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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten
Autoren: Ami McKay
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noch einmal anbieten. Ich kann nicht jedes Mädchen vor den schrecklichen, dunklen Dingen bewahren, die in dieser Stadt geschehen, aber dir, dir könnte ich zu einem glücklichen, unbeschwerteren Leben verhelfen …«
    Â»Ich kann nicht«, unterbrach ich ihre Rede. »Miss Everett hat eine Vereinbarung für mich getroffen.«
    Â»Verstehe«, sagte sie mit finsterer Miene.
    Um sie ein klein wenig zu trösten, sagte ich: »So eine Gelegenheit bekomme ich nie wieder.«
    Â»Das hoffe ich, Moth«, erwiderte sie. »Das hoffe ich aufrichtig.«
    27. Dezember 1871
    Ich habe die arme Alice Creaghan ins Armenspital auf Blackwell’s Island gebracht. Dort darben weit mehr junge Mädchen mit ihrem Leiden, als ich mir vorzustellen gewagt hätte. Nur wenige Ärzte und Krankenhäuser pflegen unverheiratete oder gefallene Frauen, welcher Art ihr Leiden auch sein mag. Die Insel war der einzige Ort, den ich für Alice finden konnte.
    Es ist abstoßend, dass die meisten Ärzte von Stand immer noch schwören, diese Krankheit, der Große Heuchler, grassiere einzig und allein unter den moralisch Verderbten. Wenn ein Mädchen aus gutem Hause die besagten Symptome aufweist, wird es versteckt. Von seiner Verfolgung hört man nie. Zwar beschuldigen sich die Eltern hinter verschlossenen Türen gegenseitig, aber am Ende einigt man sich auf eine Fabel über »böses Blut«, mit dem ein entfernter Verwandter den Stammbaum durchseucht habe. Der Wissenschaft zum Schaden, dem Ansehen und Stand zur Rettung.
    Miss Everett verfuhr ganz ähnlich. Als ich vorschlug, die Polizei aufzusuchen, wies sie dies weit von sich. Dies würde keinen Nutzen bringen. »Cadet hat die Sache auf seine Weise geregelt.«
    Ich fragte, welchen Nutzen es denn brächte, für Polizeischutz zu zahlen und den Polizeichef in ihrem Haus zu empfangen, wenn sie dann in einem solchen Notfall doch keine Hilfe bekäme. Miss Everett aber blieb stur. »Der Vater des betreffenden jungen Mannes ist ein geschätzter Kunde. Es wäre nicht klug, mich gegen seinen Sohn zu stellen.«
    Â»Aber so etwas geschieht jeden Tag, überall in der Stadt. Das muss doch aufhören.«
    Â»Das war ein bedauerlicher Vorfall. Belassen wir’s dabei.«
    Heute hatte ich den Eindruck, ich könnte Moth trotz allem noch davon überzeugen, Miss Everetts Haus zu verlassen. Leider hat sie meinen Vorschlag wieder zurückgewiesen, und mehr, so fürchte ich, kann ich nicht tun. In meiner Verzweiflung hatte ich mich sogar direkt an Miss Everett gewandt und zu wissen verlangt, was es mich kosten würde, das Mädchen freizukaufen.
    Â»Sie können sich das Mädchen nicht leisten.«
    Â»Wie viel?«
    Â»Sie müssten nicht nur für ihr erstes Mal, sondern für ein ganzes Leben als Hure bezahlen.«
    Dies war eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen ich bedauerte, dass der Graben zwischen mir und meiner Familie so tief ist. Allein in der Schmuckschatulle meiner Mutter befindet sich genügend Geld, um Moth tausendmal freizukaufen. Doch ginge ich um des Mädchens willen zu ihr, würde sie sich weigern, mich auch nur anzuhören. Nichts regt meine Mutter mehr auf als Gespräche über Notleidende und Prostituierte.
    Ich habe Miss Everett erklärt, dass ich meinen Dienst in ihrem Haus quittieren werde, sobald Miss Fenwick ihre erste Begegnung durchlebt hat. Ich hatte gehofft, meine Drohung würde sie dazu bewegen, ihre Meinung zu ändern, doch sie beendete unser Gespräch mit einem barschen »So sei es denn«.
    In der fraglichen Nacht werde ich Moth aufrichten, so gut ich kann. Ich werde ihr noch einmal versichern, dass meine Tür für sie immer offen steht, sie sich im Falle eines Falles immer zu mir flüchten kann, aber mit Miss Everett und ihrem Haus bin ich fertig.
    S. F.

Und welche Preise! Fünfzehnhundert Thaler
    Für ein circassisch Mädchen, – süße Dirne,
    Verbürgte Jungfrau, – Amor selbst, der Maler,
    Malt’ ihr ins Antlitz Himmel und Gestirne.
    Beim zwölften Hundert schlichen manche Prahler
    Betrübt nach Haus mit krausgezogner Stirne;
    Sie wußten, als die Preise höher stiegen,
    Daß dieses für den Sultan sei, und schwiegen.
    George Gordon Byron: Don Juan ,
Vierter Gesang, Vers 114
    XXX
    I n das obere Zimmer zogen zwei Schwestern, Fannie und Jane Byrne aus Boston. Nadine Bix, ein ehemaliges Mädchen, hatte sie zu Miss
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