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Der verflixte Bahnhofsbau

Der verflixte Bahnhofsbau

Titel: Der verflixte Bahnhofsbau
Autoren: Werner Schrader
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es der Bürgermeister gerade noch hören kann: „Der klügste Mann ist eine Frau, wenn das nicht zum Lachen ist!“ und verschwindet.
    Der Bürgermeister, der sich ein wenig schämt, will eben ein Donnerwetter loslassen auf die freche Jugend von heute, da fällt ihm plötzlich etwas ein, etwas so Großartiges, daß er fast sein Bierglas umstößt, als er jetzt mit der Hand auf den Tisch schlägt und sagt: „Männer, ich hab's!“
    Er nimmt noch schnell einen Schluck aus dem Bierglas und verkündet dann den andern klugen Männern, die ihn mit großen Augen anschauen und nicht wissen, was der Bürgermeister so plötzlich zu haben glaubt: „Wir machen ein Preisausschreiben!“ Und als die andern noch nicht begreifen, fügt er ungeduldig hinzu: „Wir lassen die Bürger Hasenkrugs in einem Preisausschreiben den besten Platz für unseren Bahnhof suchen.“
    Jetzt endlich verstehen die andern klugen Männer. Sie heben beglückt ihre Gläser, um die gute Idee zu begießen. Aber da ruft Frau Nasenblum: „Haltet ein, Männer! Trinken können wir später. Jetzt müssen wir uns noch eine Weile mit ernsteren Dingen beschäftigen!“
    Und als die andern erstaunt ihre Gläser sinken lassen und den klügsten der klugen Männer, der eigentlich eine Frau ist, fragend ansehen, sagt sie: „Was für Preise wollen wir aussetzen? Wie soll der Text lauten? Lassen wir das Preisausschreiben in die Zeitung drucken, oder fertigen wir Plakate für die Schaufenster an? Das muß doch alles gründlich beraten werden und am besten sofort, da wir einmal hier versammelt sind.“
    Sie hat recht, denken die Männer und fügen sich, ohne zu murren. Sie verschieben das Trinken auf später und beginnen nachzudenken. Das Bier in den Gläsern wird schon nicht sauer werden. Sie sagen dies und das, machen verschiedene Vorschläge, entwerfen und verwerfen. Zum Schluß aber werden sie sich über alle Punkte einig, und der Text steht fix und fertig auf Herrn Bratings Protokollzettel.
    Zwei Tage später leuchten aus den Schaufenstern von Herrn Bodenluk, Herrn Brating, Herrn Knöter und Herrn Knausi bunte Plakate, auf denen in großen Zierbuchstaben etwas geschrieben steht. Die Hasenkrüger stellen sich davor und lesen. Sie staunen, schauen sich verdutzt an, lesen noch mal und fangen an, nachzudenken und miteinander zu streiten. Als Jochen Krumm am Mittwochnachmittag von Mückental zurückkommt, wo er zum Schützenfest aufgespielt hat, bleibt er vor Bratings Laden stehen und liest das bunte Schriftstück.
     
     
Großes Preisausschreiben!
 
Greift zu, greift zu, das Glück liegt auf der Straße!
Der Gemeinderat will mit dem Bau des geplanten Bahnhofs beginnen. Er sucht nach dem passenden Platz dafür.
Wer kennt ihn, wer nennt ihn, wer schlägt ihn vor? Er muß groß genug sein und genau an der richtigen Stelle liegen; denn der neue Bahnhof soll sich wohlgefällig in unser schönes Stadtbild einfügen.
Alle können an diesem Preisausschreiben teilnehmen. Vorschläge müssen bis zum 4. 8. beim Bürgermeister eingereicht sein. Für den besten Vorschlag zahlen wir dem Einsender hundert Mark.
Der Gemeinderat
     
    Jochen Krumm schiebt seine Orgel nachdenklich weiter und macht auf dem Nachhauseweg in der Bahnhofstraße halt. Er betrachtet alle Häuser und schüttelt dann den Kopf.
    Am nächsten Morgen ist vor dem Hause des Bürgermeisters ein großer Menschenauflauf. Ganz Hasenkrug scheint sich hier versammelt zu haben. Alle haben Briefe in der Hand. Die meisten machen verschmitzte Gesichter, und keiner verrät dem andern, welchen Vorschlag er zu machen hat, denn natürlich möchte jeder selbst die hundert Mark gewinnen. Der Bürgermeister, der die Briefe in Empfang nimmt, schmunzelt zufrieden. Aber am Abend, als er beim dicken Fidi die Umschläge öffnet und den klugen Männern die Vorschläge der Hasenkrüger vorliest, vergeht ihm bald das Schmunzeln. In vielen Briefen steht nämlich, man solle das Bürgermeisterhaus abreißen und an seiner Stelle den Bahnhof bauen.
    „Kommt gar nicht in Frage!“ ruft er empört. „Solche Vorschläge sind eine Frechheit.“
    Andere Einsender schlagen vor, das Haus des Pastors abzureißen. Das ist dem natürlich nicht recht. Nicht einmal Jokel Vossen ist bereit, sein altes Haus für den Bahnhof zu opfern. Aber irgendein Haus muß doch wohl abgebrochen werden, oder? Wieder einmal sitzen die klugen Männer ratlos hinter ihrem Bier. Da entdeckt Herr Knausi noch einen ungeöffneten Briefumschlag auf dem Tisch. Es ist der von
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