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Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun
Autoren: Iris Kammerer
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Kelch.
    »Sertorius lacht gerne über seine eigenen Scherze – aber meistens taugen sie nicht viel.« Cinnas Lippen umspielte ein verächtliches Lächeln.
     
    Während die Sklaven die Schüsseln und Platten mit Süßigkeiten auftrugen, erhob Cinna sich mit einem entschuldigenden Wink und ging zur Tür. Dem Bediensteten, der ihn begleiten wollte, gab er wortlos zu verstehen, dass er den Weg kenne. Der Sklave verneigte sich und verschwand im Schatten neben der Tür, als Cinna den Weg zum Innenhof einschlug. Es war ein glücklicher Umstand, dass der Weg zur Latrine durch das kleine Atrium führte, wo Asprenas’ Frau ihn bemerken musste. Sie würde von ihrer feinen Stickerei aufblicken und sehen, dass er in den schwach erleuchteten Nebenflur einbog.
    Im Hintereingang der Kammer, die der Empfangssklave bewohnte, blieb er stehen und schmiegte sich in das Dunkel des Türrahmens. Wieder einmal begrüßte er die Sorgfalt, die Asprenas darauf verwenden ließ, dass keine Lichter in Fluren und ungenutzten Räumen herumstanden, um das Zimmerwerk des Hauses vor gefräßigem Feuer zu schützen. Der Türsteher selbst war mit dem Bankett beschäftigt, und die beiden Wachposten betraten diese Kammer nie; sie standen regungslos zu beiden Seiten der Haustür, weit entfernt.
    Cinna hörte Leinen rauschen und streckte den Arm aus, fing die junge Frau ein und zog sie an sich. Ein warmer Duft nach Rosen und Myrrhe umhüllte ihn, als sie sich an ihn schmiegte. Seine Fingerspitzen fuhren durch ihren Haaransatz, er küsste ihre Wange, Schläfe, ihr Ohr und biss sacht hinein.
    »Ich habe nicht viel Zeit, meine kleine Taube«, flüsterte er. »Ich muss morgen sehr früh weg.«
    Sie fuhr zurück; ihre großen schwarzen Augen starrten ihn überrascht an. Rasch legte er seine Finger auf ihren Mund.
    »Scht. Nur ein paar Tage. Nichts Wichtiges.«
    Er beugte sich über sie, küsste sie und streichelte ihr Gesicht. Während ihr Körper in seinem Arm weich und nachgiebig wurde, bahnte sich seine Zunge einen Weg in ihren Mund.
    Viel zu bald löste sie sich von ihm. »Wann kommst du zurück?«
    »Das ist nicht sicher«, murmelte er. »Auf jeden Fall vor dem Fest.«
    Ihr fein frisiertes Haar schmeichelte sich in seine Halsbeuge; ihre Lippen streiften seine Haut über dem Schlüsselbein. »Ich werde dich vermissen.«
    Anstelle einer Erwiderung umschlang er sie für einen Augenblick, um sie dann sanft von sich zu schieben. Seine Hände legten sich um ihre Wangen.
    »Danach müssen wir sehen, wie wir unsere Schwierigkeiten lösen, kleine Taube.«
    Ein Blick schoss zu ihm hoch. Er lächelte bei dem Gedanken, dass er dabei war, seinem Befehlshaber die Frau abspenstig zu machen. Eine Frau aus bestem Hause – angesehener, wohlhabender und obendrein viel hübscher als die verschreckte Gans, die sein Vater ihm ausgesucht hatte. Seitdem Caesar Augustus im Sommer das lange angedrohte Gesetz durchgedrückt hatte, welches ledige Söhne und Töchter von der Erbfolge ausschloss, drängte der alte Herr auf eine neue Eheschließung, als bestünde Gefahr, dass er morgen bereits auf dem Totenbett läge. Diesmal war Cinna selbst fündig geworden, auch wenn es Wilderei war. Und sein Vater, Gnaeus Cinna Magnus, Enkel des vierfachen Consuls Lucius Cinna, des hartnäckigsten Widersachers Sullas, und andererseits des großen Gnaeus Pompeius, würde ihm die Füße küssen, wenn er erführe, dass sein Sohn eine Calpumia gewonnen hatte, eine Nichte der Witwe Iulius Caesars, ganz gleich, wie er zu dessen Nachfolger stand.
    »Es ist ganz einfach«, begann sie mit einem schelmischen Lächeln. »Im Winter begleitest du mich zurück nach Rom – und dann überlassen wir die Vertuschung des Skandals unseren Vätern und Lucius.«
    »Kluges Mädchen.« Er hauchte einen Kuss auf ihren Mund. »Ich muss zurück, ehe jemand Verdacht schöpft. Schlaf gut, kleine Taube, und versprich, von mir zu träumen.«
    Er umfasste ihre Hände, berührte sie mit den Lippen.
    »Wovon sollte ich sonst träumen? Sieh zu, dass Lucius nicht viel trinkt! Und … mögen Mars und Venus dich beschützen.«
    Widerstrebend entglitten ihre Finger seinen, dann drehte sie sich um und verschwand im dunklen Durchgang.
    *
    Der Platz vor dem Hauptgebäude der Kaserne war von Fackeln erleuchtet. Zehn Reiter hatten sich dort in Reih und Glied aufgestellt, neben ihnen der dazugehörige Decurio sowie ein Standartenträger, dessen Maskenhelm unter dem Wolfsfell gespenstisch glitzerte.
    Cinna nahm das lederne Päckchen aus
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