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Der verruchte Spion

Der verruchte Spion

Titel: Der verruchte Spion
Autoren: Celeste Bradley
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Musselinvorhang zur Seite, der das einzige Fenster des Fremdenzimmers verhängte, das Basil für sie besorgt hatte. Gelangweilt schaute sie auf die Stadt hinaus. Wakefield. Von ihrer Warte aus sah es kaum besser aus als eine Schlammpfütze.
    Ihre Unzufriedenheit wuchs. Deshalb wandte sie sich zu Basil um, der in einem heruntergekommenen Sessel am Feuer saß, wie immer mit einem Brandy in der Hand.
    »Basil, lass uns einkaufen gehen.«
    Basil erhob sich willig. Sie konnte sich immer darauf verlassen, dass Basil das tat, was sie von ihm erwartete. Langweilig, aber nützlich. Vor dem Spiegel über der Kommode hielt Daphne an und richtete ihre Frisur. Der Spiegel zeigte ihr, was er ihr immer zeigte. Sie war schön. Dann kamen ihre Finger ins Stocken, als sie eine Haarsträhne an ihren Platz zurückschob.

    Sie war schöner als Willa. Weshalb also war Willa so unwiderstehlich für Thaniel und fast alle anderen, die ihr begegneten?
    Daphne war die Schönheit. Daphne war die Elegante, die Vornehme.
    Konnte es denn sein, dass man sie nichts als Lügen gelehrt hatte? Konnte es sein, dass es sie nicht befriedigen würde, die angenehmste, schönste, modischste Frau weit und breit zu sein?
    Was war Schönheit also wert? Daphne hatte sich immer auf ihre Schönheit verlassen. Daphne Danville, modisch und auch sonst immer on top. Warum?
    Um attraktiv zu sein? Um gut zu heiraten? Sie war die attraktivste Frau, das wusste sie, und doch hatte sie nur den Zweitbesten geheiratet, daran bestand kein Zweifel.
    Sie schaute in ihr vertrautes, perfektes, schönes Gesicht im Spiegel.
    Willa war noch nicht einmal wirklich schön, und doch wurde sie begehrt. Wenn Daphnes Schönheit einmal nicht mehr wäre, würde dann noch irgendjemand sie bewundern?
    Dann schüttelte sie den dummen Gedanken ab. Sie war genau so, wie sie sein wollte. Sie nahm Basils Arm und verließ das Gasthaus.
    Ein Paar ging an ihnen vorbei. Sie kannte die Leute flüchtig, aber sie waren nicht von Bedeutung. Na ja, das war die beste Straße nach Norden. Es war also nicht überraschend, dass sie ein paar bekannten Gesichtern begegneten. Der Mann und die Frau schauten sie neugierig an, dann eilten sie flüsternd weiter. Daphne lächelte zufrieden. Selbst in Trauerkleidung, selbst in einem Kuhdorf wie diesem hier erregte sie Aufsehen.
    Basil rülpste. Sie schaute ihn tadelnd an. Er zuckte die Achseln.

    »Entschuldige, Liebes, aber was erwartest du, wenn du mich meilenweit durch die Gegend zerrst, bevor ich Zeit zum Verdauen hatte?«
    »Sei nicht gewöhnlich«, murmelte sie und bedeutete ihm, die Tür zum Geschäft des Hutmachers zu öffnen. »Und bitte nenn mich nicht ›Liebes‹. Du klingst dabei wie ein Schornsteinfeger.«
    Dann rauschte sie in den Laden, ließ sich geziert auf einem Sessel nieder und arrangierte ihre Röcke mit einstudierter Eleganz. Sie war keine von denen, die sich an die Verkaufstheke stellten und um jeden Penny feilschten. Die Hutmacherin eilte mit bewunderndem Blick zu ihr hinüber. Daphne warf sich in Positur. Sie wusste, dass sie umwerfend aussah.
    Und das sollte sie auch. Sie hatte Basils gesamte Einkünfte dieses Vierteljahres für dieses Ensemble ausgegeben. Ausgenommen natürlich den mit Nerz besetzten Mantel, den sie dazu trug. Der kostete einen Großteil seiner Einkünfte aus dem nächsten Vierteljahr.
    Aber darauf kam es kaum an. Wenn Basils Tante Myrtle starb, wäre sie, Daphne Danville, die Tochter eines neureichen Handelskapitäns, der sich selbst einen Adelstitel gekauft hatte, eine der reichsten Frauen Englands.
    Während sie also höchst dekorativ im Fenster des Ladens posierte und die Waren der Hutmacherin begutachtete, träumte Daphne von dem Tag, an dem sie eine der Säulen der oberen Zehntausend wäre. Dann vernahm sie das Getuschel der beiden Kundinnen an der Verkaufstheke.
    »Es ist ja so romantisch! Lord Reardon ist ein Held! Man munkelt, er habe seine neue Verlobte aus den Händen zweier Wirtshaussöhne befreit, und sie hätte sich daraufhin sofort in ihn verliebt! Willa – ist das nicht ein absolut umwerfender Name?«
    Willa? Lord Reardon ein Held?

    »Was? Was sagt Ihr da?« Sie schaute zu den Frauen hinüber, die sich jetzt zu ihr umwandten.
    Sie, Daphne, war die unumstrittene Schönheit der letzten beiden Ballsaisons, sie hatte erst vor zwei Tagen das Fest des Jahres gegeben, sie trug die Kleider einer Königin – und im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses standen immer noch Nathaniel und Willa?
    Sie erhob sich und
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