doktor«, sagte Susan und wischte sich die Tränen fort, während sie losging, um ihre Sachen für die »Flitterwochen« zu packen.

Rilla-meine-Rilla
    Carl Meredith und Miller Douglas kehrten kurz vor Weihnachten nach Hause zurück. Ganz Gien St. Mary begrüßte sie am Bahnhof mit einer Blaskapelle, die man aus Lowbridge ausgeliehen hatte, und mit heimatlichen Reden. Miller machte einen lebhaften, freudig erregten Eindruck, und das trotz seines Holzbeins; er hatte sich zu einem breitschultrigen, imposanten jungen Mann entwickelt, und seine Medaille veranlasste Miss Cornelia, über seine niedrige Herkunft hinwegzusehen, und zwar so weit, dass sie seine Verlobung mit Mary stillschweigend anerkannte. Letztere kam sich ungeheuer wichtig vor - besonders, als Carter Flagg Miller zum Geschäftsleiter seines Ladens ernannte -, aber niemand nahm ihr ihr Getue übel.
    »Die Landwirtschaft kommt für uns natürlich jetzt nicht mehr in Frage«, ließ Mary Rilla wissen. »Aber Miller meint, es könnte ihm schon Spaß machen, ein Geschäft zu führen, wenn er sich erst mal wieder an ein ruhiges Leben gewöhnt hat. Und Carter Flagg ist bestimmt ein angenehmerer Chef als die alte Kitty. Im Herbst werden wir heiraten und dann in das alte Mead-Haus mit den Erkerfenstern und dem Mansardendach einziehen. Es war für mich immer schon das hübscheste Haus von ganz Gien, aber ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich dort eines Tages wohnen würde. Natürlich werden wir da nur zur Miete wohnen, aber wenn die Dinge so laufen, wie wir uns das vorstellen, und Carter Flagg Miller zum Teilhaber macht, dann wird es irgendwann uns gehören. Na, was sagst du, bin ich nicht gesellschaftlich ganz schön aufgestiegen, wenn man bedenkt, wo ich herkomme? Dabei habe ich nie den Ehrgeiz gehabt, die Frau eines Geschäftsleiters zu sein. Aber Miller ist sehr zielstrebig und ich als seine Frau werde ihn unterstützen. Er sagt, unter den Französinnen wäre keine gewesen, die ihm mehr als einen Blick wert gewesen wäre, und dass sein Herz immer nur treu für mich geschlagen hat, solange er fort war.« Jerry Meredith und Joe Milgrave kamen im Januar zurück. Die anderen Jungen aus Gien und Umgebung kehrten nach und nach zu zweit oder zu dritt zurück. Aber keiner von ihnen war mehr so wie damals, als er fortgegangen war, selbst die nicht, die das Glück gehabt hatten, völlig unverletzt zu bleiben.
    Eines Tages im Frühling, als die Narzissen auf dem Rasen von Ingleside blühten und die Ufer des Baches im Regenbogental übersät waren mit weißen und blauen
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