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Der Traumkicker - Roman

Der Traumkicker - Roman

Titel: Der Traumkicker - Roman
Autoren: Insel Verlag
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schamlos. Schon öfter hatte sie die Frau im Minenladen gesehen mit nichts am Leib als ihrem verwaschenen Morgenrock.
    Die verrückte Maluenda marschierte von einer Schlange zur nächsten, ließ sich einen Platz freihalten, erledigte ihre Einkäufe und redete dabei hitzig auf die Frauen ein, dass sie am Sonntag zum Spiel kommen sollten. Man müsse es diesen Schweinehunden auf jeden Fall heimzahlen. Was sie ihrem Mann angetan hatten, solle sie teuer zu stehen kommen. Sie müssten nicht nur besiegt, sondern vermöbelt werden. Und dieser Ballzauberer bleibe hoffentlich da und trete für die Mannschaft an, weil die Männer nämlich sagten, dass wir mit dem auf dem Platz die staubfressenden Memmen in Grund und Boden spielen würden. »Die werden sich umgucken, wir gewinnen und machen sie fertig«, schrie Maluenda lauthals durch den ganzen Laden. Die Spieler müssten bloß das Ihre auf dem Platz tun, die Frauen vom Fanblock würden den Staubfressern dann nach dem Spiel die Fresse polieren.
    Die verrückte Maluenda war eine der rauflustigsten Frauen der Siedlung, gab im weiblichen Fanblock unangefochten den Ton an und war bei jedem Spiel der Mannschaft, ob zu Hause oder auswärts, mit von der Partie. Ihre Heldentaten auf den Fußballplätzen der Wüste waren Legende. Noch heute redete man davon, wie sie einmal bei einer Begegnung mit der Elf von Ricaventura (auf Ricaventuras eigenem Platz) aufs Spielfeld gelaufen war und dem Rechtsaußen der Hausherren den Absatz ihres Schuhs über den Schädel gezogen hatte, weil der durch ein Foul von der Größe eines Sattelschleppers Tarzán Tirado schwer verletzt hatte. Wie frisch aus der Anstalt entsprungen, ging sie sodann wutentbrannt mit ihren Schuhen auf den Schiedsrichter los, der den Übeltäter nicht vom Platz gestellt hatte, und auf zwei Polizisten, die ihr beim Versuch, sie vom Spielfeld zu schaffen, im Handgemenge versehentlich an die außergewöhnlich großen Brüste packten. »An mich und meine Titten kommt mein Mann ran und sonst keiner, ihr uniformierten Rindviecher!«, zeterte sie und schlug zornig mit ihren Schuhen um sich. »An mich kommt mein Mann ran und sonst keiner«, war ein Satz, mit dem die verrückte Maluenda gern hausieren ging, obwohl die gesamte Siedlung die schamlosen und wiederholten Seitensprünge hätte bezeugen können, mit denen sie unseren armen Schlussmann quälte.
    Da die Polizisten unserer Siedlung die Tobsuchtsanfälle der Frau schon am eigenen Leib erfahren hatten, waren sie bei den Heimspielen vor ihr auf der Hut. Im knielangen, hautengen Rock schüttelte Maluenda wie ein Schulmädchen die kleinen Puscheln aus Papier, stimmte Schlachtgesänge an und brach in Kriegsgeschrei aus (und nervte alle Welt mit der kindischen Angewohnheit, bei jedem Tor für uns händeweise Erde in die Luft zu werfen) und schrie und hüpfte mehr als alle anderen bei den offiziellen Spielen um unsere klägliche Meisterschaft, einem Turnier mit gerade einmal fünfVereinen und zwei Ligen (erste und zweite), zu dem sich allerdings Sonntag für Sonntag die halbe Siedlung getreulich um das Spielfeld versammelte.
    Unsere offizielle Meisterschaft war arm, aber ehrbar. Auch wenn sie in der Schiedsrichterfrage auf ganzer Linie versagte. Die vorgesehenen Unparteiischen ließen sich fast nie blicken, und immer hatten die Mannschaftskapitäne den Ärger am Hals und mussten unter den Zuschauern auf der Tribüne einen Ersatz auftreiben. Von Linienrichtern ganz zu schweigen, die waren für uns ein unvorstellbarer Luxus. Zur unvermeidlichen »dritten Halbzeit«, die hinterher an den Tischen in der Kneipe ausgetragen wurde, waren dann aber, Hokuspokus, alle wieder zur Stelle, der Schiedsrichter, die Linienrichter und sogar die gesamte Vereinsspitze. Da musste man sie nicht erst mühselig auftreiben.
    In diesen feuchtfröhlichen dritten Halbzeiten gingen Finten und Torschüsse niemals daneben, und ausnahmslos alle vollbrachten die größten nur denkbaren sportlichen Glanztaten. Und wie man beim Spiel den Platz den Besten am Ball überließ und die Schwächeren, die immer pünktlich zur Stelle waren, das Nachsehen hatten (»da waren wir manchmal schon spielbereit, mein Freund, und dann taucht der Star der Mannschaft auf und schickt uns mir nichts, dir nichts vom Platz«), so waren die besten Plätze am Tisch stets für diese elenden Schnorrer reserviert, die am Ende mehr tranken als alle anderen und nie einen Peso bezahlten.
    Außerdem hatten wir immer den verrückten Cachimoco Farfán am
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