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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel
Autoren: Ralf Isau
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nicht mehr gesehen. Danach holte er sich einen Nachschlag an Streicheleinheiten bei Sophia. Mit einem Mal entdeckte er am Boden den Wolf, der ihm vor lauter Wiedersehensfreude noch nicht aufgefallen war.
    »O weh, Lykos! Wie kommt der denn hierher?«
    »Genauso wie du«, antwortete Theo mit bebender Stimme. Sein Blick wanderte zu dem Uhrmacher. »Ob Sie meinen grauen Freund auch wiederbeleben können, Meister Nico?«
    Der Alte krauste die Stirn. »Der Patient macht mir größere Sorgen. Allein wie er aussieht! Er muss Furchtbares durchgemacht haben.«
    »Furchtbar ist gar kein Wort«, sagte Sophia. »Sie hätten Medusa sehen sollen! Die Furie war einfach nicht kleinzukriegen.«
    »Stellt mir mal einen Stuhl neben den Wolf«, sagte Nico entschlossen. »Mit dem Hinknien haben meine alten Knochen so ihre Probleme.«
    Theo sprang von der Couch auf und tat, wie ihm geheißen. Unterdessen gesellte sich auch Arki an die Seite seines Gefährten. Er sah untröstlich aus, soweit sich dies bei einem Goldbären erkennen ließ. Fürsorglich verjagte er die Stubenfliege, die sich auf der Nase des Wolfes niedergelassen hatte.
    Der Uhrmacher setzte sich neben seinen Patienten, beugte sich ächzend herab und legte ihm die Hand auf den Kopf. »O nein!«, sagte er kurz darauf. »Das ist ja noch schlimmer, als ich befürchtet habe.«
    »Bitte versuchen Sie, ihm zu helfen!«, sagte Sophia.
    »Jaja, Kindchen, ich tu ja, was ich kann. Seid bitte alle mal einen Moment still. Ich muss mich sammeln.«
    Sophia und Theo umfassten sich mit den Händen.
    Nico schloss die Augen und begann wieder mit dem sonderbaren Summen. Die Uhren im Zimmer tickten dazu in gleichmütigem Takt.
    Nach ungefähr zwei Minuten, die sich für Sophia wie eine Ewigkeit anfühlten, regte sich der Wolf immer noch nicht. Der Uhrmacher seufzte. Sophia biss sich auf die Unterlippe. Nicht aufgeben, Meister Nico! , rief sie – nur in Gedanken, um ihn nicht in seiner Konzentration zu stören. Ein Seitenblick zu Theo verriet ihr, dass er genauso empfand.
    Mit einem Mal quietschte etwas.
    »Warst du das, Arki?«, fragte Theo.
    Der Bär schüttelte den Kopf und kitzelte seinen Gefährten an der Nase.
    Lykos öffnete die Augen. »Du schon wieder! Hätte ich mir denken können.«
    Jetzt gab es für Sophia und Theo kein Halten mehr. Sie sprangen von dem Sofa auf, eilten zu ihrem Freund, ließen sich bei seinem Haupt auf den Teppich sinken und streichelten sein Fell, als gelte es, das zurückgekehrte Leben mit der Kraft der Liebe festzuhalten.
    »Theo? Sophia?«, fragte der Wolf leise. »Wo bin ich?«
    Der Junge schlug die Augen nieder. »In der Menschenwelt. Wir dachten, du seist tot. Da haben wir geweint und von dir Abschied nehmen wollen … und uns gewünscht, Meister Nico könnte dich untersuchen. Er kann wahre Wunder vollbringen, wenn es um kaputte Maschinen geht. In dem Moment wurden wir vom Uhr-Ei hinübergeschleudert. Ich weiß, du wolltest nicht in unsere …«
    »Vergiss mein dummes Geschwätz von gestern. Ohne euch wäre ich nur noch Schrott«, sagte Lykos. Mühsam hob er den Kopf, was von einem besorgniserregenden Schnarren begleitet wurde. Seine goldgelben Augen suchten und fanden den Uhrmacher, der sich inzwischen auf seinem Stuhl aufgerichtet hatte. »Seid Ihr der Wunderheiler?«
    Der Doctor Mechanicae schmunzelte, sichtlich erfreut über seinen Behandlungserfolg. »Ich bin kein Magier, falls du das meinst. Jeder Mensch hat eine Gabe. Das ist die meine. Ich werde allerdings noch eine Menge an dir hämmern, feilen und sägen müssen, bis du generalüberholt bist und wieder reibungslos funktionierst.«
    »Ich helfe!«, rief Arki begeistert.
    »Und ich auch!«, stieß Theo hervor. Er strotzte nur so vor Glück. »In Mekanis habe ich ihn schon einmal repariert.«
    »Das glaubt mir niemand«, sagte Lotta kopfschüttelnd. Sie pustete über ihre Oberlippe hinweg, weil sich die vorwitzige Fliege auf ihrer Nasenspitze niedergelassen hatte.
    Nicos Gesicht wurde ernst. »Es wäre sogar besser, darüber ganz zu schweigen. Du hast ja gehört, wie mich der Wolf genannt hat. Unsere Welt hasst Wunder. Die meisten Menschen wollen lieber alles berechnen und kontrollieren können.«
    Arki krabbelte auf Theos Schulter. Von dort aus zupfte er an seinem Ohrläppchen und sagte: »Dein Mund lacht, aber deine Augen sind so traurig. Freust du dich gar nicht über die alte Drahtbürste und mich?«
    Sophias Freund seufzte. »Doch. Sehr sogar. Nur der Gedanke, dass Thaurin beim Stehenbleiben der
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