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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten
Autoren: George Pelecanos
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ist niedergeschlagen«, stellte Fink fest. »Die vielen Morde dieses Wochenende betrüben ihn.«
    »Ja, dieser Polizist außer Dienst, der draußen in P. G. den Abgang gemacht hat«, warf Bonano ein. »Habt ihr davon gelesen?«
    »Stand in der Post«, sagte Fink. »Du hast es doch sicher auch gesehen, nicht wahr, Doc?«
    Holiday nickte. Er hatte gestern von der Sache mit Grady Dunne gelesen. In dem Bericht hieß es, ein MPD-Cop außer Dienst und zwei weitere Männer seien in P.G. County erschossen worden. Einer davon war ein ziemlich bekannter Ex-Krimineller mit Vorstrafen wegen Drogenhandels. Der andere wurde nur als männlicher Schwarzer identifiziert. Ein Romeo Sowieso. Holiday erinnerte sich nicht an den Namen.
    Die Polizei suchte einen dritten Verdächtigen, der wahrscheinlich den Officer erschossen hatte. Bezeichnenderweise lieferte der Sprecher keine Erklärung für Officer Dunnes Anwesenheit am Tatort.
    »Entweder hat er undercover gearbeitet oder so was in der Art«, spekulierte Fink, »oder mit diesen Typen gemeinsame Sache gemacht, das würde bedeuten, dass er ganz gewaltig Dreck am Stecken hatte. Was denkst du, Doc?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Holiday.
    »Neunter Bezirk«, sagte Bonano. »Verdammt, da geht’s zu wie in Tombstone.«
    Holiday hatte in der Post auch eine Meldung über Cook gesucht und im Lokalteil unter »In Kürze« eine Notiz gefunden, nur einen einzigen Absatz. Darin stand außer Cooks Namen nur, dass der Mann in einem Auto in New Carrollton gefunden wurde und dass er anscheinend eines natürlichen Todes gestorben war. Die längere Geschichte würde früher oder später folgen, sobald jemand in der Nachrichtenredaktion darauf stieß, wer er war: der alte Detective, den die ungelösten Palindrom-Morde nie losgelassen hatten.
    West bedeutete Leo, er solle die nächste Runde bringen.
    »Bist du dabei, Doc?«, fragte Bonano.
    »Nein.« Holiday trank seinen Wodka Tonic und warf einen Zehner auf den Tresen. »Ich muss los, arbeiten.«
    »Am Sonntag?«, fragte Fink.
    »Chauffeure arbeiten auch sonntags.« Holiday nahm seine Zigaretten und Streichhölzer vom Tresen und schob sie in die Taschen seines schwarzen Jacketts. »Gentlemen.«
    Fink, Bonano und West sahen Holiday nach, als er das Leo’s verließ. Sie lauschten dem Intro zu »Just a Little Overcome« von den Nightingales und senkten die Köpfe in Andacht über den herrlichen Song, während sie auf ihre Drinks warteten.
    Eine halbe Stunde später saß Holiday am Steuer seines Town Car in einer Nebenstraße in Good Luck Estates. Neben ihm lagen T.C. Cooks Fernglas, ein paar Granola-Riegel und eine Flasche Wasser. Im Fußraum stand ein großer leerer Becher, in den er, wenn nötig, urinieren konnte. Im Kofferraum des Lincoln befanden sich eine Brechstange, eine wiederaufladbare Taschenlampe mit Stahlgehäuse von Streamlight Stinger, die auch als Waffe zu gebrauchen war, ein Teleskopschlagstock, ein Paar Handschellen aus gebläutem Stahl, Klebeband, ein Dreißig-Meter-Automatikmaßband, eine Digitalkamera, die Holiday nicht bedienen konnte, und andere Werkzeuge und Polizei-Ausrüstungsgegenstände.
    Ein paar Meter entfernt stand Reginald Wilsons weißverkleidetes Haus im Ranch-Stil. Wilsons Buick war in der Einfahrt geparkt.
    Holiday hatte keinen konkreten Plan. Er würde abwarten, bis Wilson irgendeinen Fehler beging. Oder in Wilsons Haus einbrechen, wenn dieser auf der Arbeit war, und nach Beweismaterial suchen. Er würde alles auf den Kopf stellen, bis er etwas fand. Oder notfalls Beweise fälschen. Egal, ihm war jedes Mittel recht, um eine Grundlage für eine DNA-Untersuchung zu liefern, die Wilson mit den Morden in Verbindung bringen würde. Cook war von seiner Schuld überzeugt gewesen, und das genügte Holiday.
    Er war bereit, den ganzen Tag hier sitzen zu bleiben und, falls nötig, auch den nächsten. Holiday hatte Jerome Belton, seinem einzigen Angestellten, mitgeteilt, er würde sich eine Weile freinehmen. Damit hatte er bis auf weiteres keine direkten Verpflichtungen. Keine Familie, keinen nennenswerten Freundeskreis, keine Frau oder Freundin, die zu Hause auf ihn wartete. Nur das hier. Er hatte verdammt nochmal fast alles in seinem Leben versaut; vielleicht konnte er jetzt einmal etwas richtig machen. Noch hatte er Zeit.
    Diego Ramone und Shaka Brown gingen die 3rd Street nach Süden. Sie hatten ihr Basketballspiel beendet. Keiner war richtig bei der Sache gewesen, und sie hat ten sich nur ein Spiel lang angestrengt.
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