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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd
Autoren: Unbekannter Autor
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ihren Namen aus, denn allein das hätte einen Fluch bedeutet, hätte das Verderben über die Türschwellen getragen.
    Das schreckliche Wissen belastete den Tag. Die alte Königin, Margaret von Anjou, und der Earl von Warwick hatten ein Bündnis geschlossen, obgleich zuvor ihre Feindschaft mit dem Tod unzähliger Männer besiegelt worden war.
    Die Furcht vor diesem seltsamen Bündnis schwappte über die Mauern der Stadt, zog durch ihre Tore wie graue Nebelschwaden und ließ die Unwissenden frösteln.
    Die Gerüchte verbreiteten sich wie eine ansteckende Krankheit von Mund zu Mund. Auf der anderen Seite des Meeres waren Truppen zusammengezogen worden. Ihre Ritter hatten sämtliche Rösser der Normandie beschlagnahmt, und die Masten ihrer Schiffe waren stark wie Baumstämme. Dies und anderes bewies, dass sie die Unterstützung des wahnsinnigen und schrecklichen, französischen Königs Louis genoss.
    Es sei eine abgemachte Sache, flüsterten die Leute. Margaret habe geschworen, das Königreich für sich, ihren schwachsinnigen Ehemann und ihren unbefleckt empfangenen Sohn zurückzuerobern. Gott stehe uns bei, wenn das geschähe. Sie würde keine Gnade kennen, wenn ihre Soldaten in die Stadt zögen. London und die Londoner hatten sie schon einmal verraten, kein Gebet der Welt, kein Flehen um Gnade würde ihnen helfen, denn das Gedächtnis der alten Königin war gut. Viele Jahre zuvor war sie selbst aus dieser Stadt, aus ihrem Königreich vertrieben worden. Im Exil sann sie auf Rache. Sie war die Nemesis für Edward Plantagenet, und nun war endlich, endlich ihre Stunde gekommen.
    Dies flüsterten die Bürger von London mit bebenden Lippen, und die Kinder, die sie so reden hörten, zitterten vor Entsetzen. Die Leute beteten verzweifelt, und sie trauerten.
    Sie trauerten um ihren König, ihren Sommerkönig, und um Elizabeth, seine Königin, die schön war wie eine Himmelskönigin. Den Yorks war nur ein kurzer Sommer vergönnt gewesen, ein Sommer der Hoffnung und der Zuversicht, doch bald würden der junge König und seine silberschöne Königin fort sein, mitsamt ihren kleinen Prinzessinnen hinweggetragen von der Woge der Geschichte, und nie mehr zurückkehren. Daran zweifelte niemand.
    Am wenigsten Sir Mathew Cuttifer, Tuchhändler in der City of London. Unerschütterlich kniete er Stunde um Stunde wie auf glühenden Nägeln, während die Stille in seinem Arbeitszimmer in Blessing House, seinem Londoner Geschäftssitz, zum Schneiden dick wurde. Mathew betete um Erlösung.
    Zuerst galten seine Gebete dem englischen Königreich, dann seinem König, Edward Plantagenet, und dessen Familie. Dann betete er für seine Stadt und ihre verängstigten Bürger. Er bat für seine Frau und seinen Enkel, für seinen Hausstand, sein Handelsgeschäft und für sein eigenes Überleben, wenn es denn Gottes Wille sei.
    Und schließlich betete er für die Sicherheit und das Wohlergehen von Anne de Bohun,jenem Mädchen, das er sein Mündel nannte und das jenseits des Meers in der Stadt Brügge lebte. Jene junge Frau, deren Schicksal so eng mit dem Schicksal seiner Familie, seines Hauses und wahrlich auch dem des Königreichs von England verknüpft war, dass schon allein ihre Existenz ein Omen war. Ob ein gutes oder ein schlechtes Omen war unmöglich zu ermessen. Das war schon immer so gewesen.
    Und auch wenn Anne in Sicherheit war, so würde der Aufruhr in England schon bald, sehr bald über das Meer schwappen und seine bedrohlichen Finger nach ihr ausstrecken. Daran hatte Mathew Cuttifer keinen Zweifel.
    »Master?«
    Hinter der vier Zoll starken, eisenbeschlagenen Tür aus alter Eiche klang gedämpft eine Stimme.
    Mathew runzelte verärgert die Stirn. Er betete, das ganze Haus wusste das. Er hatte klare Anweisung gegeben, in seiner Andacht niemals wegen profanen Dingen des Alltags gestört zu werden. Er murmelte ein Ave und achtete nicht auf seine Knie. Er wollte den Schmerz nicht zulassen. Und er wollte dem Mann vor seiner Tür nicht antworten. Der Diener würde wieder fortgehen, wenn er einen Funken Vernunft in sich hatte.
    Wieder Stille. Staubteilchen tanzten in dem kalten Lichtstrahl, der von dem einzigen, hohen Fenster herabfiel.
    Doch da war es wieder, ein rasches Klopfen. »Master? Hört Ihr mich?« Mathew bekreuzigte sich und holte tief Luft.
    »Nicht jetzt. Geh fort.«
    »Schlechte Nachrichten, Master.«
    Mathew war ein vernünftiger Mann, ein ruhiger Mann. Das konnten alle seine Freunde und Geschäftspartner bestätigen. Mathew Cuttifer
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