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Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun
Autoren: Iris Kammerer
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flacher Wachstafeln, die mit roten Riemen zusammengebunden und versiegelt waren.
    »Für den Fall, dass die Warnungen des Segestes ernst genommen werden müssen und mein Onkel Varus deinen Bericht dennoch in den Wind schlägt, habe ich Befehle vorbereiten lassen, die er nicht ignorieren kann.«
    »Gibt es Grund zur Sorge?«
    »Weil ein eifersüchtiger Wilder Gerüchte streut?« Asprenas zog kurz die Brauen hoch, ehe er die Unversehrtheit der Siegel prüfte und Wachstafeln und Tuch seinem Schreiber zurückgab, der alles sorgfältig wieder verpackte.
    »Die Zwietracht dieser Stämme ist es doch, die uns zuarbeitet – dieselbe Zwietracht, die dieses Grenzgebiet früher in Angst und Schrecken versetzte.« Gestenreich unterstrichen die Hände des Kommandanten seine Worte, eine altbekannte, in einem legendären Dichterwort gipfelnde Rede, die jeder seiner Stabsoffiziere auswendig hersagen konnte. »Wir haben den Stämmen Galliens Frieden gebracht, als sie sich in ständigen Kriegen zerfleischten, und dasselbe geschieht bei den germanischen Stämmen: Du aber, Römer, gedenk’ – so
    wirst du leisten dein Wesen -Völker kraft Amtes zu lenken und Ordnung zu stiften dem Frieden, Unterworfne zu schonen und niederzukämpfen Empörer. « Er wandte sich dem Tribun zu. »Es gilt, dieses Chaos zu ordnen, dann können wir den verdienten Tribut einziehen, und alle werden zufrieden sein. Die Menschen wollen nichts anderes als in Ruhe ihren Geschäften nachgehen und Nachkommen zeugen, denen sie das Erworbene vererben können. Und sie sind bereit, ihre Beschützer dafür reichlich zu entlohnen.«
    Knirschend drehte sich der Schlüssel im Schloss, nachdem der Schreiber die Tasche wieder in den Schrank gelegt hatte. Asprenas nahm den Schlüssel in Empfang und verbarg ihn in seinem Gürtel. Was immer in diese Tafeln geritzt war, es musste von ungewöhnlicher Wichtigkeit sein, wenn nur der Legat selbst und sein Schreiber, sein engster Vertrauter, davon wussten.
    Asprenas legte einen Arm um die Schultern des Tribuns. »Heute Abend solltest du dich vom reinen Wein fernhalten, damit du unterwegs nicht vom Pferd fällst, Cinna.«
    Er schob ihn auf den Gang hinaus, vorbei an zwei Türen, betrat den Speisesaal. Die drei breiten, hufeisenförmig angeordneten Liegen waren schon von einigen Gästen, Mitgliedern des Stabs der Ersten Legion, eingenommen worden, die sich an den vorbereiteten Häppchen gütlich taten. In den Schüsseln türmten sich Oliven und Eier, gekochte Aprikosen und Schnecken, und der Raum duftete nach feinen Ölen und frisch gebackenem Brot, gewürztem Wein und den Blütenkränzen, die die Wände schmückten.
    Mit einer gewissen Nachlässigkeit begrüßten die Gäste ihren Kommandanten im Chor. Cinna erkannte neben dem Lagerpraefecten den ranghöchsten Centurio und die fünf ritterlichen Tribunen, die geschlossen angetreten waren, um ihrem Befehlshaber die Ehre zu erweisen, indem sie die Glück bringende Zahl von neun Gästen voll machten.
    Asprenas und Cinna hatten sich kaum auf der mittleren Liege, dem Platz des Hausherrn und seiner Ehrengäste, niedergelassen, als ihnen zwei Sklaven die Hände wuschen und der erste Speisengang aufgetragen wurde.
    »Greift zu!«, ermunterte Asprenas seinen Stab, hob seinen Pokal und trank seinen Gästen zu. »Ich bedaure nur, dass ich euch keine angemessene Unterhaltung zum Essen bieten kann.«
    »Das ist gar nicht nötig, Legat«, entgegnete der Centurio. »Wir haben genug Stoff, um uns selbst zu unterhalten.« Über seinen Kelch hinweg nickte er Cinna mit einem anerkennenden Grinsen zu. »Ich hörte, dass unser Freund hier wieder einmal einem Anfänger eine Lektion erteilt hat.«
    »Ein ziemlich kurzer Gang mit dem Schwert«, fügte der Lagerpraefect hinzu. »Ich hörte, dass dieser Bursche kein Gegner für dich war.«
    Cinna spürte den leichten Stoß, den sein Nachbar ihm verpasste. Der Praefect schob den Kopf dicht heran, und seine Augen glommen boshaft.
    »Suchst dir ja immer die aus, die leicht zu werfen sind«, zischte er. »Ganz wie dieser Kerl in Athen, der dich mit anderen Waffen auf einem anderen Kampfplatz niederstreckte.«
    Er grinste gehässig, während der neben ihm ausgestreckte Offizier in seine Faust gluckste. Gerüchte machten in diesen Kreisen schnell die Runde. Schweigend wandte Cinna sich seinem Nachbarn zu, sein Blick bohrte sich in das Gesicht des Praefecten.
    »Was ist los, Freund Sertorius? Lass uns an deinem Spaß teilhaben.« Asprenas reckte sich nach seinem
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