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Der träumende Diamant 2 - Erdmagie

Titel: Der träumende Diamant 2 - Erdmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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sein Dolch, sein Rapier und sein scharfer Verstand. Außerdem trug er seine beste Hofkleidung, und wer auch immer dieser Comte war - Zane hatte vor, sich den Mann gründlich anzusehen. Und sollte der Mann allein anzutreffen sein, beschäftigt mit zu viel Wein oder einer willigen Frau, dann könnten sie möglicherweise einige Worte wechseln.
    Auf jeden Fall würde er nicht das Risiko eingehen, die Nacht im Gasthaus zu verbringen, nicht zu diesem Zeitpunkt, und schon allein aus diesem Grund verspürte Zane den Drang, jemand anderem ein wenig Schmerz zuzufügen.
    Sein Spazierstock stieß nur sehr leise auf dem Gehweg auf. Sein Dreispitz mit den goldenen Knöpfen saß schräg auf seiner Perücke, was verwegen aussah, aber es war die einzige Möglichkeit, wie er für einen klaren Blick sorgen konnte. Er erwiderte das Nicken der Vorübergehenden freundlich und musterte ihre Gesichter. Auf seinem Weg ließ er sich von seinem Gefühl, der Richtungsweisung des Angestellten aus dem Gasthaus und der ständig länger werdenden Reihe von Kutschen leiten, die die Straßen versperrte.
    Mit hohen Stimmen versuchten Sänftenträger, sich durch die Menschenmengen zu schieben, und rannten mit ihrer schwankenden Fracht an ihm vorbei. Kräftige Pferde glänzten
schweißnass unter dem Licht der Öllaternen und prusteten eisige Nebelwolken aus den Nüstern in die Nacht. Die Wappen an den Kutschen - auf den Türen und den Radnaben - waren in fröhlichem Rot und Grün und Gelb und in lebhaftem Blau gemalt. Schon bald hörte Zane das Orchester spielen, denn sein Schlendergang brachte ihn viel schneller zum Ball des Comte als all die anderen vornehmen Adligen, die in ihren Kutschen festsaßen.
    Er hatte vorgehabt, sich der Festlichkeit auf die gleiche Weise zu nähern, wie er allem Unbekannten gegenübertrat, nämlich hinten in einem Kreis von anderen, von wo aus er aus angemessener Entfernung die Lage erfassen konnte, ehe er selbst gefordert wurde. Aber die halbe Stadt schien auf dem Weg dorthin zu sein, und schon aus einer Entfernung von drei Häuserblocks konnte er erkennen, dass es keine Möglichkeit einer unbemerkten Ankunft geben würde. Der Ort war von Zäunen und Toren mit großen, gefährlich aussehenden Spitzen umgeben, und an jeder Ecke standen livrierte Wachen.
    Nun gut.
    Am Wachhaus übergab er seine quadratische Einladung einem Lakaien, der sie mit ungerührtem Gesichtsausdruck entgegennahm und ihn mit einer Verbeugung auf die geharkte Zufahrt zum Haus treten ließ. Die massiven, bronzebeschlagenen Türen zum Palast standen bereits offen. Als Zane die Treppe emporstieg, wehte ein Schwall heißer Luft an ihm vorbei, ein Gemisch von Paprika und Schweiß und dem moschusartigen Duft zu vieler Parfums.
    Zane betrat das Atrium, wo sich weitere Lakaien befanden und Kerzen in ihren Leuchter flackerten. Über ihm schimmerte ein Mosaik aus hohen, bunten Glasfenstern, durch die
blaues und gelbes Licht hereinfiel. Die Musik wurde klarer, die Hitze noch schlimmer.
     
    Er war in vielen der prächtigsten Häuser Londons gewesen; er hatte die Ballsäle sowohl im Kerzenschein wie auch in der hilfreichen Dunkelheit des Neumondes gesehen. Vor langer Zeit, in einem Sommer, als er noch ein Junge gewesen war, war es ihm sogar gelungen, bis in den Salon der Stadtresidenz der Prinzessin von Wales vorzudringen - aus reiner Kühnheit und auch nur, weil er tief im Innern nicht geglaubt hätte, dass es ihm gelingen könnte.
    Die Prinzessin hatte in einem opulenten Zimmer mit rosafarbenem Alabaster und barocker Einrichtung gewohnt. Sie hatte Tee aus winzigen Tassen mit Silberrand getrunken. Ihre Tischtücher waren von mattem Blau gewesen, mit echtem Gold bestickt, und ihr Laufbursche hatte geschnarcht. Zane war damals dreizehn Jahre alt gewesen - ein barfüßiger, dunkler Eindringling, der nichts angerührte hatte.
     
    Er hätte nie geglaubt, einen noch beeindruckenderen Ort als jenen zu sehen zu bekommen, obwohl es sich damals nur um ein Vorzimmer gehandelt hatte.
    Aber dieser Comte, so schien es, stach die Prinzessin noch aus. Hier gab es Säulen aus warmem, ockerfarbenem Marmor mit türkisgrünen Intarsien und zitronengelber Täfelung. Ölgemälde von bärtigen Männern und von Frauen mit Augen wie Rehkitze, in Pelze und Samt gehüllt und mit juwelenbesetzten Kronen geschmückt, reichten bis zum zweiten Stock empor.
    Riesige Vasen mit frischen Blumen - Orchideen, und das
im Oktober - wiesen den Gästen den Weg zu einer weiteren Flügeltür. Zane schloss

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