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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel
Autoren: Ralf Isau
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Weltenuhr im Todeskampf erstarrt ist … Das werde ich nie vergessen können. Für Andora wäre ohnehin jede Hilfe zu spät gekommen, ihn hätten wir vielleicht retten können.« Mit kummervoller Miene schüttelte Theo den Kopf. »Am liebsten würde ich noch einmal nach Mekanis zurückkehren, um Thaurin und Andoras Überreste herzuholen. Meister Nico könnte die Sphären sicher wieder in Schwung bringen und unsere Freunde reparieren.«
    Sophia lief es eiskalt den Rücken hinunter. Etwas an Theos Tonfall gefiel ihr nicht. Er hörte sich nicht wie ein Tagträumer an, sondern eher so, als erwöge er allen Ernstes diese Möglichkeit. War da doch mehr gewesen, als Poseidonios sein Gesicht berührt hatte?
    »Wenigstens empfinden sie keinen Schmerz«, versuchte Arki, seinen großen Freund zu trösten.
    »Du hast den ersten Schritt gewagt und die Uhr zum Stehen gebracht, jetzt trau dich auch, den zweiten zu machen, und vernichte sie ganz.« Lotta sprach aus, was Sophia dachte.
    »Aber dann zerstöre ich auch den Kokon, in dem mein Freund schläft und Andoras Einzelteile liegen«, sagte Theo verzweifelt.
    Sophia legte ihre Hand auf die seine. »Sollte Mekanis je wieder schlüpfen, wird es hoffentlich eine völlig andere Welt sein. Vor allem eine lebendigere, eine mit Gefühl.«
    Er zog seine Hand zurück. »Vielleicht fällt mir noch eine Lösung ein.«
    »›Er kann dich zwar nicht zwingen, aber dich verführen.‹«
    Theo runzelte die Stirn. »Was?«
    »Das hat dein Freund Thaurin zu dir gesagt. Ich denke, er meinte, dass der freie Wille einem nichts nützt, wenn man seine Unschuld darüber verliert.«
    »Du meinst, wie Meister Poseidonios?«
    »Genau. Er war bestimmt kein schlechter Mensch. Aber wie wohl jeder von uns hatte er auch Schwächen. Vielleicht ein bisschen zu viel Geltungsdrang oder ein krankhafter Wunsch, der Zeit ein Schnippchen zu schlagen und sich unsterblich zu machen. Jedenfalls hat er seine Gedanken von Oros gefangen nehmen lassen. Sieh zu, dass dir nicht das Gleiche passiert.«
    »Ich will nur ein paar Tage Bedenkzeit haben, ehe wir entscheiden, was mit dem Weltenei geschieht«, erwiderte Theo gereizt. Wütend funkelte er die Stubenfliege an, die gerade auf seinem Zeigefinger gelandet war.
    Mit einem Mal beobachtete Sophia etwas Seltsames. Ihr Freund bewegte die Hand und verscheuchte das lästige Insekt. Von diesem Moment an wechselte es nur noch im rechten Winkel die Flugrichtung. Ja, es schien sogar auf sauberen Mäanderbahnen durchs Zimmer zu brummen. Und als die Fliege sich auf dem Ziffernblatttisch niederließ, lief sie nur noch im Kreis. War sie durch die Berührung mit Theo zu einem kleinen Fliegenautomaten geworden? Sophia deutete auf das Tier.
    »Ich sehe es«, sagte Theo ernst.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Lotta. Auch ihr war das merkwürdige Verhalten des Insekts aufgefallen.
    »Vielleicht bin ich jetzt mit demselben Fluch beladen, den auch Oros in der Menschenwelt hatte?«
    Arki legte seinem Freund tröstend die Tatze in den Nacken.
    »Oder es ist etwas von ihm auf dich übergegangen, als Poseidonios dich im Sterben angefasst hat.«
    Es folgte betroffene Stille. Als die Fliege sich auf Sophia niederlassen wollte, verscheuchte sie das mechanisierte Insekt hektisch mit der Hand.
    »Lass dir mit dem Weltenei lieber nicht zu lange Zeit, Theo. Ich fürchte, es könnte noch nicht vorbei sein.«
    Doktor Unruh hatte wegen des warmen Frühlingstages das Fenster geöffnet. Die Sonne lachte ins Chefbüro. Abgesehen von gelegentlich vorbeifahrenden Autos herrschte eine himmlische Ruhe. Nicht ganz zufällig hatte sich Sophia für ihren Besuch in der Juwelierschmiede Torvic Layher wieder einen arbeitsfreien Samstag ausgesucht. Es ging um die Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Vertrag, den sie vor gut einem Monat an selber Stelle per Handschlag besiegelt hatte.
    Auch diesmal war Theo an ihrer Seite, ernst und still wie damals, aber weder geschminkt noch overdressed. Lotta mit ihren feuerroten Haaren ließ sich sowieso nichts verbieten. Um kein Aufsehen zu erregen, war Arki bei Nico dei Rossi in Luzern geblieben. Lykos dagegen hatte es sich nicht nehmen lassen, bei der Übergabe dabei zu sein. Dafür nahm er sogar die, wie er es nannte, »alberne Maskerade« in Kauf.
    Er steckte nämlich im Fell eines irischen Wolfshundes. Seine goldgelben Augen funkelten lebendig durch die Sehlöcher der »Vollkörperperücke« – eine Wortschöpfung Sophias –, nur das eiserne Gebiss ließ sich nicht
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