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Der verflixte Bahnhofsbau

Der verflixte Bahnhofsbau

Titel: Der verflixte Bahnhofsbau
Autoren: Werner Schrader
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hahaha!“
     
    Vierzehn Jahre lang heißt die Bahnhof Straße in Hasenkrug schon Bahnhofstraße, und keinem ist es bisher aufgefallen, daß der Bahnhof fehlt, zu dem ja eine ordentliche Bahnhofstraße führen muß. Und jetzt kommt so ein dummer Brief an! Der Bürgermeister wischt sich den Bierschaum vom Mund und sagt: „Meine sehr verehrten, klugen
    Männer, in unserer Stadt wohnt jemand, der sich über uns lustig macht, weil wir keinen Bahnhof haben. Das darf nicht sein, wir müssen sofort etwas dagegen tun!“
    Die Männer trinken ihr Bier und nicken. Sie sind derselben Meinung.
    „Aber was sollen wir tun?“ fragt Herr Knausi, der zur Zeit ein bißchen dumm ist. Herr Brating, im Augenblick auch nicht der Klügste, sagt: „Wer hat der Bahnhofstraße damals den Namen gegeben? Der mag sich nun auch kümmern, daß er eine Lösung findet. Mir fällt keine ein.“
    Darauf schauen sich die Männer gegenseitig an, aber keiner kann den Namengeber erkennen.
    Frau Nasenblum zerbeißt knackend eine Salzstange und sagt langsam: „Ich finde den Namen Bahnhofstraße sehr schön. Er klingt vornehm und nach Großstadt. Und wenn Fremde kommen, macht es einen guten Eindruck, eine Bahnhof Straße zu haben.“
    Wieder nicken die klugen Männer beifällig. Nur der Feuerwehrhauptmann bemerkt bissig: „Und wenn sie sehen, daß der Bahnhof fehlt, lachen sie uns aus.“
    „Bauen wir doch einen Bahnhof“, sagt Frau Nasenblum, „dann wird ihnen das Lachen schon vergehen!“
    Die klugen Männer sind so verblüfft, daß sie eine Weile brauchen, bis sie Frau Nasenblums Vorschlag begreifen. Nur der dicke Fidi, der sich soeben mit einem Tablett voller Gläser dem Tisch nähert, ruft sofort laut: „Bravo!“
    Allmählich erfassen auch die andern, daß es tatsächlich die beste Lösung wäre, für die Bahnhofstraße einfach den fehlenden Bahnhof zu bauen.
    Herr Knausi, dem vom vielen Biertrinken schon die Zunge hinkt, sagt lallend: „Frau Eisverblum, äh, wollte sagen, Frau Nasenverkäufer, das ist ein wahrhaft männlicher Gedanke. Ich trinke auf Ihr Wohl.“ Und schmatzend leert er sein Glas. Da klatschen viele der andern klugen Männer in ihre klugen Hände und trinken auch. Der Bürgermeister aber sagt schlicht: „Herr Brating, schreiben Sie ins Protokoll: ,Die Gemeinde beschließt einstimmig, einen Bahnhof zu bauen´!“
    In diesem Augenblick erhebt sich der Feuerwehrhauptmann so hastig und ungestüm, daß der Tisch wackelt und das Bier in den Gläsern schwappt. Er wedelt mit den Händen in der Luft herum und schreit: „Ich bin dagegen! Einstimmig ist nicht richtig. Bitte schreiben Sie das ins Protokoll, Herr Brating. Solange wir kein anständiges Spritzenhaus haben, können wir keinen Bahnhof bauen. Das alte ist nicht wasserdicht, und die Wände wackeln auch schon, wenn der Wind weht.“
    Zornig sieht der große Mann sich nach allen Seiten um. Herr Brating weiß nicht recht, was er tun soll und schaut darum fragend auf den Bürgermeister. Der kratzt sich mit der linken Hand am rechten Ohr, danach mit der rechten am linken und sagt dann: „Also stimmen wir ab! Wer für den Bau des Bahnhofs ist, den wir dringend brauchen, um die Ehre unserer Stadt zu retten, der hebe die rechte Hand!“ Acht der klugen Männer strecken die rechte Hand in die Höhe. Herr Knausi hat zuviel getrunken, er kann die Hand nicht mehr hochkriegen und enthält sich darum der Stimme. Der Feuerwehrhauptmann ist fassungslos. Er begreift nicht, warum die klugen Männer etwas Unnötiges bauen wollen, um Ehre einzulegen, und dafür das Notwendige hintansetzen.
    „Ich danke Ihnen, meine Herren“, sagt der Bürgermeister. „Damit gilt der Bau des Bahnhofs als beschlossen. Herr Brating, schreiben Sie das Ergebnis der Abstimmung ins Protokoll! Die Sitzung ist beendet.“
    Jetzt kommt der gemütliche Teil des Abends, bei dem der dicke Fidi noch mehr zu laufen hat.
     

DAS ZWEITE KAPITEL
     

Am Marktplatz-Brunnen kämpfen zwei:
    Der Räuber und die Polizei.
     
    Während die klugen Männer ihren klugen Beschluß mit Bier und Schnaps begießen, wird es in Hasenkrug immer stiller. Der Vollmond klettert neben die Kirchturmspitze, und viele Leute liegen schon im Bett. Jochen Krumm hat die Drehorgel in seinen Schafstall geschoben, um sie beim Schein einer Petroleumlampe zu ölen. Dabei fallen ihm stets die besten seiner Lieder ein. Die Brake, das Bächlein, das rund um die Stadt fließt und schließlich im Brakenbusch verschwindet, plätschert im Mondschein verschlafen
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