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Der Unsichtbare Feind

Titel: Der Unsichtbare Feind
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im Hintergrund. Er versuchte, genauer hinzuhören, aber der Klang ihrer Stimme blieb blechern und weit entfernt. Ihm wurde schwindlig und dann übel. Der Schmerz in seinem Handgelenk kroch den Arm hoch.
    Sein Atem beschleunigte sich, und ein Gewicht drückte schwer auf seine Brust. Obwohl es genau so war, wie er es aus den Beschreibungen der Patienten seit Jahren kannte, versuchte er immer noch, es zu leugnen. Er stand auf und war entschlossen, zu laufen, bis es verschwand. Die Dunkelheit überfiel ihn wie eine Woge, und er hörte nicht einmal das Krachen seines Schädels, als er auf dem Linoleumboden aufschlug. Sein letzter Gedanke, als sein Herz stotterte, bis es stillstand und auf den Tod zuglitt, galten Luana, der größten Liebe und dem größten Verlust seines Lebens.

2
    Er schwebte nicht über seinem eigenen Körper, stürzte nicht auf ein Licht zu, traf keine himmlischen Gestalten. Nur weiße Explosionen in seinem Schädel, die sein Gehirn, obwohl er klinisch tot war, ohne Puls und Atmung, völlig korrekt als elektrische Schläge des Defibrillators interpretierte. Und natürlich hämmerte irgendein Idiot auf seiner Brust herum. Als Nächstes werden sie mich intubieren und mir einen Schlauch in den Hals stecken, dachte er und hatte auch damit Recht. Was ihn am meisten überraschte, war, wie wenig es ihn interessierte, wie die Sache ausgehen würde. Die Stimmen um ihn herum, weit entfernt und doch vertraut, sie kamen ihm alle panisch vor, ohne dass es nötig war.
    »… machen Sie eine Blutgasanalyse …«
    »… geben Sie ihm Adrenalin …«
    »… weg vom Tisch …«
    Warum dieser Aufwand?
    Eine weitere weiße Explosion versengte seinen Kopf.
    Dann ließen sie ihn allein.
    Entweder hatten sie aufgegeben, oder er war erfolgreich wiederbelebt worden. Während er wegdriftete, war ihm immer noch egal, was von beidem es war.
    Als er das nächste Mal erwachte, fühlte er sich weit mehr als Teil dieser Welt. Er hatte überall Schmerzen, aber besonders in Kopf und Brust. Noch bevor er die Augen öffnete, wurden seine Gedanken weniger konfus, und der Arzt in ihm machte reflexhaft Inventur. Die allgemeinen Schmerzen stammten von den Stößen, die die Elektroschocks jedem einzelnen Muskel seines Körpers verpasst hatten. Sie hatten sie mit einer Kraft zusammenzucken lassen, die einer vollen Trainingseinheit im Bruchteil einer Sekunde entsprach. Den Schmerz in seiner Brust schrieb er der kombinierten Wirkung der elektrischen Entladungen und der äußerlichen Herzdruckmassage zu. Bei dem Versuch, seinen Kopf zu erforschen, stießen seine Finger auf einen Verband, der im einfachsten Fall ein Hämatom oder eine Beule bedeckte, wenn nicht eine ordentliche Platzwunde.
    Seine Armbewegung setzte eine Kakophonie von Alarmklingeln und Piepsern in Gang, und erst jetzt spürte er das Zerren verschiedener Infusionsschläuche, die in seinem Arm steckten. Schließlich gelang es ihm, seine Augenlider dazu zu bringen, sich zu öffnen, und als er ein mitleidvolles, vertrautes Gesicht sah, versuchte er zu sprechen. Aber sein Hals schloss sich um den Endotrachealtubus, der noch immer in seiner Luftröhre steckte, und er bekam einen Erstickungsanfall.
    »Daddy?«, hörte er seinen Sohn weinen, und seine Stimme stieg ganz hoch, wie sie es immer tat, wenn er Angst hatte, selbst noch mit dreizehn. Wie viel Angst er wirklich hatte, konnte er daran sehen, dass der Teenager ihn Daddy nannte. Der Junge hatte ihn seit Jahren nicht mehr so genannt, seit seinem zehnten Geburtstag nicht mehr, als er erklärt hatte, dass das ›zu babymäßig‹ sei. Einen Augenblick lang wurde der Arzt wieder in jene glücklichen Zeiten zurückversetzt, als sie noch Kumpel gewesen waren und keine Ahnung von den Prüfungen hatten, die vor ihnen lagen.
    »Ich bin okay, Chet.« Steele versuchte automatisch, den jungen Mann, der die Gesichtszüge seiner Mutter hatte, zu beruhigen, aber das Geräusch, das aus ihm herauskam, klang eher wie ein Stöhnen am Ende eines Rohres.
    Eine Schwester schlüpfte in das durch Vorhänge abgetrennte Abteil und gab an seiner Stelle tröstende Worte von sich, während sie die zahlreichen blinkenden Anzeigen und grün fluoreszierenden zackigen Linien auf den Monitoren überprüfte, die um sein Bett herum aufgebaut waren. Die Zahlen mussten ihre Zustimmung gefunden haben, denn sie sah keine Notwendigkeit, irgendeinen der Myriaden von Schaltern und Reglern zu justieren. Sie senkte allerdings die Durchflussgeschwindigkeit der beiden
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