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Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Titel: Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget
Autoren: Petra Tessendorf
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Job einer Auftragskillerin andichten wollte. Tatsächlich wusste niemand, womit sie ihr Geld verdiente. Erst bei der Frage nach ihrer Klientel traf Thorvald, nachdem er den Umweg über die Leichenwäscherin, Geldeintreiberin und der Kneipenseelsorgerin gegangen war, ins Schwarze.
    Dass Ines bei der Polizei war, Kriminalhauptkommissarin, hätte niemand vermutet. Auch Olga war erstaunt. Fast die gesamte Schulzeit, von der Sexta bis zur Oberprima, hatte Olga mit Ines verbracht und kannte sie doch so wenig. Und das, obwohl Ines mit Hanna befreundet war, die wie Olga im Wald gewohnt hatte. Doch bis auf die verträumten Sommertage auf dem Floß, hatte Hanna immer mit Ines zusammengesteckt. Die beiden hatten nie so richtig dazugehört.
    Olga spürte wieder eine gewisse Vertrautheit. Das Einpendeln auf den gemeinsamen Nenner »Schulklasse« schaffte eine positive Verbundenheit und Herzlichkeit,obwohl viele Charaktere und Lebenswege unterschiedlicher nicht hätten sein können.
    Olga schaute sich um. Das vergnügliche Treiben hatte sie bisher davon abgehalten, die neuen Räume in Augenschein zu nehmen. Von der ehemaligen »Waldklause«, die schon vor Jahren dichtgemacht hatte, war bis auf die Fassade und den großen Garten nichts mehr übrig geblieben. Die gutbürgerliche Gemütlichkeit mit der Decke aus Eichenimitat war einer sonnigen, einladenden Atmosphäre gewichen. Die im Raum verteilten Tische luden dazu ein, aufzustehen und am Nachbartisch mitzumischen oder sich an die Bar zu setzen, hinter der die geschwätzigen Barkeeper mit selbstsicherer Professionalität hervorzauberten, was das durstende Herz begehrte.
    Luis Sander war sich seiner Sache sicher und von seiner Idee überzeugt. Denn es war nicht die erste Bar, das erste Restaurant, welches er ins Leben gerufen hat. Zwei weitere Läden in der Innenstadt liefen gut, und den Erlös steckte er in sein neues Projekt.
    Und dies war sein Lieblingskind. Draußen, mitten im Wald, nur zu erreichen über die einzige asphaltierte schmale Straße, lag das »Luis« direkt an einer Kreuzung mehrerer Hohlwege, die den Wald durchzogen wie ein Wurzelgeflecht. Hier waren schon vor Jahrhunderten die Reisenden bewirtet worden, die diese uralte Handelsstraße passierten. Die geschundenen Tiere waren versorgt und die Wagen repariert worden, die wegen der schlechten, holprigen Wege enorm litten.
    Luis wusste, dass sein Konzept aufgehen würde. Denn der Erfolg dieser Unternehmung hing nicht allein vom Angebot des »Luis« ab, der Ort war das alles Entscheidende. Hier war der Herzschlag des Waldes zu spüren, der die Bewohner in natürlichem Rhythmus anzogund davontrieb, ohne dass Luis selbst viel dafür tun musste.
    »Schau dich um«, sagte Hanna. »Du weißt doch sicher noch, wie das früher hier aussah. Dieses klebrige braunbeige Ausflugslokal, überfüllt mit grau-beigen Omas.«
    »Platt gehauene, trockene Schnitzel an wässrigen Erbsen mit Möhren. Dazu weiße zerkochte Salzkartoffeln – ich rieche noch das Tagesgericht«, erinnerte sich Thorvald.
    »Kannst du alles hier kriegen«, sagte Luis und reichte ihm die Speisekarte. »Nummer einundvierzig.«
    »…   einundvierzig   … ›Der Wunsch des König Midas‹«, las Thorvald auf der Karte und runzelte die Stirn.
    »Das ist das Wunschessen. Du kannst mit mir oder den Köchen diskutieren. Wenn alle Zutaten da sind, bekommst du dein Lieblingsessen. Arme Ritter, Kartoffelpüree mit weichem Spiegelei   …«
    »Aber ist König Midas nicht verhungert?«, fragte Thorvald.
    »Beinahe«, sagte Luis. »Weil er sich gewünscht hat, dass alles, was er berührt, zu Gold wird.«
    Thorvald fächelte sich mit der Karte Wind zu. »Was du als einfacher Gastwirt alles so weißt.«
    Luis überhörte die Anspielung Thorvalds. »Aber ihm wurde ein zweiter Wunsch gewährt. Hätte der Dummkopf gleich Pillekuchen mit Speck und Kopfsalat bestellt, hätte er noch einen zweiten Wunsch für eine schöne Bergische Waffel mit heißen Kirschen übrig gehabt.«
     
    Allmählich hatten sich die Leute gefunden, die auch während der Schulzeit zusammen gewesen waren. Wenn man sich damals nicht für einen der Klassenkameraden interessiert hatte, warum sollte man das so viele Jahre später tun?
    Benno und Thorvald steckten am Tresen hockend die Köpfe zusammen, Schippe und Freddy saßen mit verklärten Blicken da, ihre Jugendlieben Conni und Marie im Arm. Ja, manchmal blieb die Zeit wirklich stehen. Das wurde Olga umso mehr bewusst, als sie Robert hereinspazieren
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