Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
täglich entsorgt, ebenfalls täglich gab es frische Handtücher. Zweimal pro Woche wurde alles abgestaubt, gesaugt und blitzblank gewienert. Die Fenster wurden zweimal im Monat geputzt.
    Es hatte durchaus Vorteile, in einem Anwesen zu wohnen, das von einem fünfundzwanzigköpfigen Personal betreut wurde.
    Als Sicherheitschef, der sowohl für Channing Manheims persönlichen Schutz als auch für die Bewachung des Anwesens zuständig war, genoss Ethan eine Menge Vergünstigungen, darunter kostenlose Mahlzeiten, die entweder von Monsieur Hachette, dem Oberkoch, oder von dessen Mitarbeiter Baptiste zubereitet wurden.
    Im Gegensatz zu seinem Chef war Monsieur Baptiste zwar nicht von den Meistern seiner Zunft ausgebildet worden, aber trotzdem konnten sich selbst Feinschmecker nicht über das beschweren, was er in der Küche zauberte.
    Die Mahlzeiten konnten im großen, hübsch möblierten Aufenthaltsraum eingenommen werden, wo das Personal nicht nur aß, sondern auch die Haushaltsführung plante, Kaffeepause machte und alle Vorkehrungen für die opulenten Partys koordinierte, die regelmäßig stattfanden, wenn das »Gesicht« zu Hause war. Die beiden Köche waren jedoch auch gern bereit, einen Teller mit Sandwiches oder jede andere Köstlichkeit herzurichten, die Ethan in seine Wohnung mitnehmen wollte.
    Natürlich konnte er in der dortigen Küche auch selbst tätig werden, falls er Lust dazu verspürte. Mrs. McBee versorgte Kühlschrank und Speisekammer mit allem, was auf seinem Einkaufszettel stand, ohne dass ihm irgendwelche Kosten entstanden.
    Außer Montag und Donnerstag, wenn eines der Dienstmädchen die Bettwäsche wechselte – Mr. Manheims Laken wurden täglich ausgetauscht, wenn er zu Hause war –, musste Ethan morgens selbst sein Bett machen.
    Das Leben war nicht leicht.
    Ethan schlüpfte in eine weiche Lederjacke und trat aus seiner Wohnung in den unteren Flur des Westflügels. Die Tür ließ er unverschlossen, als gehörte ihm die gesamte Villa.
    Bei sich hatte er die Akte, die er zum Problem der schwarzen Schachteln zusammengestellt hatte, einen Regenschirm und ein in Leder gebundenes Exemplar von Joseph Conrads Roman Lord Jim . Er hatte das Buch am Vorabend fertig gelesen und wollte es jetzt in die Bibliothek zurückbringen.
    Wie fast das gesamte Erdgeschoss war der knapp vier Meter breite Flur mit Kalksteinfliesen ausgelegt. Moderne Perserteppiche in sanften Farben schufen eine angenehme Atmosphäre, in der die erlesenen antiken Möbel, alle aus der Zeit des französischen Empire und des Biedermeier, gut zur Geltung kamen – Stühle, Truhen, ein Schreibtisch, ein Sideboard.
    Trotz der auf beiden Seiten stehenden Möbel hätte Ethan mit dem Auto durch den Flur fahren können, ohne auch nur eine einzige Antiquität zu streifen.
    Womöglich hätte er das sogar liebend gern getan, wenn er anschließend nicht gezwungen gewesen wäre, sich vor Mrs. McBee zu verantworten.
    Auf seiner erfrischenden Wanderung zur Bibliothek begegnete er zwei uniformierten Dienstmädchen und einem Hausmeister. Weil er in der Hierarchie des Personals eine Stellung bekleidete, die Mrs. McBee als »leitend« deklariert hatte, sprach er seine Kollegen mit ihren Vornamen an, während sie ihn Mr. Truman nannten.
    Bevor ein neuer Angestellter seinen Dienst antrat, ließ Mrs. McBee ihm ein Ringbuch mit dem Titel Richtlinien und praktische Hinweise zukommen, das sie selbst zusammengestellt und verfasst hatte. Wehe der unbedarften Seele, die den Inhalt nicht auswendig lernte und die erhaltenen Anweisungen nicht jederzeit beherzigte!
    Der Boden der Bibliothek wurde von einem Parkett aus Walnussholz in einem dunklen, warmen Rotbraun bedeckt. Hier waren die Perserteppiche antike Stücke, deren Wert wesentlich schneller stieg als die Aktien der erfolgreichsten Konzerne des Landes.
    Gemütlich gruppierte Klubsessel bildeten Inseln in einem Labyrinth aus Mahagoniregalen, die über sechsunddreißigtausend Bände enthielten. Ein Teil der Bücher war in einer zweiten Ebene mit einer zwei Meter breiten Galerie untergebracht, zu der man über eine Treppe gelangte, die mit einem kunstvollen, vergoldeten Eisengeländer versehen war.
    Blickte man nicht zur Decke empor, um die wahre Größe des gewaltigen Raums abschätzen zu können, so erlag man womöglich der Illusion, dass er kein Ende nahm. Vielleicht war das ja auch tatsächlich der Fall. Hier war alles möglich.
    Über der Mitte der Decke ragte eine bunt leuchtende Kuppel mit zehn Metern Durchmesser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher