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Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Titel: Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget
Autoren: Petra Tessendorf
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sah, der zielstrebig den Tresen ansteuerte und sofort von Toni ein großes Bier gereicht bekam. Offenbar ein sich in schöner Regelmäßigkeit wiederholendes Ritual.
    Thorvald sah in diesem Moment auf und erkannte ihn sofort wieder. »Hallo, Robert, wie geht’s? Versteckst du dich immer noch in deinen Höhlen im Steinbruch oder bist du endlich seriös geworden?«
    Thorvald prostete ihm zu. In wenigen Schlucken hatte Robert drei Viertel seines Bieres ausgetrunken. Mit einem lauten »Aaahhh« wischte er sich über den Mund.
    »Mann, hatte ich einen Brand!«, sagte er. »Ja, der Steinbruch. Auf der ganzen Erde werde ich kein besseres Stückchen Land finden. Da stimmst du mir zu, oder?«
    »Stimmt, ein bisschen duster vielleicht, aber okay. Und? Was treibst du so? Züchtest du noch Hunde? Schoßhündchen hattest du ja nicht gerade im Angebot«, sagte Thorvald.
    »Höchstens als Futter«, sagte Robert und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Ja, ja ich weiß, alle denken, ich produziere Killerbestien. Kommt mich mal besuchen, ich habe gerade zwei super Bordeaux-Doggen, sechs Monate alt. Die werden euch gefallen.«
    »Wir werden unseren Spaziergang mal in deine Richtung lenken«, sagte Thorvald. »Und den Schrottplatz, hast du den noch?«
    »Klar, der ist ’ne Goldgrube.«
    »Tatsächlich?«, staunte Benno. »Womit man sein Geld so verdienen kann   …«
    »Altes Metall, Operngeheule oder Leinwandgekrakel; die Leute geben für alles Mögliche ihr Geld aus«, grinste Robert. »Ich stehe eben eher auf Metall. Habe mich spezialisiert auf ausrangierte Militärfahrzeuge.«
    »Gibt es dafür so viele Abnehmer?«, wollte Benno wissen.
    »Ist ’ne kleine Szene, in der jeder jeden kennt. Liebhaber eben. Und die haben das Geld locker sitzen, sag ich euch.«
    Robert schaute sich um. »Gute Stimmung hier.« In diesem Moment sah er Olga, die sich gerade zur Bar vorgearbeitet hatte. »Schau, schau. Aus unserer pummeligen Waldhexe ist ein Prachtweib geworden.«
    Olga drehte sich um. »Robert!«, rief sie. »Mit dir habe ich ja gar nicht gerechnet.« Sie sah ihn gelassen an. »Ich habe gehört, was du eben gesagt hast.«
    Er trank sein Bier in einem Zug aus. »Draußen warten meine Leute, ich muss los. Kommt mal vorbei, Jungs.« Dann verbeugte er sich vor Olga. »Ich hoffe ebenso auf Damenbesuch.«
    Er drehte sich um und marschierte kraftvoll stramm nach draußen. Das ganze Leben war ein Laufsteg!
    Sie sahen ihm nach.
    »Wer war das denn?« Ines stand neben ihnen und hatte die ganze Zeit vergebens versucht, die Aufmerksamkeit eines der Barkeeper auf sich zu lenken.
    »Robert«, entgegnete Olga. »Hast du noch nie von ihm gehört?«
    Ines überlegte kurz. »Doch, ja«, lachte sie. »Ich erinnere mich. Er stand immer mit einem Bein im Knast.« Sie sah ihm nach. »Er hat sich aber gut gehalten.«
    Thorvald drückte Bennos Bauch. »Wenn du mal über fünfzig bist, musst du auch anfangen, was an dir zu tun, mein Lieber.«
    »Wohnt Robert immer noch hier?«, wollte Ines wissen. »Was macht er?«
    »Ich weiß nur, dass er immer irgendwelche ›Geschäfte‹ laufen hatte«, sagte Olga und lachte plötzlich auf. »Erinnert ihr euch noch an die große Baustelle, drüben am Ehrenberg? Das Erholungsheim mit den Tagungsräumen der Genossenschaft? Zur gleichen Zeit entstand auf Roberts Hof die Doppelgarage mit den gleichen ziegelroten Steinen. Was für ein Zufall! Alle haben darüber gelacht, und keiner hat ihn verpfiffen. Ich habe noch irgendwo ein Foto, auf dem er mit Schubkarre durch den Wald flitzt.«
    Thorvald und Benno nickten vergnügt.
    »Einmal hat er sich in der Hütte unterm Bett versteckt, weil die Polizei ihn gesucht hat«, erinnerte sich Thorvald.
    »Apropos Fotos!«, rief Olga plötzlich. »Ich habe Bilder mit«, sagte sie und suchte in ihrer Tasche. »Ihr wisst doch, mein Vater hatte mir zum Geburtstag die Leica geschenkt.«
    »Na, sicher wissen wir das«, sagte Benno. »Du hast sie überhaupt nicht mehr aus den Händen gelegt. Manchmal hast du uns damit ganz schön genervt.«
    »Ich habe sie immer noch. Und ihr könnt froh darüber sein, dass ich euch so gequält habe. Es gibt nichts, was ich nicht auf Papier habe.«
    Olga öffnete die Fototaschen und verteilte die Bilder auf dem Nachbartisch. »Hanna, Juliane! Ich hab hier was Schönes«, rief sie.
    Die ganze Vergangenheit der Waldkinder lag jetzt vor ihnen, festgehalten auf erstaunlich guten Farbfotos.
    »Alle Achtung, du hast damals schon Talent gehabt«, sagte Juliane und
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