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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd
Autoren: Unbekannter Autor
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persönlich, Mathew beinahe um Familie, Geschäft und Leben gebracht.
    Wenn er Leif Molnar in dieser Situation mit einem solchen Auftrag zu Anne schickte, brachte er sie wieder alle in Gefahr. Aber was blieb ihm anderes übrig?
    Seine Gebete hatten ihm den richtigen Weg gewiesen.
    Es war Gottes Wille.
    Teil 1
    DER
    SCHATTEN
    Kapitel 1
    Wieder fiel Schnee. Weiche, träge Flocken. Sie schmeckte sie, sie streckte ihre Hände aus, sie zu fangen. Sie berührten sie sanft wie ein Kuss.
    Am Boden bemerkte sie Spuren im Schnee. Große Fußabdrücke, die nicht von ihr stammten. Fußabdrücke von einem Mann. Aber die Abdrücke waren alt, die Ränder stumpf und verwischt. Der Mann war längst fort. Sie blickte zu ihren roten Schuhen hinab. Passten ihre Füße in die Abdrücke, die der Mann hinterlassen hatte? Sie führten über das weiße Feld zu den dicht stehenden Bäumen am Waldrand. Starke, schwarze Baumstämme, Äste, die unter der Schneelast ächzten. Ja.
    Mit plötzlicher Zuversicht eilte sie los, der tiefe, pulvrige Schnee knirschte unter ihren spanischen Pantoffeln. Ihr wurde seltsam heiß, als sie den Vertiefungen im Schnee folgte. Sie musste weit ausholen, um sich seinem Schritt anzupassen - es war ein großer Mann gewesen -, sie spürte ein Ziehen in Schenkeln und Knien.
    Und dann kam sie atemlos unter den Bäumen an und begann zu laufen. Sie versuchte, trotz ihrer feuchten, schweren Röcke nicht zu straucheln, und stolperte weiter. Ihr Mantel behinderte sie. Am besten, sie warf ihn fort, dann würde ihr nicht mehr so heiß sein. Ungeduldig riss sie an der Mantelnadel, ein goldener Drache mit milchigen Perlenaugen. Der schwere Samt riss ein, aber sie achtete nicht darauf. Sie warf das kostbare Kleidungsstück neben einen kahlen Weißdornbaum, an dessen Zweigen die letzten blutroten Beeren verkümmerten, manche waren in Eiszapfen, den Fingern des Winters, eingeschlossen. Sie konnte später wiederkommen und den blauen Mantel holen. Vielleicht.
    Sie war stark, das wusste sie. Aber als sie nun den Spuren im Schnee zu folgen versuchte, tat ihr alles weh, und sie keuchte schwer von der Anstrengung, immer weiter durch den Schnee zu laufen. Die Fußspuren leiteten sie, und ein Funken Hoffnung wollte in ihr aufkeimen, wollte ihr glauben machen, dass sie bald da sei. Sie durfte nur nicht diesem unerträglichen Schmerz in ihren Knien, in ihren Lungen, in ihrem Hals nachgeben. Dann würde sie den Mann, der diese Abdrücke hinterlassen hatte, bald finden. Denn das wollte sie. Sie musste ihn finden, musste ihn fragen, warum er . was? Natürlich. Warum er diese beschwerliche Reise unternommen hatte, zu einer Zeit, in der alle Welt schlief und im tiefsten Winter versank.
    Sie fühlte sich glücklich bei dem Gedanken, ihm bald zu begegnen, so glücklich, dass nichts anderes mehr zählte. Sie wollte diesen Mann sehen, ihn berühren, sein Gesicht mit ihren Händen umfassen. Sie würde die rauen Bartstoppeln auf seinem Kinn spüren, seine sanften Lippen schmecken. Und er würde sie festhalten. Aus Unaufmerksamkeit stolperte Anne und fiel in den kalten, weichen Schnee. Sie lachte. Sie liebte Schnee, liebte seine pulvrige Beschaffenheit, aber es war wichtig, ihn schnell wieder abzuklopfen, damit die Kälte nicht in die Haut eindrang. Zuerst musste sie sich hinsetzen, dann musste sie aufstehen und dann .
    Dann sah sie die Wölfin. Roch sie. Die weiße Winterwelt hatte keinen Geruch, aber die Wölfin - sie verbreitete einen widerlichen Gestank nach Hundegeifer. Das Untier hatte gelbe Augen, der Körper war von Sehnen durchzogen, mitten im Winter hatte sie alles Fett aufgebraucht. Die Wölfin war ausgehungert und trächtig. Anne war Frischfleisch für sie - ein gefundenes Fressen in der eisigen Winterwelt.
    Anne hörte sich schreien, der Schrei löste sich tief aus ihrer Brust. Die Wölfin sprang. Das Tier landete mit Wucht auf ihr, scharfe, gelbe Zähne schlugen in ihren Hals. Blut, überall Blut. Weißer Schmerz, weißer Schnee und Blut, ein Meer aus Blut, aus weichem, rotem Blut. Wie kam es, dass Blut sich so weich anfühlte?
    Die Wölfin schüttelte sie, schüttelte Annes Schulter. Sprach sie an und verbiss sich gleichzeitig in ihrem zarten Fleisch.
    »Anne? Anne, alles ist gut. Anne?«
    Ja, vielleicht würde alles gut werden. Sterben war leicht, das hatte sie immer gewusst.
    Anne seufzte. Dies sollte das Letzte sein, was sie je spüren würde. Sie ließ ihre Hände über den weichen, roten Schnee gleiten, während die Wölfin ihre
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