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Der Wald: Roman

Der Wald: Roman

Titel: Der Wald: Roman
Autoren: Richard Laymon
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dass diejenigen, die sie suchen, keinen Grund finden, hier einzudringen.«
    Sie senkte den Kopf und öffnete die Kordel des Lederbeutels. Dann nahm sie eine blutige Haarsträhne heraus und stopfte sie in den Mund. Sie kaute langsam, bis sie den nassen Klumpen hinunterschlucken konnte. Sie wiederholte den Vorgang mit der zweiten Haarsträhne und spülte mit einem Schluck Wasser aus der Feldflasche nach. Dann kippte sie sich die Fingernägel in die Handfläche, nahm sie in den Mund und aß sie ebenfalls. Schließlich trank sie noch etwas Wasser.
    Der Felsen fühlte sich rau und heiß unter dem Kleid an. Die Haare lagen schwer in ihrem Magen.
    Aber sie hatte es erledigt.
    Mit einem Lächeln hob sie die Feldflasche und goss sich das kalte Wasser über den Kopf. Es strömte über Gesicht und Schultern. Es benetzte ihren Rücken. Es floss über die Brüste, tropfte von den Nippeln und lief über den Bauch und die Seiten. Sie bewegte die Flasche nach vorn und schüttete sich auch über Beine und Unterleib Wasser. Bei der eisigen Berührung seufzte sie.
    Allzu schnell war die Flasche leer.
    Sie blickte auf das glitzernde Blau des Upper Mesquite. Warum nicht? Das Vergnügen hatte sie sich verdient. Sie ließ alles liegen und hüpfte über die glühenden Steine zum Ufer. Schaudernd und keuchend watete sie ins Wasser und zögerte nur einen Augenblick, ehe sie kopfüber hineinhechtete.

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    Sie hielten an einer Tankstelle in Fresno. Julies Vater kurbelte seine Scheibe herunter und bat den jugendlichen Tankwart, »die Karre mit Super bleifrei vollzutanken und mal einen Blick unter die Haube zu werfen«.
    Durch das offene Fenster strömte Hitze ins Auto. Julie fächerte sich mit ihrem Buch Luft ins Gesicht.
    »Ich glaub, ich geh mal ums Eck«, sagte Karen.
    »Ich auch«, meldete sich Benny.
    Beide stiegen aus.
    »Julie?«, fragte Dad.
    »Ich warte, bis sie zurück sind.« Sie sah zu, wie die beiden durch den grellen Sonnenschein um das Gebäude herumgingen. Benny lächelte Karen an und erzählte ihr etwas.
    »Benny scheint Karen wirklich gut leiden zu können«, sagte Dad.
    »Ist mir auch schon aufgefallen.« Die beiden verschwanden hinter der Tankstelle.
    »Ich glaub, du würdest sie auch mögen, wenn du ihr eine kleine Chance geben würdest.«
    »Was hab ich denn gemacht?«, platzte Julie heraus.
    »Du benimmst dich seltsam.«
    »Ich kann nichts dafür, dass ich nicht verrückt nach ihr bin. Was soll ich denn tun? Soll ich den Boden küssen, auf dem sie wandelt?«
    »Es gibt keinen Grund, sarkastisch zu werden.«
    » Ich hab sie nicht gebeten, mitzukommen.«
    »Tja, ich aber, und ich fände es gut, wenn du dich ein bisschen zusammenreißen würdest. Du verbreitest schon den ganzen Morgen schlechte Laune.«
    »Mir geht’s ja auch schlecht.« Ihr Hals schnürte sich zusammen. Sie hatte das Gefühl, jeden Moment losheulen zu müssen.
    Dad drehte sich zu ihr um. »Was ist los, Süße?«, fragte er mit sanfter Stimme.
    »Nichts«, murmelte sie.
    »Komm, raus damit.«
    »Ich weiß gar nicht, warum ich überhaupt mitkommen musste.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie sah aus dem Fenster zu den Zapfsäulen. »Ich hätte mit Tanya zu Hause bleiben sollen. Du willst mich sowieso nicht dabeihaben.«
    »Doch, natürlich.«
    »Nein, das stimmt nicht. Du hast Karen. Du brauchst Benny und mich nicht.«
    »Hör mal, wenn ich mit Karen allein sein wollte, hätte ich dann darauf bestanden, dass ihr mitkommt? Ich hätte euch ohne weiteres zu Hause lassen können, aber ich wollte dich und Benny dabeihaben. Verdammt, ohne euch wäre es nur der halbe Spaß. Jetzt komm schon, Kleine, zieh nicht so ein Gesicht. Lächel doch mal.«
    Julie wischte sich über die Augen, lächelte aber nicht.
    »Na los.«
    Das Quietschen des Abziehers lenkte ihren Blick auf den jungen Tankwart. Er grinste sie durch das Fenster auf der Beifahrerseite an, während er das schmutzige Wasser abstreifte.
    »Sie kommen zurück«, sagte Dad. »Willst du jetzt nicht gehen?«
    Mit einem Nicken öffnete sie die Tür. Sie schlüpfte heraus und lief um den Wagen herum.
    »Das Klo ist hinter dem Gebäude«, sagte Karen im Vorbeigehen.
    »Danke.« Julie blickte über die Schulter zurück. Der Junge an der Windschutzscheibe sah ihr in die Augen. Sie lächelte ihm zu und ging weiter.
    In der Hitze traten ihr Schweißperlen auf die Stirn. Sie fragte sich, ob der Junge ihr in ihrem T-Shirt und den engen weißen Shorts bewundernde Blicke nachwarf.
    In der Toilette war es düster
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