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Der Wachsblumenstrauß

Der Wachsblumenstrauß

Titel: Der Wachsblumenstrauß
Autoren: Agatha Christie
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selbstgerecht Leute doch waren – und wie scheinheilig! All die Gesichter, als sie das mit dem Mord gesagt hatte! Wie alle sie angestarrt hatten!
    Aber es war richtig, dass sie es gesagt hatte. Doch. Sie nickte, zufrieden mit sich selbst. Doch, es war das Richtige gewesen.
    Sie schaute zur Uhr. In fünf Minuten ging ihr Zug. Sie leerte ihre Tasse. Der Tee war nicht sehr gut. Sie verzog das Gesicht.
    Einen Augenblick saß sie träumend da, malte sich die Zukunft aus, die sich vor ihr auftat… Sie lächelte glücklich wie ein Kind.
    Endlich würde ihr das Leben richtig Spaß machen… Als sie zu ihrem Bummelzug ging, schmiedete sie emsig Pläne…

Viertes Kapitel

I
     
    M r Entwhistle verbrachte eine sehr unruhige Nacht. Am nächsten Morgen fühlte er sich so müde und schlapp, dass er nicht aufstand.
    Seine Schwester, die ihm den Haushalt führte, trug ihm das Frühstück auf einem Tablett nach oben und erklärte ihm streng, dass es absoluter Unfug gewesen sei, in seinem Alter und mit seiner anfälligen Gesundheit die Reise nach Nordengland auf sich zu nehmen.
    Mr Entwhistle begnügte sich mit der Antwort, Richard Abernethie sei ein sehr alter Freund von ihm gewesen.
    »Beerdigungen!«, brummelte seine Schwester entrüstet. »Für einen Mann deines Alters sind Beerdigungen tödlich! Wenn du nicht besser auf dich aufpasst, liegst du auf einmal genauso plötzlich unter der Erde wie dein heiliger Mr Abernethie!«
    Bei dem Wort »plötzlich« fuhr Mr Entwhistle innerlich zusammen. Und es ließ ihn verstummen. Er widersprach seiner Schwester nicht.
    Er wusste genau, warum er bei dem Wort »plötzlich« zusammengezuckt war.
    Cora Lansquenet! Was sie gesagt hatte, war völlig außerhalb des Bereichs des Möglichen, aber trotzdem würde er gerne wissen, warum sie es gesagt hatte. Doch, er würde sie in Lytchett St. Mary besuchen. Er könnte sagen, sein Besuch habe etwas mit der Testamentsvollstreckung zu tun, er benötige ihre Unterschrift. Sie brauchte gar nicht zu merken, dass er etwas auf ihre dumme Bemerkung gab. Aber er würde sie besuchen – und zwar bald.
    Er beendete sein Frühstück, dann ließ er sich wieder ins Kissen sinken und las die Times. Er fand die Times überaus beruhigend.
    Um etwa Viertel vor sechs Uhr abends läutete das Telefon.
    Er nahm den Hörer ab. Die Stimme am anderen Ende gehörte Mr James Parrott, dem neuen Junior-Partner von Bollard, Entwhistle, Entwhistle and Bollard.
    »Hören Sie, Entwhistle«, sagte Mr Parrott, »mich hat gerade die Polizei aus einem Dorf namens Lytchett St. Mary angerufen.«
    »Aus Lytchett St. Mary?«
    »Ja. Offenbar…« Mr Parrott unterbrach sich. Er schien beklommen. »Es hat etwas mit einer gewissen Mrs Cora Lansquenet zu tun. War sie nicht eine der Erben von Abernethies Vermögen?«
    »Ja, sicher. Ich habe sie gestern bei der Beerdigung gesehen.«
    »Ach, sie war bei der Beerdigung?«
    »Ja. Was ist mit ihr?«
    »Also…« Mr Parrott klang, als wolle er sich jeden Moment entschuldigen. »Sie ist… es ist wirklich höchst seltsam… sie ist… ermordet worden.«
    Mr Parrott sprach die letzten beiden Wörter mit tiefster Missbilligung aus. In seinem Ton schwang die Überzeugung mit, dass ein solches Wort der Firma Bollard, Entwhistle, Entwhistle and Bollard nichts bedeuten dürfte.
    »Ermordet?«
    »Ja, ja – ich fürchte, dem ist so. Ich meine, es besteht kein Zweifel daran.«
    »Wieso ist die Polizei auf uns gekommen?«
    »Ihre Gesellschaftsdame oder Haushälterin oder was immer sie ist – eine gewisse Miss Gilchrist. Die Polizei fragte sie nach Mrs Lansquenets nächsten Verwandten oder ihrem Notar. Diese Miss Gilchrist wusste mit der Verwandtschaft und deren Anschrift nicht genau Bescheid, aber sie kannte unseren Namen. Deswegen hat die Polizei uns kontaktiert.«
    »Und weswegen glaubt die Polizei, dass es ein Mord war?«, fragte Mr Entwhistle.
    Mr Parrott klang wieder entschuldigend. »Daran kann offenbar überhaupt kein Zweifel bestehen – ich meine, es war ein Beil oder so etwas… ein sehr brutaler Mord.«
    »Raubmord?«
    »Offenbar. Ein Fenster wurde eingeschlagen, ein paar Sachen fehlen, Schubladen wurden herausgezogen und derlei, aber offenbar glaubt die Polizei, dass da etwas – nun ja, nicht ganz mit rechten Dingen zugeht.«
    »Um welche Uhrzeit ist es passiert?«
    »Zwischen zwei und halb fünf heute Nachmittag.«
    »Wo war die Haushälterin?«
    »In der Bücherei in Reading. Sie kam gegen fünf nach Hause und fand Mrs Lansquenet tot vor. Die
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