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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten
Autoren: George Pelecanos
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gevögelt, während ihre Kinder unten vor der Glotze saßen?«, fragte Bonano, den Blick immer noch auf sein Handy gerichtet, das die Titelmelodie von Zwei glorreiche Halunken spielte. Bonano, ein dunkler Typ mit groben Gesichtszügen und großen Händen, hielt sich gern für einen Cowboy, dabei sah er so italienisch aus wie ein Teller Spaghetti.
    »Als sie laut wurde, hab ich ihr den Mund zugehalten«, erklärte Holiday schulterzuckend. »Sie hat mir fast ein Stück aus der Hand rausgebissen.«
    »Gib nicht so an«, sagte Fink.
    »Das ist die reine Wahrheit«, beteuerte Holiday. »Dieses Weib war ein Raubtier.«
    Der Barkeeper, Leo Vazoulis, korpulent, mit beginnender Glatze, dünnem grauem Haar und schwarzem Schnurrbart, stellte ihre Getränke auf den Tresen. Leos Vater hatte das Haus vor vierzig Jahren von seinem Ersparten gekauft und darin einen Imbiss betrieben, bis ihn ein Herzinfarkt niederstreckte. Leo hatte es geerbt und aus dem Imbiss eine Bar gemacht. Da das Haus schuldenfrei war, hatte er außer Steuern und Betriebskosten keine finanziellen Belastungen, und so kam er gut über die Runden, ohne sich abzurackern wie sein Vater. So sollte es sein, wenn Eigentum von Vätern auf Söhne überging.
    Leo leerte die Aschenbecher und ging wieder.
    »Das erklärt noch nicht, warum du dich so parfümiert hast«, sagte Fink.
    »Das ist Deo«, erklärte Holiday. »Das heißt, auf der Dose stand, es ist Deo und Eau de Cologne in einem oder so, was weiß ich.«
    »Ich hab davon gehört«, warf West ein. »Scheint der neueste Renner zu sein.«
    »Heute Morgen lieg ich also im Bett von dieser Frau«, fuhr Holiday fort, »warte darauf, dass die Kinder aus dem Haus gehen, und plane meinen Abgang. Als ich höre, wie die Tür zuschlägt und sie draußen den Wagen anlässt, steh ich auf, gehe in das Zimmer von ihrem Sohn und sprühe mir unter die Achseln, was er da eben so auf der Kommode stehen hat. Da unten, ihr wisst schon, hab ich mich auch eingesprüht. Um ihren Geruch loszuwerden.«
    »Axe«, sagte Bonano, wie um es sich einzuprägen.
    »Axe Rejuvenate stand auf der Dose. Ist anscheinend bei jungen Männern sehr beliebt.«
    »Du riechst wie eine Hure«, stellte Fink fest.
    Holiday drückte seine Zigarette aus. »Genau wie deine Mutter.«
    Sie tranken aus und bestellten noch eine Runde. Bonano ignorierte weitere Anrufe auf seinem Handy, Fink nahm einen an und versprach einer Hausfrau in The Palisades, »irgendwann nächste Woche« vorbeizukommen, um ihr Wohnzimmer auszumessen. Nach dem Gespräch ging Fink zur Jukebox, warf mehrere Quarter ein und wählte ein paar Stücke. Sie hörten einen Song von Ann Peebles, dann einen von Syl Johnson, und als die Band einsetzte, nickten sie alle im Takt.
    »Wie läuft’s mit dem Roman, Brad?«, erkundigte sich Holiday, klopfte eine Zigarette aus der Schachtel und stieß Fink mit dem Ellenbogen an.
    »Ich arbeite im Kopf dran«, antwortete West, der einen grauen Bart und langes graues Haar hatte. Den Bart hatte er sich wachsen lassen, nachdem Fink zu ihm gesagt hatte, mit diesen Haaren sehe er aus wie eine alte Lady.
    »Müsstest du nicht da oben im New Yorka sitzen, oder wie dieser Laden heißt?«, fragte Fink. Er meinte das Café mit der überladenen Inneneinrichtung außerhalb der Distriktgrenze, an der Ecke hinter dem Crisfield’s. »Da seh ich ständig Typen aus deiner Gegend vor ihrem doppelten Latte sitzen und in ihre Notebooks tippen.«
    »Mit Baskenmützen«, schmückte Bonano aus.
    »Die schreiben doch gar nicht richtig«, sagte West. »Das sind bloß Hirnwichser.«
    »Ganz anders als du«, bemerkte Holiday.
    Sie sprachen über den jungen Quarterback, den Gibbs neu entdeckt hatte. Sie sprachen darüber, welche der Desperate Housewives sie gern vögeln und warum sie die anderen nicht mit der Kneifzange anfassen würden, und über den neuen Chrysler 300. Bonano sagte, ihm gefiele die Form, mit nachgerüsteten Felgen sehe der Wagen aber so »niggerhaft« aus. Er fand, das sei die treffendste Beschreibung für die Räder. Trotzdem blickte er um sich, ehe er sie aussprach. Abends bestand das Publikum dieser Bar hauptsächlich aus Schwarzen, ebenso das Personal. Nachmittags waren sie oft unter sich: vier alternde weiße Alkoholiker, die nicht wussten, wohin.
    Von Autos kamen sie ganz von selbst auf Kriminalität zu sprechen, und die anderen wandten sich Holiday zu, der am besten über das Thema Bescheid wusste.
    »Es wird besser«, stellte Fink fest. »Die Mordrate ist nur noch
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