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Der Traumkicker - Roman

Der Traumkicker - Roman

Titel: Der Traumkicker - Roman
Autoren: Insel Verlag
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handhaben.«
    In dieser Nacht schlief das Paar auf dem Billardtisch im Saal der Arbeitergewerkschaft.

Guten Morgen, sehr verehrte Damen und Herren! Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer, Patienten alle miteinander, einen wunderschönen guten Morgen! Hier spricht wie immer Ihr Freund Cachimoco Farfán, der schnellste Sportreporter von Coya Sur, der schnellste Reporter der Salpeterwüste und, beim großen Einlauf und allen phenylalaninen Hydrolasen, der schnellste der gesamten Welt, abgesehen vom unerreichten Meister Darío Verdugo, versteht sich, hier bin ich wieder bei Ihnen, in aller Herrgottsfrühe unter dieser sonntäglichen, schizophrenen, kataleptisch gleißenden Sonne, hier bin ich, meine Damen und Herren, rötlich und geröstet, einen widerlichen Schweiß absondernd, zäh wie Hustensaft, hier bin ich wie stets mit meinem treuen Arbeitsgerät (meinem Mikrophon, das mir irgendwelche otopyorrhötischen Verbrecher gestern Abend im Rancho Huachipato versteckt haben), hier bin ich, verehrte Damen und Herren, wie stets zur Stelle, um Ihnen in allen Einzelheiten schon die Vorbereitungen für dieses denkwürdige Sportereignis zu schildern, für diese letzte auf unserem Platz ausgetragenen Partie, die letzte Partie, die unsere geliebte weiß-gelbe Elf als Heimmannschaft spielen wird, für uns die letzte Partie vor dem Ende der Welt, und deshalb stehe ich hier, inmitten der ödesten Ödnis unter dieser Albinosonne und bin eselig vor Hitze in meinem schwarzen Anzug, diesemBeerdigungsanzug, der meine Trauer und meinen ganzen Schmerz ausdrücken soll an diesem für die Menschen von Coya so denkwürdigen Tag, stehe hier am Rand unseres geliebten Spielfelds, unseres ruhmreichen Spielfelds, das so viele schöne Erinnerungen weckt an all die unvergesslichen Freuden und auch an all die Pein, wir wollen es nicht verschweigen, hier stehe ich, noch bin ich allein, begleitet nur vom Schatten einiger Geier, die schankös am Himmel kreisen, als wollten sie vom nahen Tod künden, die Verlassenheit und Leere prophezeien, die sich über dieses Spielfeld legen wird, wo ich jetzt für Sie meine Übertragung begonnen habe, mutterseelenallein, wie gesagt, wäre da nicht der Schatten dieser düsteren Vögel und die rachitische Gestalt des kleinen Mannes, der für die Linien auf dem Spielfeld zuständig ist und in diesem Moment das Feld betritt; ja, verehrte Damen und Herren, liebe Hörerinnen und Hörer, hier sehen wir ihn schon, den Alten, sehen ihn gebeugt wie einen Landmann, der Kartoffeln aus dem Wüstenboden gräbt, sehen ihn mit seiner schäbigen Handkarre voller Salpeter, unserem hochgeschätzten weißen Gold, mit dem er die Linien nachziehen wird; ja, meine lieben Patientinnen und Patienten, hier ist der nie gebührend gewürdigte Don Silvestre Pareto, nicht nur ein begnadeter Linienzieher, nein, lästerliche Zungen nennen ihn den erbarmungslosesten Hundevergifter im Dienste der Abteilung für Soziales; dieselben gangränösen Zungen behaupten, Don Silvestre Pareto habe mit seinen vergifteten Hackbällchen mehr Hunde ausgerottet als die Kavallerie im Wilden Westen Apachen, er habe mehr Köter zur Strecke gebracht als der Schwarze Tod im MittelalterChristen; aber im Grunde seines Herzens ist der Alte ein netter Kerl, ein kleiner Mann, still und effizient wie ein Staphylococcus, stets hilfsbereit und wie aus dem Ei gepellt und Gewehr bei Fuß, genau wie jetzt, wo er wie jeden Sonntag im Jahr schon früh sein »Äckerchen« bestellt, was sein Name für unsere Sportstätte ist (vielleicht weil sie ihn an die Felder des Südens erinnert, woher er stammt), hier zieht er nun seine Linien und putzt das Feld heraus, auf dem er, wie er immer, wenn er sich betrinkt, Rotz und Wasser heulend sagt, begraben sein will, wenn er dereinst die Handkarre abgibt, ihm das Rohr krepiert, er in den hölzernen Anzug steigt, ihm sein herzensgutes Ehegespons, wie von seinen Saufkumpanen in den Kneipen prophezeit, dereinst die eigenen Strychnin-Hackbällchen zum Mittagessen serviert und er verreckt wie ein Hund; ja, sehr verehrte Damen und Herren, dort ist unser lieber Freund Silvestre Pareto, zieht jetzt unter der eiternden Sonne den Mittelkreis nach, und die Umsicht, die er dabei walten lässt, wäre eines Chirurgen würdig, der am Bauch einer Gebärenden die Stelle für den Kaiserschnitt markiert, dort zieht er mit bloßem Auge den Kreis, dessen Mitte exakt der Ort ist, wo dieser otopyorrhötische Alte seine congophylen Reste verscharrt sehen will, beim
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