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Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie

Titel: Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie
Autoren: Shana Abé
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an war ihr Leben für sie vorgezeichnet gewesen, zuerst von ihrem Ehemann und dann - ganz entschlossen - von ihr selbst. Und Maricara hatte für eine Weile geglaubt, ihren Weg tief und sicher genug eingegraben zu haben, um alle weiteren Veränderungen zu vereiteln, damit sie und ihr Schicksal gesichert waren. Sie hatte jetzt beinahe zwanzig Jahre hinter sich gebracht und wusste, wie sie selbst die Berge ihrem Willen beugen konnte.
    Bis vor sechs Monaten, als ihre Nächte zu verschwinden begannen.
    Der Himmel hinter dem Fenster erstreckte sich in reinem, bodenlosem Azurblau. Es würde ein sonniger Tag werden. Die Schneewehen im Burghof schimmerten bereits blendend hell, und sie hörte das Knirschen von Fußtritten einer sich nähernden Gruppe von Männern, bevor sie sie sah. Sie blickte nach draußen, blinzelte und hob eine Hand, um ihre Augen abzuschirmen.
    Fünf junge Männer am Tor, die ein dunkles Etwas zwischen sich trugen. Ein Reh höchstwahrscheinlich. Oder ein wilder Eber. Sie seufzte und schloss die Augen, dann lehnte sie sich mit der Schläfe gegen das Glas. Sie verspürte einen Widerwillen, Zeugin von noch mehr Tod zu werden, auch wenn dies nur zufällig geschah … Aber als sie die Lider wieder aufschlug, waren die Männer näher gekommen, und
das Ding, das sie trugen, hatte eine schlaffe blasse Hand, die nach unten baumelte.
    Maricara war nicht die Erste, die bei den Männern ankam. Die Torwächter hatten sich bereits im Hof versammelt, zusammen mit zwei Melkerinnen und vier der Pferdeknechte. Bei ihrer Ankunft machten sie ihr mit zusammengepressten Lippen und gesenkten Köpfen Platz. In ihrer Hast rutschte eine der Melkerinnen in ihren hölzernen Pantinen aus; die Flüssigkeit aus dem Eimer, den sie auf dem Kopf balancierte, spritzte in unsichtbaren Tropfen auf den Schnee.
    Bei der dunklen Gestalt handelte es sich um einen Mann. Seine Haut wirkte merkwürdig grau, das Haar schimmerte flachsfarben, und seine glasigen Augen standen offen. Als sie sich näherte, veränderte sich das Licht. Sie erkannte, dass es sich bei der grauen Farbe tatsächlich um Frost handelte, ein eisiges Funkeln über den Wangenknochen, dem Backenbart und den strohfarbenen Wimpern. Er sah anmutig und irgendwie vertraut aus in seinem zerrissenen Pariser Mantel und den offensichtlich neuen Stiefeln. An der lose baumelnden Hand trug er einen goldenen Siegelring. Er war zweifellos kein Leibeigener.
    »Wer war er?«, fragte sie und schaute zu den Jägern auf.
    »Ein Edelmann.« Der Anführer der Gruppe nickte ihr zu, ohne den Blick zu heben.
    »Meine zutiefst empfundene Entschuldigung. Wir wissen es nicht. Wir fanden ihn vor der Dämmerung auf der Straße. Kein Pferd, keine Kutsche und auch keine Papiere.«
    »Wo?«
    »In den Wäldern, Hoheit.«
    »Wo?«, fragte sie in schärferem Ton.
    »Deda«, murmelte ein anderer Mann. »In der Nähe von Deda.«

    Maricara blinzelte, aber das war auch schon alles. Sie bedeutete den Jägern mit einer Geste, den Mann niederzulegen, kniete sich neben den Körper - wobei der Boden unter ihr einen eisigen Stoß durch ihre Knie schickte - und öffnete den Mantel. Er war steif von Blut und glitzerte dunkel. Man brauchte nicht erst nach der Quelle zu suchen. Der Hieb, der den Übermantel zerfetzt hatte, hatte auch den Rock und die Weste zerrissen, noch tiefer die darunterliegende Haut seiner Brust durchstoßen und die Stelle freigelegt, an der sich das Herz hätte befinden müssen.
    Maricara setzte sich auf die Fersen zurück. Sie schaute nach unten und bemerkte eine Flocke gefrorenen Blutes auf ihrem Mieder, die sie entschlossen wegschnippte.
    »Das war das Werk von Menschen«, erklärte sie laut und schaute dann in die Gesichter um sie herum. Keiner wagte es, ihrem Blick zu begegnen. Eine der Melkerinnen starrte mit weißem Gesicht auf die zerstörte Weste, und ihre Augen weiteten sich und wurden feucht.
    »Männer haben das getan«, beharrte Maricara und kam auf die Füße … Aber sie sah sich dazu gezwungen, einen langen Augenblick still stehen zu bleiben und gegen eine Woge der Übelkeit anzukämpfen, die alle Farben vor ihren Augen verblassen ließ und schmerzende Widerhaken bis in ihre Fingerspitzen schickte.
    Nicht ohnmächtig werden. Auf keinen Fall. Du darfst hier nicht kapitulieren.
    Sie biss die Zähne zusammen und wies noch einmal in Richtung der Jäger. Die Männer rührten sich, stießen Wolken aus Atemluft aus und wechselten Blicke, während sie näher an den Körper herantraten. Als sie
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