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Der verruchte Spion

Der verruchte Spion

Titel: Der verruchte Spion
Autoren: Celeste Bradley
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einnimmt au ßer der, die ihr Mann ihr verschafft oder nimmt. Wenn du dich einmal an einen Mann gebunden hast, dann bist du nichts weiter als die Spiegelung seiner selbst. Du denkst, er würde dir deine Träume erfüllen, aber in Wirklichkeit bist du ihm egal. Männer – sie kümmern sich nur um ihre eigenen Wünsche, die Befriedigung ihrer eigenen Lust. Wenn sich der erste romantische Taumel legt, wirst du ihm nichts mehr bedeuten, so wie ich Thomas nichts mehr bedeutete und Randolph noch weniger als nichts.«
    »Mein Neffe hat dich niemals schlecht behandelt«, sagte Myrtle mit fester Stimme.
    »Schlecht behandelt?« Victoria lachte ein kaltes, abgehacktes Lachen. »Nein, er hat mich nie geschlagen, hat mich
noch nicht einmal angeschrien. Was er getan hat, war viel schlimmer. Er hat mich für unsichtbar erklärt. Sogar noch als er krank wurde … ich dachte damals: Gott sei Dank, jetzt braucht er mich endlich … aber er brauchte mich nicht. Er schloss mich immer noch aus, verkroch sich in seinem Studierzimmer, in seinen Gemächern, hielt sich alle vom Leibe, murmelte beständig vor sich hin … ich machte mir Sorgen, dass er vielleicht verrückt geworden war, aber der Doktor erzählte mir, dass es an der Arznei lag, die Randolph nahm, dass er ständig vor sich hinmurmelte, dass er seine Zunge nicht mehr unter Kontrolle hatte.«
    Nathaniel wurde eiskalt. Randolph hatte nicht gewagt, irgendjemanden in seine Nähe zu lassen. Gott im Himmel, hatte es jemals einen Menschen so voller Geheimnisse gegeben wie den Alten Mann? Als Meister der Spione war er mit den inneren Abläufen der geheimsten Regierungsgeschäfte vertraut gewesen. Randolph musste in ständiger Angst gelebt haben, irgendetwas zu verraten. Unfähig, irgendjemandem zu vertrauen, noch nicht einmal sich selbst, hatte Randolph dafür gesorgt, dass ihm keiner so nahe kam, um irgendetwas zu erfahren.
    Was war mit Victoria? Wie musste das Leben für sie gewesen sein, an der Seite eines Mannes, der sich so wenig um sie kümmerte, der besessen von einer Pflicht war, die er nicht erklären konnte? Eines Mannes, wie er selbst einer war.
    Nathaniel warf einen Blick in Willas Richtung. Sie schaute gebannt auf Victoria, Tränen des Mitleids mit dem Schmerz seiner Mutter standen in ihren Augen. Einen Schmerz, den Nathaniel nie bemerkt hatte, nie hatte bemerken wollen. Ein Schmerz, der sie verbittern ließ. Er hatte sie wegen ihrer Härte angeklagt, obwohl er selbst den Stachel von Randolphs Desinteresse gespürt hatte.
    Mit seiner selbst auferlegten Einsamkeit aufgrund seiner
Verpflichtung gegenüber seiner Arbeit hatte Randolph sie alle und zuletzt auch sich selbst verletzt.
    Es musste einen Weg geben, um das Leben mit seinen Verpflichtungen zu vereinbaren, oder nicht? Oder war Willa zu derselben Härte verdammt, die sich Victorias bemächtigt hatte? War er selbst dazu verdammt, so schmerzlich einsam zu leben wie Randolph, fern von jeglichem menschlichen Kontakt oder Trost – nur aus Pflichterfüllung heraus?
    Als Myrtle damit anfing, ihren Neffen vehement zu verteidigen, hob Nathaniel Einhalt gebietend eine Hand. »Ich denke, dass es möglicherweise nicht das reine Glück war, mit meinem Vater verheiratet zu sein«, sagte er leise. »Seine Arbeit bedeutete ihm mehr als irgendein Mensch.«
    Victoria warf ihm einen überraschten und erstaunlich verletzlichen Blick zu. Offensichtlich hatte sie nicht damit gerechnet, dass er sich für sie einsetzen würde.
    »Was die Grausamkeit betrifft …« Victoria warf den Kopf in den Nacken, entfernte sich aber auch einen Schritt von Myrtle: »… wie kannst du es wagen, mir vorzuwerfen …«
    »Victoria, du warst kein bisschen überrascht von den Offenbarungen des Prinzregenten«, unterbrach Myrtle sie. »Wenn du schon nicht um deines Sohnes willen ehrlich sein kannst, dann kannst du es vielleicht um deiner selbst willen sein. Du sagst uns jetzt die Wahrheit, und zwar bis ins Detail, dann sorge ich dafür, dass du ein jährliches Einkommen von zweihundert Pfund erhältst.«
    Victoria schaute von einem zum anderen. Ihre Anspannung wuchs. Willa schien es, als könnte sie die Räder in ihrem Gehirn arbeiten sehen. Wenn sie Myrtles Angebot ablehnte und bei ihrer grausamen Haltung gegenüber Nathaniel blieb, dann wäre sie bis an ihr Lebensende von ihm und Willa abhängig. Oder sie würde die Dunkelheit aus sich herauslassen und sich selbst damit von ihr befreien. Es war Geld genug, um in einigem Wohlstand, ja sogar moderatem
Luxus zu
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