Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Überlebende: Roman (German Edition)

Der Überlebende: Roman (German Edition)

Titel: Der Überlebende: Roman (German Edition)
Autoren: Ernst-Wilhelm Händler
Vom Netzwerk:
erfüllte.
    »Lass die Finger von Peter.«
    Nach dem Ende der großen Besprechung gingen Burgi und Sondra getrennte Wege. Sondra blieb noch länger in Tokio, Burgi ließ sich gleich zum Flughafen fahren. In der Tiefgarage des Wolkenkratzers zündete sie sich eine Zigarette an. Weder vorher noch nachher habe ich sie je rauchen sehen. Der Zigarettenrauch hatte sofort Feueralarm und die Sprinkleranlage in der Tiefgarage ausgelöst und Burgi völlig durchnässt.

    Die Menschen wissen, dass die Gefühle, die ich gegenüber ihnen zeige, nicht echt sind. Es ist keineswegs meine Absicht, sie das nicht merken zu lassen. Sie sollen einen falschen Schluss daraus ziehen, das ist mein Ziel. Sie sollen glauben: Ich möchte gern Gefühle haben, einfachheitshalber solche wie sie, aber es gelingt mir nicht.
    Ich manipuliere die Leute, Maren, darin bin ich gut. – Keiner kommt auf den Gedanken, niemand traut mir das zu!
    Menschen mit meinen Defekten sind üblicherweise nicht fähig, andere Menschen gezielt zu beeinflussen, sie zu lenken. Sie sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt und damit, ihre Unzulänglichkeiten zu kaschieren und durch komplizierte Konstruktionen auszugleichen. Ich bin auch sehr mit mir selbst befasst, aber meine Kapazität ist größer, sie reicht auch noch für anderes. Ich verberge, ich verdecke, ich enthülle nur das, was ich preisgeben muss, um die Reaktion auszulösen, die ich erreichen will.
    Ich lüge.
    Ich bin zu Atrozitäten fähig.

    Burgi hatte nie eine Gefahr für das Roboterlabor bedeutet. Aber Sondra. Ich habe Burgi strikt untersagt, in Japan nachzugeben, und ich habe zugleich Sondra angewiesen, jegliches Zugeständnis zu machen. Der ältere Japaner mit den langen Haaren hatte einmal im alten Werk hospitiert, ich habe ihn und Sondra zusammengespannt. Ich wollte, dass Sondra gegen Burgi gewinnt. Ich wusste, dann würde Peter zu Sondra zurückkehren. Sondra sollte mir dankbar sein und jeglichen Gedanken fallenlassen, zusammen mit Peter meine Kreise zu stören.

    Ich kann Vertriebsmitarbeiter von D’Wolf ertragen, aber nicht die von anderen Firmen und für andere Produkte. Der Autoverkäufer entblödete sich nicht, Sondra zu fragen, ob sie und Peter verheiratet seien. Sie nahmen die Frage in eher affirmierender als dementierender Weise nicht zur Kenntnis. Im Eingangsbereich des Autohauses hing eine große Urkunde mit Portraitfoto, die den Mann als Verkäufer des Jahres auszeichnete. Während sich Peter hinter das Steuer des roten Cabrios setzte und Sondra auf dem Beifahrersitz Platz nahm, sich jedoch zu ihm hinüberlehnte, säuselte der Verkäufer ihnen die günstigen Finanzierungskonditionen seines Hauses zu. Wenn sie tatsächlich frisch verheiratet seien, genauer gesagt, innerhalb der letzten drei Monate geheiratet hätten und die Heiratsurkunde vorbeibringen würden, dann gebe es noch einen zusätzlichen Rabatt von drei Prozent. Stolz fügte er hinzu, das sei seine Idee gewesen, kein anderes Autohaus biete einen solchen Rabatt an. Ich wartete nur darauf, dass er Sondra fragen würde, bei welcher Gelegenheit Peter ihr den Heiratsantrag gemacht hatte.
    Wenn man Cabrios verkaufen will, dann gibt es dafür keinen besseren Ort als den zwölfeckigen gläsernen Pavillon an der Bundesstraße nach Halle, dessen Scheiben allesamt heruntergefahren werden können. An einem Tag wie diesem weht dem potentiellen Cabriofahrer der Wind ins Gesicht, auch wenn das Fahrzeug, in dem er sitzt, stillsteht. Bei hochgefahrenen Scheiben pflanzt die höhere Temperatur im Glashaus gleichfalls den Gedanken des offenen Fahrens bei dem potentiellen Käufer ein. Die Dépendance musste gerade eröffnet worden sein, der Pavillon erhob sich inmitten von planierter roter Erde. Schon seit einiger Zeit hatte es nicht mehr geregnet, der Boden war trocken und rissig. Die Furchen bildeten ein schwarzes Netz, dessen Abschnitte trotz der Unregelmäßigkeit der Linienführung annähernd gleich groß waren.
    Burgi stand vor einem schwarzen Cabrio, der böige heiße Wind bauschte ihre Haare auf. Sie waren hell, von dunklen Strähnen durchzogen, oder dunkel, von hellen Strähnen durchzogen, es war das Gleiche. Sie hatte die Lippen dunkel geschminkt, man konnte nicht angeben, in welcher Farbe, man traute sich nicht, Rot zu vermuten. Ihre Haltung irritierte sogar den Autoverkäufer. Die Beine gespreizt, das Becken leicht zurückgenommen und die Arme nach hinten gestreckt, als ob sie vor dem offenen Wagen zurückschreckte.
    Starre Braut des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher