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Der Väter Fluch

Der Väter Fluch

Titel: Der Väter Fluch
Autoren: Faye Kellerman
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sie ihr Handy hervor und rief ihren Mann an.
    Decker gingen viele Dinge durch den Kopf - vor allem die Frage, wie Rina mit der ganzen Sache fertig werden würde. Aber es ließ ihm auch Zeit, sich mit seinen eigenen Gefühlen zu beschäftigen. Zorn? Nein. Das ging weit über puren Zorn hinaus, und das gefiel ihm gar nicht. Blinde Wut brachte Menschen dazu, Fehler zu machen, und das war das Letzte, was sich Decker im Augenblick leisten konnte. Also zwang er sich, auf die Straße zu schauen, anstatt über etwas nachzugrübeln, das er noch gar nicht gesehen hatte, und versuchte, sich von der Gegend ablenken zu lassen.
    Von den Häuserreihen, an deren Stelle einmal Zitrusplantagen gestanden hatten, und den Lagerhäusern und Läden entlang des Devonshire Boulevard. Er versuchte, nicht an seinen Stiefsohn in Israel oder an den, der auf eine jüdische Highschool ging, zu denken. Oder an Hannah, die gerade in die zweite Klasse gekommen war - jung und voller Vertrauen und so unschuldig wie die Kindergartenkinder, die vor ein paar Jahren nach dieser schrecklichen Schießerei aus dem jüdischen Gemeindezentrum entführt worden waren.
    Er merkte, dass er schwitzte. Obwohl es einer dieser typischen bedeckten Maitage in L. A. war - die Luft kühl und ein wenig abgestanden -, drehte er die Klimaanlage voll auf. Irgendjemand hatte ihm die Adresse gegeben, aber selbst wenn er die Gegend nicht gekannt hätte, wären die Streifenwagen Hinweis genug gewesen.
    Er parkte sein Zivilfahrzeug im Halteverbot, stieg aus und zwang sich selbst, erst einmal tief durchzuatmen. Er musste unbedingt ruhig bleiben, sich nicht um die Tat, sondern um Rina kümmern. Decker war gerade ein paar Schritte weit gekommen, als Mickey Shearing ihn entdeckte.
    »Wo ist sie?«, knurrte Decker.
    »In der Synagoge«, antwortete Shearing. »Wollen Sie die Details?«
    »Haben Sie schon welche?«
    »Ich habe...«, Mickey blätterte in seinem Block, »... die Information, dass der erste Hinweis um halb neun morgens eintraf, und zwar von dem Kerl, dem die chemische Reinigung gehört. Ich selbst bin zehn Minuten später hier angekommen und habe gesehen, dass das Türschloss aufgebrochen war. Dann habe ich bei der Synagoge angerufen, um zu erfahren, ob es einen Rabbi gibt oder wer hier sonst verantwortlich ist. Auf dem Anrufbeantworter war eine Telefonnummer angegeben. Stellte sich als die Ihrer Frau heraus.«
    »Und warum haben Sie nicht daran gedacht, zuerst mich anzurufen, bevor Sie sie anrufen?« Deckers Augen funkelten wütend.
    »Es war nur eine Telefonnummer angegeben, Lieutenant. Ich habe erst begriffen, dass es Ihre Frau ist, als sie schon hier stand.«
    Decker sah zur Seite und rieb sich über die Stirn. »Okay. Vielleicht ist es sogar besser, dass Sie es ihr gezeigt haben. Irgendwelche Aussagen?«
    »Wir sind dabei, die Nachbarn zu befragen.«
    »Nichts?«
    »Nichts. Wird wahrscheinlich in den frühen Morgenstunden passiert sein.« Shearing stieß seinen Zeh gegen den Boden. »Vermutlich Jugendliche.«
    »Also mehr als nur einer?«
    »Ist ziemlich viel kaputt. Ich glaube schon.«
    »Erzählen Sie mir was über den Kerl von der chemischen Reinigung.«
    »Gregory Blansk. Selbst noch ziemlich jung, ahm... neunzehn...« Shearing blätterte weiter. »Ja, stimmt.«
    »Wie stehen die Chancen, dass er es war und jetzt weiter hier herumhängt, um sich anzusehen, wie die Leute sein Werk bewundern?«
    »Ich glaube, er ist Jude, Sir.«
    »Sie glauben}«
    »Ah... ja'. Da steht's. Er ist Jude.« Shearing schaute auf. »Er wirkte entsetzt und mehr als nur ein bisschen verängstigt. Und er ist selbst ein Import aus Russland. Zwei Punkte gegen ihn -Jude und Ausländer. Das Ganze muss ihm eine Höllenangst eingejagt haben.«
    »Im Moment ist Detective Wanda Bontemps vom Jugenddezernat für die Hassdelikte abgestellt. Ich werde dafür sorgen, dass sie ihn vernimmt, sobald sie hier ist. Lasst hier keinen rein. Ich bin gleich zurück.«
    Decker hatte selbst einige Jahre beim Jugenddezernat gearbeitet und kannte sich mit jugendlichen Straftätern und Vandalismus aus. Die Gegend, in der er damals arbeitete, war bekannt gewesen für Rocker, weiße Proleten und Mexikanergangs. Aber das hier? Das ging ihm verdammt nahe. Er war so abgelenkt von seiner Umgebung, dass er Rina erst bemerkte, als sie etwas sagte. Er schreckte zurück und prallte so heftig gegen sie, dass er sie fast umgestoßen hätte.
    »Tut mir Leid.« Er griff nach ihrer Hand, zog sie dann fest an sich. »Tut mir so Leid.
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