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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd
Autoren: Unbekannter Autor
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mit ihnen das Korn, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Frauen waren ihre Freundinnen geworden, weil sie von ihnen nie mehr verlangte als das, was sie sich selbst zumutete.
    Jeden Abend schaufelte die Herrin von Herrard Great Hall ihre letzten, sauberen Getreidekörner in die von ihr selbst genähten Säcke. Und abends war sie so hungrig, dass sie beim Essen gierig zugriff - was Deborah erfreute und Leif zum Lächeln brachte - und trotz der juckenden Kleider beim Säckenähen am Küchenfeuer einschlief. Leif trug die tief schlafende Anne mehr als einmal in ihr eigenes, großes Bett hinauf und legte sie neben ihren träumenden Sohn.
    Eines Abends gesellte sich Leif zu Deborah, die neben einem Stapel Säcken am Küchenfeuer saß. »Etwas Bier, Leif?«
    Der Mann setzte sich neben die Alte auf eine Bank und nickte dankbar. Er trank einen tiefen Schluck. Dann wischte er sich mit der Hand den Mund ab und sagte vorsichtig: »Ich glaube, es geht ihr wieder besser.«
    Deborah sah blinzelnd ins Feuer, denn es fiel ihr immer schwerer, die große Sacknadel einzufädeln. Ein lästiges Anzeichen für das Alter. »Könnt Ihr das machen, Leif?«
    »Natürlich.« Wie alle Seeleute kannte er sich mit Schnüren aus und hatte geschickte Finger. Für ihn war dieser Faden nichts anderes als ein sehr kleines Jutetau. »Stimmt Ihr mir zu, Deborah, was Anne betrifft?«
    Deborah nahm die Nadel und warf dem Mann einen raschen Blick zu. »Im Großen und Ganzen meine ich auch, dass sie auf dem Weg der Besserung ist. Zeit heilt die Wunde von ...«
    »Edward Plantagenet.« Leifs Miene war erbittert.
    Die Alte legte ihm eine Hand auf das Knie. »Wollt Ihr warten, Leif?«
    Er lächelte schwach. »Habe ich eine andere Wahl?«
    »Jede Wahl der Welt.«
    Beide drehten sich um. Anne stand barfüßig, nur mit ihrem Arbeitskleid angetan am Fuß der Steintreppe, die von den oberen Räumen zur Küche hinunterführte.
    »Ihr habt geschlafen.« Leif stand verlegen auf. Der Gedanke,
    dass Anne ihr Gespräch möglicherweise gehört hatte, war ihm
    »Ich bin aufgewacht«, erwiderte Anne kurz angebunden. Sie wollte ihnen nicht von ihrem Traum erzählen, in dem Adler und Wölfe miteinander kämpften. Jede Nacht derselbe Traum. Eindringlich fuhr sie fort: »Leif, ich möchte Euch um keinen Preis der Welt hier festhalten. Ihr seid so gut zu uns gewesen, habt uns so viel geholfen. Wir haben kein Recht, Euch ...«

    Leif legte seine Hände auf Annes Schultern und drückte sie auf den Platz, wo er zuvor gesessen hatte.
    »Doch, das Recht habt Ihr. Mathew Cuttifer hat mich gebeten, hierherzukommen und dafür zu sorgen, dass Ihr gut über den Winter kommt. Es gibt noch eine Menge zu tun. Ich werde nicht gehen. Außer Ihr wollt, dass ich gehe.«
    Anne schüttelte den Kopf. »Nein. Niemals.«
    Warum hatte sie das gesagt? Sie lächelte ihn verlegen an. »Ich meine, wirklich. Wir brauchen Euch hier. Wir werden ohne Euch nicht fertig mit allem, was getan werden muss. Nicht wahr, Deborah?«
    Die Ziehmutter nickte ruhig, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen. Das mussten die beiden unter sich ausmachen. Sie schwieg.
    »Bier, Lady Anne?« Leif zerstreute Annes Verwirrung mit dieser instinktiven Freundlichkeit.
    Anne streckte sich und schüttelte den Kopf. »Mir tut jeder Knochen weh. Und es juckt so schrecklich!«
    Nun mischte sich Deborah doch ein. »Das ist die Spreu. Die Spelzen dringen überall ein. Du musst sie abwaschen. Ich werde Wasser für dich heiß machen, und dann kannst du am Küchenfeuer baden. Ich verspreche dir, dass du danach gut schlafen wirst.«
    Leif schluckte hastig sein Bier hinunter. »Also dann, ich geh schlafen.« Das hatte er auch vor. Doch nach einer Weile fand er
    einen Grund, an der Küche vorbeizugehen, weil er sich noch um die Pferde kümmern wollte. Er musste nachschauen, ob sie ordentlich gefüttert worden waren - das jedenfalls redete er sich ein. Und auf dem Weg zum Stall warf er zufällig einen Blick durch das kleine Küchenfenster, das offen stand, um den Dampf abzulassen.
    Er sah Anne von hinten, sie hatte nur das Badetuch um die Hüften geschlungen und hielt ihre Arme nach oben, damit Deborah ihren Körper abwaschen konnte. Er erhaschte nur einen kurzen Blick - die Linie einer ihrer Schultern, die sanfte Wölbung ihres Rückens, als sie sich nach unten beugte, der Arm, den sie anmutig zur Seite streckte. Leif wurde von einem Gefühl aus Liebe und Mitleid übermannt. Es war ein Unrecht, dass ihre Rippen so deutlich hervorstachen und dass sie
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