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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten
Autoren: George Pelecanos
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diese Leute zurück«, sagte Cook zu dem blonden Officer. »Vor allem die Presse, haben Sie verstanden?«
    »Ja, Sir«, antwortete Dan Holiday.
    »Und nennen Sie mich nicht ›Sir‹, Junge. Ich bin Sergeant.«
    »In Ordnung, Sergeant Cook.«
    »Ich meine es ernst. Vorhin haben Sie diese junge Frau durchgelassen, und sie ist hingegangen und hat gekotzt, keine drei Meter von der Toten entfernt.«
    »Es wird nicht wieder vorkommen«, versicherte Gus Ramone.
    »Wenn Sie hier ordentlich Ihren Job machen«, fuhr Cook fort, »dann sind Sie eines Tages die Polizisten, für die Sie sich jetzt halten.«
    »Jawohl«, sagte Holiday.
    Cook wandte sich ab, und sein Blick schweifte über die Gaffer hinter dem gelben Absperrband: mehrere Kids aus der Nachbarschaft, ein paar auf Fahrrädern, und Erwachsene, deren Häuser an den Gemeindegarten grenzten. Eine alte Dame in einem Hauskleid und mit offenem Mantel, deren Brüste ihr bis auf den Bauch hingen. Und ein Mann in den Zwanzigern in der Uniform eines Sicherheitsdienstes, mit Sam-Browne-Gürtel, einen roten Aufnäher mit dem Firmenlogo auf dem Ärmel, eine Hand in der Tasche seiner blauen Hose. Cook musterte sie alle, während er ein letztes Mal tief an seiner Viceroy zog; dann ließ er die Zigarette auf den feuchten Boden fallen und trat sie aus.
    »Machen Sie weiter so«, sagte Cook. Er ging zurück zu der Leiche von Eve Drake, seinen neuen Stetson ein wenig schräg auf dem kahlen Kopf.
    Eine junge Dame aus der Nachbarschaft mit knackigem Hintern in einer acid-washed Jeans ging an Holiday vorbei und warf ihm dabei einen koketten Blick zu. Er nahm Haltung an und grinste ihr zu, wobei sich in den Winkeln seiner eisblauen Augen kleine Falten bildeten.
    »Die würde ich gern mal nageln«, sagte Holiday.
    »Sie ist ein bisschen jung, Doc.«
    »Wie heißt es doch so schön: ›alt genug, am Tisch zu sitzen, alt genug zu essen.«‹
    Ramone sparte sich jeden weiteren Kommentar. Er kannte Holidays Weisheiten zur Genüge.
    Holiday stellte sich die junge Frau nackt im Bett vor. Und dann wanderten seine Gedanken, wie so oft, zu seinen ehrgeizigen Zukunftsplänen. Was er sich mehr als alles andere wünschte, war, einmal so respektiert und geachtet zu werden wie T.C. Cook. Er wollte ein wirklich guter Polizist sein. In schillernden Farben malte er sich aus, wie seine Karriere verlaufen würde. Er sah Belobigungen vor sich, Auszeichnungen, Beförderungen. Und dem Sieger die Kriegsbeute.
    Ramone hatte keine solchen Ambitionen. Er machte einfach seinen Job, indem er die Zivilisten vom Absperrband zurückhielt. Breitbeinig stand er da und dachte an eine Frau, die er in einem blauen Badeanzug am Rand des Schwimmbeckens in der Academy gesehen hatte. Ihre Figur und ihr warmes Lächeln gingen ihm nicht mehr aus dem Sinn, seit er ihre Hand berührt hatte. Er hatte vor, sie sehr bald anzurufen.

    Während Holiday und Ramone im 6. Bezirk arbeiteten und träumten, gaben Washingtoner und Bewohner der Vororte am anderen Rand der Stadt ihr Geld in Restaurants und Bars aus, aßen ausgezeichnete Steaks und tranken Single-Malt Scotch, die Männer in schwarzen Anzügen und mit roten Krawatten, die Frauen in Kleidern mit Schulterpolstern, mit hochhackigen Pumps und gewagten Frisuren, die sie bei Krystle Carrington gesehen hatten. Auf den Toiletten dieser Restaurants und Bars sahen Republikaner und Demokraten über ihre Differenzen hinweg und zogen einträchtig so manche Linie Koks. Aus jedem Radio ertönte »Money for Nothing«, und die Simple Minds sollten bald in der Stadt auftreten. Gerüchteweise hieß es, Prince werde dieses Wochenende zum Shopping nach Georgetown kommen, und die wohlhabenden »Punk«-Kids bei Commander Salamander erwarteten gespannt seine Ankunft. Kulturinteressierte gingen in eine Doppelvorstellung von Reise nach Indien und Hitze und Staub im Circle Theater. Im Capital Centre verfolgten Basketballfans, wie Jeff Ruland, Jeff Malone und Manute Bol es mit den Detroit Pistons aufnahmen. Der Applaus von den Zuschauertribünen und das Gelächter in den Bars waren ohrenbetäubend, mitreißend. Auf Partys wurden Witze über Aids gemacht, und es war die Rede von einer neuen Droge, die in die Stadt kommen sollte; so ähnlich wie Kokain, nur dass man sie rauchte und dass sie für Schwarze war. Außer in den Nachrichtenredaktionen und bei den Strafverfolgungsbehörden der Stadt sprach kaum jemand über die gewaltsamen Tode dreier schwarzer Teenager in Southeast.
    Während diese dynamischen jungen
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