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Der übersehene Mann: Roman

Der übersehene Mann: Roman

Titel: Der übersehene Mann: Roman
Autoren: Christina McKenna
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Niemand hatte je das Thema einer Ehefrau angesprochen. Nicht einmal Onkel Mick auf dem Totenbett, dabei hätte er allen Grund dafür gehabt.
    Paddy hustete erleichtert. »Ja, eine Frau, das hat sie gesagt ... Und sie hat gesagt, du müsstest das nich alleine tun.«
    Shep hob das Kinn vom Boden und sah Jamie verschlafen an, der mit gerunzelter Stirn ins Feuer starrte, als wollte er ein kompliziertes mathematisches Rätsel lösen.
    Eine Frau suchen.
    Die Äußerung hing wie eine Sprechblase aus einem Comic im Raum. Paddy bemerkte das Unbehagen seines Freundes, zog eine John-Players-Packung aus der Hosentasche und nahm zwei schon von seinen Hinterbacken gerundete Zigaretten heraus. Er glättete sie und hielt sie Jamie hin, der automatisch ein Streichholz anzündete und beide Zigaretten mit zittriger Hand ansteckte.
    »Ach weißt du, einen wie mich sieht doch keine zweimal an«, sagte er schließlich.
    »Na ja, weißt du, Rose hat mich da auf was gebracht, auf etwas, das dir helfen kann. Gestern, da sagt sie zu mir: Weißte Paddy, genau das isses, was Jamie braucht.«
    Paddy zögerte und zog ein paarmal an seiner Zigarette. Er war nervös, denn ihm war klar, dass er drauf und dran war, seinem Freund vielleicht eine lebensverändernde Idee vorzustellen. Das Problem war nur: Wie sollte er sich ausdrücken?
    »Und was war es?«, fragte Jamie.
    »Was war was?«
    »Die Sache, von der Rose gesagt hat, dass sie genau das is, was ich brauche.«
    »Tja nun, das isses ja, sie hat gesagt ... sie hat gesagt, dass du ... sie hat gesagt, dass du gar nich rausgehen und sie inner Kneipe finden müsstest oder so, denn sie hat gesagt, dass du, na, du weißt schon, du kannst die Frau in der Zeitung finden.«
    »Junge, Junge!« war alles, was Jamie dazu sagen konnte. Davon hatte er noch nie etwas gehört.
    Paddy redete weiter auf ihn ein. »Weißt du, da gibt es welche, die setzen da ... die setzen da richtig Anzeigen rein, um Männer zu kriegen, echt jetzt, Jamie.« Sein Freund sah ihn ungläubig an. »Wirklich, das stimmt. Sie sagen, man braucht nur ein oder zwei Briefe zu schreiben und schon ...« Er machte eine Pause und sah sich die Teeflecken auf Jamies Tisch an. »Was so gesehen echt nich viel is dafür, dass du deinen Tee gemacht kriegst, dein Haus saubergemacht und deine, na ja, dein Kram gewaschen wird und was nich alles ...« Es folgte eine längere Pause, in der Paddy nach den richtigen Worten suchte, um das unangenehme Thema des Geschlechtsverkehrs umschreiben zu können. Dann gab er verlegen auf. »Na ja, und wonach du sonst noch so suchen könntest.«
    Jamie fummelte an dem Riss in seiner Hose herum und freundete sich langsam mit dem Gedanken an. Er sah sich im Zimmer um und versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, sein Leben mit einer Frau zu teilen. Er erinnerte sich an glücklichere Zeiten, in denen Tante Alice, die immer so gut gerochen hatte, in einem Haus mit sauberen Fensterscheiben, makellosen Böden und blühenden Blumentöpfen auf jedem Fensterbrett zu ihm gesprochen hatte. Ja, entschied er, das konnte eigentlich nur von Vorteil sein. Rose McFadden hatte oft genug gesagt, dass ein Haus die Hand einer Frau brauchte, um zu einem Heim zu werden. Und sie hatte recht.
    Er sah zu Paddy hinüber, der in dem Sessel saß, in dem seine zukünftige Frau sitzen könnte. Er dachte an sein einsames Bett, das er mit ihr teilen könnte, und plötzlich verdüsterten sich diese Tagträumereien und die alten Ängste stiegen in ihm auf: die Angst vor Veränderung, voranderenMenschen, vor Frauen, vor Intimität. Kurz, vor allem, was sein Leben eigentlich nur besser machen konnte.
    »Ich kann es nich«, platzte es aus ihm heraus, mehr zu sich selbst als zu Paddy.
    Paddy zuckte zusammen. »Was kannste nich?«
    »Mann, ich kann doch keine Frau hierherbringen!«
    »Aber du musst sie doch nicht gleich herbringen«, beharrte Paddy, dem der innere Konflikt seines Freundes verborgen geblieben war. Seine Frau hatte ihm geraten, beharrlich zu bleiben, und er wusste genau: Wenn Jamie nicht einwilligte, würde er zu Hause was zu hören bekommen. »Du könntest sie irgendwo treffen ... in einem Hotel ... oder in einer Kneipe oder so. Ich und Rose würden dir natürlich beim Aufräumen helfen, jedenfalls, wenn du ... wenn du findest, dass sie zu dir passt und du ihr dein Haus zeigen willst.«
    »Und in was für ’ner Zeitung hast du gesagt, stehen diese Frauen?« Jamie versuchte, so locker wie möglich zu klingen. Er konnte Paddy seine
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