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Der Weg ins Glueck

Titel: Der Weg ins Glueck
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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doch zurückhalten und mir Einhalt gebieten können, bevor ich mich dermaßen lächerlich mache! Aber sie behauptet, das wäre alles viel zu schnell gegangen. Zum Glück war es dunkel im Saal, und ich glaube nicht, dass jemand dabei war, der mich kennt. Dabei habe ich mir eingebildet, wunder wie vernünftig und beherrscht und erwachsen zu sein! Aber es hat ganz den Anschein, dass ich es bis dahin noch weit habe.
     
    20. September 1918
    Im Osten hat Bulgarien um Frieden ersucht und im Westen haben die Briten die Hindenburg-Linie zerschlagen. Und hier in Gien St. Mary hat der kleine Bruce Meredith etwas Bewundernswertes geleistet - bewundernswert, weil er es mit Liebe getan hat. Mrs Meredith war heute Abend hier und hat es uns erzählt. Da mussten Mutter und ich weinen und Susan stand auf und machte sich mit lautem Geklapper am Ofen zu schaffen.
    Bruce hat Jem immer sehr verehrt und ihn in all den Jahren nie vergessen. Er war ihm auf seine Weise treu, so wie Monday auf eine andere. Wir haben Bruce immer erzählt, dass Jem zurückkommen wird. Aber gestern Abend war er in Carter Flaggs Laden und hat da wohl mitgehört, wie sein Onkel Norman schlichtweg behauptet hat, Jem Blythe werde nie mehr zurückkommen und dass seine Leute auf Ingleside doch endlich die Hoffnung aufgeben sollten. Bruce ging nach Hause und weinte sich in den Schlaf. Heute Morgen sah seine Mutter ihn fortgehen, mit traurigem und entschlossenem Blick. Er trug sein Lieblingskätzchen auf dem Arm. Sie dachte sich nichts weiter dabei, bis er später wiederkam und ganz verzweifelt aussah. Er erzählte ihr dann unter heftigem Schluchzen, dass er Stripey ertränkt hatte.
    »Warum hast du das getan?«, fragte Mrs Meredith entsetzt. »Damit Jem zurückkommt«, schluchzte Bruce. »lch hab gedacht, wenn ich Gott ein Opfer bringe, dann gibt er uns Jem zurück. Also habe ich meinen Stripey ertränkt. Ach, Mama, das war so schrecklich! Aber jetzt wird der liebe Gott Jem bestimmt zurückgeben, weil Stripey das Liebste war, was ich gehabt habe. Ich hatte dem lieben Gott versprochen, dass ich ihm Stripey schenke, wenn er dafür Jem zurückgibt. Das wird er doch machen, Mama, ja?«
    Mrs Meredith wusste nicht, was sie dem armen Kerl antworten sollte. Sie brachte es einfach nicht fertig ihm zu sagen, dass Jem womöglich trotz seines Opfers nicht zurückkommt, dass das nicht die Art ist, wie der liebe Gott vorgeht. Sie sagte deshalb, dass er vielleicht nicht sofort zurückkehrt - dass es vielleicht noch lange dauert, ehe Jem zurückkommt. Aber Bruce sagte: »Länger als eine Woche kann das nicht dauern, Mama. Ach, Mama, Stripey war so ein nettes kleines Kätzchen! Es hat so schön geschnurrt! Meinst du nicht, dass der liebe Gott es so lieb haben muss, dass er uns Jem zurückgibt?«
    Mr Meredith macht sich Sorgen, ob nicht Bruces Glaube an Gott darunter leidet, und Mrs Meredith macht sich Sorgen um Bruce selbst, falls sein Wunsch nicht erfüllt wird. Mir selber ist jedes Mal zum Heulen zu Mute, wenn ich daran denke. Was er sich da ausgedacht hat, war so bewundernswert - und traurig - und schön. Der arme kleine Kerl, er hat es so gut gemeint! Er hing so sehr an diesem Kätzchen. Und wenn jetzt alles umsonst war -so viele Opfer scheinen umsonst zu sein -, dann wird er todunglücklich sein, weil er noch nicht erfahren genug ist zu verstehen, dass Gott unsere Gebete nicht so erhört, wie wir uns das vorstellen, und dass er keinen Handel mit uns treibt, wenn wir ihm etwas überlassen, woran wir sehr hängen.
     
    24. September 1918
    Lange habe ich im Mondschein an meinem Fenster gekniet und Gott immer und immer wieder gedankt. Die Freude seit gestern Abend ist so groß, dass sie fast weh tut. Als ob unsere Herzen nicht groß genug wären, sie zu fassen!
    Gestern Abend um elf saß ich hier in meinem Zimmer und schrieb gerade einen Brief an Shirley. Alle anderen waren schon im Bett, außer Vater, der nicht zu Hause war. Ich hörte das Telefon läuten und rannte in den Flur, um dranzugehen, bevor Mutter davon aufwachte. Es war ein Ferngespräch, und als ich mich meldete, sagte eine Stimme: »Hier ist die Telegra fenstation in Charlottetown. Wir haben ein Telegramm aus Charlottetown fülr Dr. Blythe.«
    Ich dachte an Shirley - mein Herz stand still -, und dann hörte ich am anderen Ende: »Es kommt aus Hollands Die Nachricht lautete:
    »Eben angekommen. Aus Deutschland entkommen. Wohlauf. Schreibe bald. James Blythe.«
    Ich bin weder in Ohnmacht gefallen, noch habe ich
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