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Der verzauberte Turm

Der verzauberte Turm

Titel: Der verzauberte Turm
Autoren: Michael Moorcock
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Mann mit den Juwelen an Hand und Augenklappe zu seiner Rechten. Waren sie wirklich mit ihm identisch?
    In diesem Augenblick glaubte er etwas von der Verzweiflung zu spüren, die Erekose erfüllen mußte - sich an all die anderen Inkarnationen zu erinnern, all die anderen Fehler, all die anderen sinnlosen Konflikte - ohne den Zweck der ganzen Mühe zu kennen, wenn es einen solchen Zweck überhaupt gab.
    »Düstertal«, sagte Corum und deutete den Berg hinab.
    Die Straße führte steil in die Tiefe, bis sie zwischen zwei hochaufragenden Klippen hindurchführte und in den Schatten verschwand. Der Ort machte einen besonders düsteren Eindruck.
    »Man sagt mir, es habe hier einmal ein Dorf gegeben«, sagte Corum zu ihnen. »Ein wenig einladender Ort, nicht wahr, Brüder?«
    »Ich habe Schlimmeres gesehen«, murmelte Erekose. »Kommt, bringen wir das alles hinter uns...« Er lenkte seinen Rotschimmel vor die anderen und galoppierte mit hoher Geschwindigkeit den steilen Weg hinab. Die beiden folgten seinem Beispiel und hatten nach kurzer Zeit die mächtigen Klippen passiert und konnten auf dem weiteren Verlauf der Straße durch die Schatten kaum noch etwas sehen.
    Dann erblickte Elric am Fuße der Klippen zu beiden Seiten Ruinen. Seltsam verzerrte Ruinen, die nicht von der Zeit oder in einem Kampf zerstört worden waren - die Ruinen waren verdreht, zerschmolzen, als habe das Chaos sie berührt, während es sich durch das Tal drängte.
    Corum hatte die Ruinen genau betrachtet und zügelte schließlich sein Tier. »Die Vertiefung. Dort müssen wir warten.«
    Elric betrachtete die Senke. Sie war ungleichmäßig und tief, und die Erde darin wirkte frisch, als wäre sie noch kürzlich umgegraben worden. »Worauf müssen wir warten, Freund Corum?«
    »Auf den Turm«, sagte Prinz Corum. »Ich glaube, er müßte hier erscheinen, wenn er sich auf unserer Ebene aufhält.«
    »Und wann wird er erscheinen?«
    »Zu keiner bestimmten Zeit. Wir müssen warten. Und sobald wir ihn sehen, müssen wir in ihn einzudringen versuchen, ehe er zur nächsten Ebene weiterwandert und verschwindet.«
    Erekoses Gesicht blieb starr. Er stieg ab und setzte sich auf den harten Boden, den Rücken gegen einen Felsbrocken gelehnt, der einmal zu einem Haus gehört hatte.
    »Du scheinst geduldiger zu sein als ich, Erekose«, stellte Elric fest.
    »Ich habe Geduld gelernt, denn ich lebe seit dem Anbeginn der Zeit und werde bis zum Ende der Zeit leben.«
    Elric stieg von seinem schwarzen Pferd und lockerte den Sattelgurt, während Corum am Rand der Grube entlangging. »Wer hat dir erzählt, der Turm würde hier erscheinen?« fragte Elric.
    »Ein Zauberer, der zweifellos der Ordnung dient wie ich, denn ich bin ein Sterblicher, der dazu verurteilt ist, das Chaos zu bekämpfen.«
    »Wie ich«, sagte Erekose, der Ewige Held.
    »Wie ich«, sagte Elric von Melnibone, »wenn ich auch geschworen habe, ihm zu dienen.«
    Elric musterte seine beiden Gefährten und konnte sich durchaus vorstellen, daß sie Inkarnationen seiner selbst waren. Jedenfalls waren sich ihr Leben, ihre Sorgen, ihre Persönlichkeiten in gewissem Maße ähnlich.
    »Und warum suchst du nach Tanelorn, Erekose?« fragte er.
    »Man hat mir gesagt, daß ich dort Frieden und Weisheit finde - und eine Möglichkeit, in die Welt der Eidren zurückzukehren, in der die Frau lebt, die ich liebe, denn da erzählt wird, daß Tanelorn auf allen Ebenen besteht, wäre es für jemanden, der dort lebt, einfacher, sich zwischen den Ebenen zu bewegen und jene zu finden, die er sucht. Welches Interesse hast du an Tanelorn, Lord Elric?«
    »Ich kenne Tanelorn und weiß, daß es vernünftig von dir ist, danach zu suchen. Meine Mission scheint die Verteidigung dieser Stadt in meiner Ebene zu sein - doch schon in diesem Augenblick könnten meine Freunde von Wesen vernichtet worden sein, die gegen sie in den Kampf geschickt worden sind. Ich bete darum, daß Corum recht hat und daß ich in diesem Turm eine Möglichkeit finde, Theleb K'aarnas Ungeheuer und ihre Lenker zu besiegen.«
    Corum hob die Juwelenhand an das juwelenbesetzte Auge. »Ich suche Tanelorn, denn ich habe sagen hören, die Stadt könnte mir in meinem Kampf gegen das Chaos helfen.«
    »Aber Tanelorn kämpft weder gegen die Ordnung noch gegen das Chaos - deshalb besteht es doch in Ewigkeit«, sagte Elric.
    »Nun ja. Wie Erekose suche ich dort nicht Schwerter, sondern Weisheit.«
    Die Nacht brach herein, und es wurde noch dunkler im Düstertal. Während die
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