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Der Weg ins Glueck

Titel: Der Weg ins Glueck
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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dreißigtausend Dollar, wovon der größte Teil Amelia Chapley zukommt. Aber fünftausend Dollar hinterließ sie mir zu treuen Händen für Jims. Von den Zinsen soll seine Ausbildung bezahlt werden und die Hauptsumme soll ihm an seinem zwanzigsten Geburtstag ausbezahlt werden. Jims ist wirklich ein Glückspilz. Zuerst habe ich ihn vor dem langsamen Untergang aus Mrs Conovers Fängen gerettet, dann hat Mary Vance ihn vor dem Diphtherietod bewahrt, und dann kam ihm sein guter Stern zu Hilfe, als er aus dem Zug fiel. Dabei stolperte er nicht nur ins Gebüsch, sondern auch noch mitten hinein in dieses nette kleine Vermächtnis. Anscheinend stimmt es, was Mrs Matilda Pitman gesagt hat und wovon ich immer schon überzeugt war: Er ist kein gewöhnliches Kind und hat keinen gewöhnlichen Lebensweg vor sich.
    Auf jeden Fall ¡st jetzt für ihn gesorgt, und zwar so, dass James Anderson an seine Erbschaft nicht herankommt. So, und wenn jetzt seine neue englische Stiefmutter auch noch nett ist, dann brauche ich mir keine großen Sorgen mehr um die Zukunft meines Kriegsbabys zu machen.
    Was wohl Robert und Amelia sagen werden! Ich schätze, die werden in Zukunft die Fenster vernageln, wenn sie das Haus verlassen!«

Sieg!
    »Schneidend der Wind und düster der Himmel«, zitierte Rilla eines Sonntagnachmittags - genauer gesagt, am sechsten Oktober. Es war so kalt, dass sie im Wohnzimmer den Kamin angezündet hatten, und die lustigen kleinen Flammen versuchten mit aller Kraft dem unwirtlichen Wetter draußen zu trotzen. »Das ist ja eher schon November als Oktober. Der November ist so ein hässlicher Monat!«
    Cousine Sophia war da, nachdem sie Susan wieder mal vergeben hatte, und außerdem Mrs Martin Clow, die vorbeigekommen war, um sich Susans Rheumatismussalbe auszuleihen. Das war schließlich billiger, als sich eine vom Doktor geben zu lassen.
    »Ich fürchte, der Winter kommt früh dieses Jahr«, prophezeite Cousine Sophia. »Die Bisamratten bauen sich so riesige Behausungen um den Teich herum, das ist ein todsicheres Zeichen! Meine Güte, wie dieses Kind gewachsen ist!« Cousine Sophia stieß einen tiefen Seufzer aus, als ob es etwas Schlimmes sei, wenn ein Kind wächst.
    »Wann kommt denn sein Vater zurück?«
    »Nächste Woche«, sagte Rilla.
    »Nun, ich kann nur hoffen, dass die Stiefmutter den armen Jungen nicht allzu schlecht behandelt«, seufzte Cousine Sophia erneut. »Aber ich habe meine Zweifel, ich habe meine Zweifel. Wie auch immer, er wird den Unterschied zwischen hier und woanders schon zu spüren kriegen. So, wie du ihn verwöhnt hast, Rilla, du hast ihn doch ständig von vorne bis hinten bedient.«
    Rilla grinste nur und drückte Jims an sich. Sie wusste, dass ihr gutmütiger kleiner Sonnenschein nicht verwöhnt war. Aber auch sie war nicht ohne Sorge. Auch sie machte sich Gedanken um die neue Mrs Anderson und fragte sich mit Bangen, wie sie wohl sein mochte. Ich kann Jims unmöglich einer Frau überlassen, die ihn nicht liebt, dachte sie aufgebracht.
    »Ich glaube, es fängt an zu regnen«, sagte Cousine Sophia. »Dabei haben wir diesen Herbst doch schon genug Regen gehabt. Da werden die Leute aber furchtbar Mühe haben, ihr Gemüse noch reinzukriegen. Zu meiner Zeit war das nicht so. Da war der Oktober immer schön. Aber die Jahreszeiten sind überhaupt nicht mehr das, was sie mal waren.«
    Cousine Sophias Wehklagen wurde jäh unterbrochen durch das Klingeln des Telefons. Gertrude Oliver ging dran. »Ja -was? Was? Ist das wahr, wissen Sie das genau? Danke, vielen Dank!«
    Gertrude drehte sich um, völlig entgeistert. Ihre dunklen Augen funkelten und die Röte stieg ihr vor Aufregung ins Gesicht. Plötzlich durchbrach die Sonne die dicken Wolken und durchflutete den großen dunkelroten Ahornbaum draußen vor dem Fenster. Ihre Strahlen umhüllten Gertrude wie eine gespenstische Flamme. Sie sah aus wie eine Priesterin bei der Ausübung eines geheimnisvollen, faszinierenden Zeremoniells. »Deutschland und Österreich ersuchen um Frieden«, sagte sie.
    Rilla geriet völlig aus der Fassung. Sie sprang auf und tanzte durchs Zimmer, klatschte in die Hände und lachte und weinte gleichzeitig.
    »Setz dich, Kind«, sagte Mrs Clow, die sich nie über irgendetwas aufregte und sich auf diese Weise auf ihrem Lebensweg eine Menge Kummer und Freude vom Leibe gehalten hatte. »Ach!«, rief Rilla. »Wie oft bin ich in den letzten vier Jahren vor lauter Verzweiflung und Angst im Zimmer auf und ab gelaufen! Lasst mich doch jetzt
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