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Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)

Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)

Titel: Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
Autoren: Merelie Weit
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dem Bode-Museum zurück auf die andere Seite. Hier gab es einen gemütlichen Biergarten. Einige Meter entlang der Spree war Kies aufgeschüttet worden. Man konnte sich einen Drink an der Strandbar holen und es sich in Strandkörben oder Liegestühlen bequem machen. Die riesigen, tiefen Fenster des Bode-Museums sahen schweigend herüber, während hin und wieder ein Ausflugsschiff vorbeifuhr. Emilia und Hilda fanden einen Platz direkt am Geländer, hinter dem das unergründlich schwarze Wasser der Spree gegen sein künstliches Bett aus Beton plätscherte. Sie hielten sich an ihre Verabredung. Problemthemen waren tabu. Hilda berichtete die neusten Anekdoten von ihren Kindern. Marie hatte sich aus freien Stücken entschieden, kein Fleisch mehr zu essen, weil sie Tiere zu sehr mochte. Die kleine Elli dagegen wollte auf ihren Schinken nicht verzichten. In ihrer Vorstellung wuchsen die Tiere schließlich einfach nach. „Aber Omas Hund wächst doch auch nicht nach!“, warf Marie ein. Doch Elli hatte eine einfache Erklärung dafür: „Na, der wird ja auch nicht gegessen, also kann er auch nicht nachwachsen“, und stopfte genüsslich weiteren Schinken in sich hinein. Emilia lachte und erinnerte sich an Geschichten aus der Zeit, als Jo noch klein war. Jo wurde immer furchtbar wütend, wenn er bei einem Spiel nicht gewann. Am meisten machte ihn Mensch ärger dich nicht fertig. Als er wieder mal verlor, wusste er einfach nicht wohin mit seiner Wut. Er sprang auf und drehte sich im Kreis, bis er endlich ein Ventil entdeckte: die Strümpfe an seinen Füßen. Mit dramatischer Geste zog er sie aus und schmetterte sie gegen die Wand. Danach spielte er nie wieder Mensch ärgere dich nicht .
    Sie lachten über Anekdoten aus ihrer eigenen Kindheit. Erst waren es noch lustige Begebenheiten, dann gingen sie zu den Gruseligen über, zu Einbrechern vom Feld hinterm Haus, die sich nachts eingeschlichen hatten und unterm Bett lauerten oder nächtlichen Geräuschen im Garten und Schatten an den Fenstern. Sie ließen sich über ihre Lehrer aus, die einem das Leben zur Hölle gemacht hatten und Mitschüler, die einfach schon völlig beknackt auf die Welt gekommen waren. Und dann packte Hilda die neuesten Krankenhausgeschichten aus. Da lagen seit einigen Wochen zusammen in einem Zimmer Herr Schwarz und Herr Weiß, beide weit über 70. Herr Weiß riss öfter das Fenster auf und schrie lauthals über den Krankenhaushof nach Wasser und Brot. Herr Schwarz dagegen hatte etwas gegen Langschläfer und war nicht davon abzubringen, Herrn Weiß jeden Morgen um sechs einen nassen Waschlappen ins Gesicht zu klatschen. Emilia lachte sich schlapp. Sie waren inzwischen bei ihrem vierten Drink angekommen. Das Leben konnte so unbeschwert und lustig sein. Warum gingen sie eigentlich nicht jeden Abend in eine Bar? Weil Bernhard dann die Haushaltskasse sperren würde, schoss es Emilia durch den Kopf. Und weil Hilda kleine Kinder hatte.
    Inzwischen waren sie jedenfalls in der richtigen Stimmung, zwar nicht direkt über Probleme zu reden, aber auf befreiende Weise über die Macken ihrer Männer herzuziehen. Marco schaffte es nie, ein paar zusammenpassende Socken anzuziehen. Inzwischen war Elli dabei, das nachzumachen und bestand auf unterschiedliche Sockenfarben, auch im Kindergarten. Um 11 Uhr abends bekam Marco regelmäßig noch mal Hunger. Dann begann er sich maßlos mit riesigen Stullen vollzustopfen und wunderte sich, dass er mit jedem Jahr fünf Kilo mehr wog. Vielleicht würde Hilda bald einen Hulk zu Hause sitzen haben.
    Außerdem schnarchte er wie ein Walross, so dass sie getrennte Schlafzimmer hatten. Getrennte Schlafzimmer, das klang traumhaft! , dachte Emilia, während Hilda mit dem fünften Cocktail in der Hand, versuchte, den richtigen Schnarch-Laut nachzuahmen. Emilia gab dazu die verschiedenen Arten von Stöhn-Lauten zum Besten, die Bernhard in seinem Repertoire hatte, um Unmut auszudrücken. Sie benahmen sich wie pubertäre Hühner – genau die Sorte, die vor irgendwelchen Einkaufscentern oder an einer Bushaltestelle lungerte und die Emilia entsetzlich fand.
    „Und wie stöhnt er im Bett?“, wollte Hilda wissen.
    „Na, gar nicht! Ich lass ihn doch nicht mehr ran!!“, grölte Emilia und verschluckte sich an einem Stück Erdbeere. Hilda hieb ihr beherzt auf den Rücken. Ein frisch verliebtes Pärchen im Nachbarstrandkorb verdrehte die Augen und wechselte den Platz. Midlifecrisis muss eine schreckliche Krankheit sein, dachten sie sicher und
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