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Der unheimliche Kommissar Morry

Der unheimliche Kommissar Morry

Titel: Der unheimliche Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Schätzung zu hoch gegriffen war, und selbst wenn man unterstellte, daß der Verkauf von gestohlenem Schmuck im günstigsten Falle dreißig Prozent seines Handelswertes einbringen würde, verblieb doch die reelle Chance, gleichsam über Nacht einhunderttausend Dollar zu verdienen.
    Ashton zog die Unterlippe zwischen die Zähne und nagte darauf herum. War es nicht am klügsten, den Schmuck zu stehlen und ihn ein paar Tage später wieder auszuliefern? Wenn er sich dazu eine aufregende Geschichte einfallen ließ, die ihn als mutigen Gangsterjäger, als Ritter ohne Furcht und Tadel und als Held bester Machart erscheinen ließ, bestand die Möglichkeit, daß dadurch in Constance jene Liebesgefühle ausgelöst würden, die er sich erträumte. Ashton glaubte nach dem ersten Zusammentreffen mit Constance die berechtigte Hoffnung nähren zu dürfen, daß sie ihn sympathisch und höchst anziehend fand. Einem Menschen, den sie mißtraute oder ablehnte, hätte sie schwerlich die Nöte ihres Herzens anvertraut.
    Im übrigen brauchte er sich wirklich nicht vor den Erkundigungen zu fürchten, die der alte Britton vor dem Zustandekommen einer Verlobung ohne Zweifel über ihn, Ashton Cabott, einziehen würde.
    Wenn es die Cabotts auch nie geschafft hatten, in den Besitz eines Adelstitels zu gelangen, wurden sie doch als eine der besseren Familien betrachtet.
    Am besten wird es sein, ich gehe noch heute nacht an die Arbeit, überlegte er. Es könnte ja sein, daß sie sich meine Worte zu Herzen nimmt und den Schmuck ab morgen tatsächlich der Hotelleitung zur Aufbewahrung übergibt. Er spürte das alte, aufregende Kribbeln, das ihn immer wieder überfiel, wenn er sich entschlossen hatte, ein neues Risiko einzugehen. Er leerte das Glas.
    „Noch einen Whisky, bitte!"
    Das Getränk brannte in seinem Inneren. Es gab ihm Mut und Zuversicht. Er lächelte spöttisch vor sich hin. Ja, das sollte der größte Coup seines Lebens werden . . . gleichsam der krönende Abschluß! Die Vorstellung, die junge und unermeßlich reiche Constance Britton zu erobern und zu heiraten, war wie ein Griff nach den Sternen . . . aber gerade dieser Gedanke faszinierte ihn?
    An der Seite dieses begehrenswerten Geschöpfes würde er es sich leisten können, ein wahrhaft seriöser Gentleman zu werden. Die betrügerischen Manipulationen, die lange Zeit die Grundlage seines Einkommens gebildet hatten, würden damit für immer von einem Vorhang barmherzigen Vergessens bedeckt werden. Niemand, weder Constance noch ein anderer Mensch, würden je erfahren, daß er ein Mann mit krimineller Vergangenheit war, ein Dieb und Verbrecher . . .
    Er atmete tief. In seinen Augen glitzerte es erregt. Diese Nacht bildete den Auftakt zu dem größten Fischzug, den er jemals geplant hatte!
     
    *
     
    Die Dunkelheit des Zimmers umschloß ihn wie ein großes, weiches Tuch. Er atmete mit offenem Mund, um sich nicht zu verraten. Die Erregung peitschte sein Herz mit unbarmherzigen Schlägen. Er sah die beiden hohen Balkontüren mit den nur angelehnten Fensterläden. Durch die Querrippen schimmerte das Licht naher Leuchtreklamen; es hatte nicht die Kraft, die Dunkelheit des Raumes zu durchdringen.
    Er preßte den Rücken gegen die Wand und bemühte sich, gewisse Einzelheiten der Einrichtung wahrzunehmen. Es gelang ihm nicht. Eine Uhr tickte beruhigend, und durch die Balkontüren drang das monotone Rauschen des Großstadtverkehrs, der nicht einmal zu dieser Stunde schlief. Wie kam es, daß er die Atemgeräusche des Mädchens nicht hörte? Lag es daran, daß die unerträgliche Spannung, der er sich ausgesetzt sah, das Blut in seinen Schläfen zum Brausen brachte?
    Ich werde klapprig, dachte er ärgerlich. Noch vor einem Jahr hätte mich so eine Sache völlig unberührt gelassen. Wo ist meine viel gerühmte Kaltblütigkeit geblieben? Er kannte die Antwort. Es war nicht so, daß er sich vor der Entdeckung fürchtete. Er war inzwischen zu Hause gewesen, um den Anzug zu wechseln. Außerdem trug er ein schwarzes Tuch vor dem Gesicht. In der rechten Hand hielt er eine Pistole. Selbst wenn Constance Licht machen und um Hilfe rufen sollte, war er sicher, unerkannt entkommen zu können.
    Nein, seine augenblickliche Erregung bezog sich auf die Erkenntnis um die Höhe des Einsatzes, und damit auf die Furcht, daß er in diesem Spiel eine falsche Karte ziehen könnte. Er stand hier, um den ersten Schritt zur Eroberung des schönsten und reichsten Mädchens zu machen, das er je kennengelernt hatte, und er
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