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Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie

Titel: Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie
Autoren: Shana Abé
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ihn dieses Mal hochhoben, zwang Maricara sich dazu, die kalte Hand zu ergreifen und auf die Brust des Fremden zu legen.

    Das Siegel stach ihr ins Auge. Sie nestelte an dem Ring herum, drehte ihn um den Knöchel, bis sie die Vorderseite erkennen konnte und das in das Metall getriebene Muster.
    Ein Drache mit ausgebreiteten Flügeln und entblößten Zähnen, der sich um den Buchstaben D schlang.
    Sie kannte dieses Wappen. Sie hatte es bislang genau dreimal in ihrem Leben gesehen, sorgfältig in das Wachs auf den Briefen aus England geprägt. Von dem Grafen Chasen.
    Der Mann hier war Engländer gewesen. Und ein Drákon.
    Irgendwie hatte jemand es fertiggebracht, einen Drákon zu töten.
    Gott mochte ihr beistehen, wenn es sich um den Grafen selbst handelte.
    »Bringt ihn - in das Getreidelager. Und holt den Prinzen. Ihr fünf - los! Hört ihr mir zu? Bleibt bei ihm, bis seine Hoheit eintrifft. Lasst niemanden in seine Nähe.«
    »Ja, Mylady.«
    »Der Rest von euch - habt ihr nicht noch Arbeit zu erledigen? Kühe melken sich nicht allein, wenn ich mich recht erinnere.«
    Sie sah zu, wie alle sich davonmachten, sah zu, bis sie allein im Burghof stand unter den blinden Augen all der Fenster von Zaharen Yce. Eine lange, gedrehte Locke ihrer Perücke wippte träge gegen ihren linken Unterarm - grau wie die Haut des toten Mannes.
    Maricara konnte das Rauschen der Kiefern in den Bergen hören und Vögel, die sich in ihren Nestern regten, und die kleinen Herzschläge all der unter der Erde grabenden kleinen Wesen. Mit Leichtigkeit vermochte sie die geflüsterte Unterhaltung der beiden Melkerinnen zu hören, die den Fußweg zu der Meierei hinuntereilten.

    »Wie kann sie behaupten, dass Männer das getan haben? Wie können wir sicher sein, dass es nich…«
    »Weil«, antwortete die andere ebenso leise, »sie nicht mit seinem Herzen aufgehört hätte. Sie hätte ihn ganz aufgefressen.«

2
    Tee hatte er nie gemocht. Es kam ihm irgendwie lächerlich vor, den Tag mit Miniaturkuchen und trockenen Sandwiches ohne Kruste zu unterbrechen und mit zerbrechlichem Porzellan, das in seinen Fingern immer in zwei Hälften zu zerspringen schien. Tee, überlegte Kimber, war eine weibliche Erfindung, beherrscht von Frauen eines bestimmten Typs, nämlich leicht zerknittert, mit Schleifen geschmückt und mit einem eisernen Willen ausgestattet.
    Wenigstens fand die Teezeremonie hier in Chasen statt. Zu dieser Stunde taten sich seine Schwestern immer zusammen, um ihn zu überflügeln.
    »Aber Kim«, sagte Joan in ihrer netten, vernünftigen Art, »du siehst doch bestimmt ein, wie nutzlos die ganze Sache geworden ist. Wir haben nach wie vor kaum eine Vorstellung davon, wie viele andere Drákon es noch gibt. Wenn sie so weit verstreut sind, wie Lias Brief das nahelegt, dann müssten wir reichlich Mittel darauf verschwenden, sie auch nur aufzuspüren.«
    »Das haben wir bereits«, bemerkte Audrey und nahm einen Schluck aus ihrer lächerlich zierlichen Tasse.
    »Und mit welchem Ergebnis?«, fragte Joan in perfekter Ergänzung. Kimber wusste aus Erfahrung, dass sie über Stunden
hinweg so weitermachen konnten. »Gerüchte und Geschichten vom Hörensagen. Das oberflächliche Geschwätz von verängstigten Bauern, die kaum einen ganzen Satz in Französisch zusammenbekommen. Keine Burg. Keine Gewissheit, auch nur ahnen zu können, wie die Briefe der Prinzessin uns erreichen konnten oder unsere sie. Es scheint, als hätten sie sich aus der leeren Luft manifestiert.«
    »Wie Rauch«, sagte Rhys leise von seinem Stuhl in der Ecke her und erwiderte Joans Blick mit unschuldig hochgezogenen Augenbrauen.
    Schweigend betrachtete Kimber seine Geschwister. Er vermutete, dass es ihm gut tat, herausgefordert zu werden, selbst auf diese mit Zucker überzogene, ausweichende Art. Wenn auf sonst nichts, so konnte er darauf zählen, dass diese Mittwochnachmittage die Illusion hinsichtlich seiner Stellung hinwegfegten und ihn recht nachdrücklich daran erinnerten, dass er zwar der Anführer seines Stammes, aber für diese drei speziellen Personen immer noch ein Familienmitglied war.
    Und das war gut so, sagte er sich selbst. Er beäugte den lauwarmen Ceylontee in seiner Tasse. Ohne jeden Zweifel war es gut.
    Sehr vorsichtig setzte er das mit Blumen bemalte Behältnis auf dem Tisch vor seinen Beinen ab. Das Buttergelb der Rosen passte exakt zu dem Rand des Westmorland-Teppichs und den Schweizer Vorhängen mit den Applikationen, welche die Fenster und die zum Garten
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