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Der verflixte Bahnhofsbau

Der verflixte Bahnhofsbau

Titel: Der verflixte Bahnhofsbau
Autoren: Werner Schrader
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Hasenkrug zeigt, holt aus seiner Hosentasche eine Schachtel mit Streichhölzern und zündet sie an. Es sprüht und zischt, dann knallt es, und mit schrecklichem Pfeifen und Heulen saust die Rakete in die Höhe, über die Köpfe der Hasenkrüger hinweg und in hohem Bogen in die Stadt hinein. Noch ein Stück hinter dem Marktplatz zerbirst sie in gelbe, rote, blaue und grüne Kugeln.
    Das ist gelungen! Die Leute stehen erstaunt und vergessen, daß sie einen entlaufenen Räuber fangen wollen.
    Schon zündet der kleine Fidi die zweite Rakete an, die der ersten folgt und in einem ähnlichen Bogen die Stadt erreicht und zerplatzt.
    Nun wird er kühner. Er greift munter in den Handwagen und zündet eine Rakete nach der andern an. Dazu wirft er Knallfrösche unter die Festteilnehmer, entflammt Feuerräder, läßt Kanonenschläge krachen und beweist sein großes Geschick im Umgang mit gefährlichen Dingen.
    Die Hasenkrüger genießen in der einbrechenden Dunkelheit das prächtige Schauspiel, ohne den Jungen in seinem Tun zu unterbrechen. Ja, die meisten denken, es habe alles seine Richtigkeit, so wie es ist.
    Man klatscht und freut sich. Keiner denkt noch an Henner Blau.
    Da schallt plötzlich ein Ruf über die Wiese, der alle jäh ernüchtert:
     
    Feuer! Feuer!
     
    Das Wort fliegt von Mund zu Mund, stört alle auf und erzeugt in wenigen Augenblicken eine unvorstellbare Unruhe und Angst.
    Noch weiß niemand, wo es brennt. Darum fürchtet jeder um sein Haus. Aufgeregt laufen alle durcheinander, sinnlos, hierhin und dorthin. Irgendwo aus der Menge ruft der Bürgermeister: „Ruhe, Leute, Ruhe!“ Aber keiner kümmert sich darum. Da ist klar und deutlich Frau Nasenblums helle Stimme durch das Gewirr von Tönen und Geräuschen zu vernehmen: „Wo brennt es?“
    Ja, wo brennt es überhaupt? Hier auf der Festwiese sicherlich nicht, das kann man sehen. Als ob sie jetzt erst zu sich kämen, verlassen die Leute hastig den Ort ihrer Fröhlichkeit und strömen in die Stadt zurück. Der neue Bahnhof ist unversehrt. Auch die Schule steht an ihrem alten Platz ohne den geringsten Feuerschein. Aber da, hinter der Kreuzung, lodert es hell zum Himmel auf. Und nun sehen es die ersten und rufen es den hinter ihnen Kommenden zu: „Es brennt bei Kaufmann Knöter!“
    Noch schneller drängen die Menschen vorwärts.
    Tatsächlich, aus dem Dach des Geschäftshauses schlagen rote und gelbe Flammen in den dunklen Himmel. Dachpfannen fliegen wie abgeschossen auf die Straße.
    Die Leute bilden einen großen Kreis um das brennende Haus. Sie schauen in den Brand und sind im Grunde froh, daß ihr eigenes Haus verschont blieb.
    Da bahnt sich Frau Knöter einen Weg durch die Menge.
    „Die Kinder“, ruft sie, „ich muß die Kinder retten!“
    Und schon hat sie sich mühsam durch die Zuschauer gezwängt. Sie schließt die Haustür auf und will die Treppe ins obere Stockwerk hinauf, wo ihre beiden Kinder schlafen. Der Flur ist aber so voll Qualm, daß sie sofort wieder umkehren muß. Weinend steht sie vor ihrem brennenden Haus und hustet und schüttelt sich.
    Nun kommt ihr Mann angelaufen. Auch er versucht, über die brennende Treppe in die oberen Zimmer zu gelangen. Als er aber nach einigen Minuten noch immer nicht wieder draußen ist, geht der klügste der klugen Männer, Frau Nasenblum, entschlossen in den Flur. Sie sieht ihn bewußtlos an der Treppe liegen, ergreift ihn kurzerhand an den Armen und schleift ihn ins Freie, dabei selber schon verzweifelt hustend.
    Man trägt ihn in das Gastzimmer des dicken Fidi und flößt ihm ein Glas Schnaps ein. Da kommt er Gott sei Dank rasch wieder zu sich.
    Inzwischen ist auch der Feuerwehrhauptmann erschienen. Er bemüht sich mit einigen andern Männern um die große Spritze. Mit Not können sie das rostige Gefährt an das brennende Haus heranschieben.
    Und nun sind sie dabei, die Rolle mit dem Schlauch abzurollen. Sie strengen sich sehr an und haben rote Gesichter. Sie versuchen es von allen Seiten, sie heben und drängen, sie schieben und reißen. Die Rolle bewegt sich nicht. Sie ist fest auf der Achse angerostet. Der Bürger^ meister schimpft, aber das hilft auch nicht. Andere Männer, die bisher nur zusahen, wollen mithelfen. Sie drängen sich um den Feuerwehrhauptmann wie die Bienen um ihre Königin. Die Rolle rührt sich auch jetzt nicht.
    Plötzlich steht, wie aus dem Erdboden gewachsen, Henner Blau zwischen den Männern.
    „Macht Platz!“ ruft er. Und siehe da, die Männer gehorchen, als hätte nicht ein
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