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Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Frank Schmitter
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Verdächtigungen sind.« Er machte eine Kunstpause, in der er seine Utensilien in seinem Aktenkoffer verstaute. »Ich denke also nicht, dass wir erneut eine Einladung zur Plauderei über Ihren Staatsanwalt bekommen werden. Meine Mandantin und ich haben heute eine große Portion Geduld aufgebracht, indem wir Ihren Gedankenspielereien assistiert haben. Doch solange sich keine hieb- und stichfesten Indizien ergeben, dass sich aus diesen Spielereien jemals so etwas wie ein juristisch relevanter Ernst ergeben könnte, ersparen Sie sich bitte, meine Herren Ermittler, in Ihrem eigenen Interesse die Blamage, beim Staatsanwalt erneut vorstellig zu werden.«
    Der Anwalt und seine Mandantin verließen grußlos den Vernehmungsraum. Batzko im Nebenzimmer fuhr den Stinkefinger aus und schaltete den Bildschirm aus.
    Nach einer Kaffeepause in der Kantine kehrten die Kommissare in ihr Büro zurück.
    »Wir haben ja Mostert nach seinem so gut wie wasserdichten Alibi von unserer Liste gestrichen. Bei ihm liegt ja auch kein zwingendes Motiv vor. Aber jetzt frage ich mich, ob das zu voreilig war. Mostert konnte immerhin seinem Freund Baumann angelastet haben, durch die Affäre mit Gertie Thaler sozusagen ihr Abkommen zerstört zu haben.«
    »Fällt dir nicht auch auf, dass die Pennerkleidung jede Version, die wir entwickeln, wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen lässt? Wir haben Verdächtige, wir haben Motive beinahe im Überfluss, und der Flaucher und diese verdammten Klamotten machen alles kaputt.«
    »Wenn nun Baumann, aus welchen Gründen auch immer, diese Klamotten angezogen hat, an der Isar entlangspaziert und dort auf Minker getroffen ist …«
    »Sorry, Gerald, aber mir reicht es für heute. Ich gehe rüber zu Tanja. Wenn wir unserem Polizeipräsidenten schon keinen Täter präsentieren können, will ich wenigstens dafür sorgen, dass die Presse nicht mehr erfährt als den Wetterbericht von gestern.«
    »Viel Glück«, sagte Gerald. »Bei beidem.« Er zwinkerte seinem Kollegen zu.
    Gerald las die Online-Ausgaben der Münchner Tageszeitungen, fand zu seiner Erleichterung aber keine Neuigkeiten zum Fall Baumann. Dann fiel sein Blick auf das Exemplar der Schülerzeitschrift »Rote Beete«, das er auf einen Papierstapel auf seinem Schreibtisch gelegt hatte. Der Umschlag war, passend zum Titel der Zeitung, in ein kräftiges Dunkelrot getaucht. Um sich abzulenken, überflog Gerald die Artikel über Klassenausflüge und die Schacholympiade bayerischer Schulen. Er suchte im Inhaltsverzeichnis nach dem Namen »Wendelin Scharnagl«, und tatsächlich: Wendelin hatte einen dreiseitigen Artikel verfasst. Der Text war erstaunlich flüssig und ausdrucksstark geschrieben. Doch als Gerald las, worum es ging, lief es ihm eiskalt den Rücken herunter. Wendelin Scharnagl sah die Gesellschaft offenbar auf dem Weg in ein schreckliches Zukunftsszenario: Die Vermögensverteilung in der Welt hatte sich dramatisch verschoben. Eine kleine Gruppe von reichen Finanzspekulanten herrschte über den großen Rest, der um das tägliche Überleben kämpfen musste. Da diese Menschen am eigenen Leib erfahren hatten, wie hilflos sie den scheinbar willkürlich festgesetzten wirtschaftspolitischen Prozessen ausgeliefert waren, hatten sie jede Hoffnung auf ein besseres Leben verloren.
    Gerald war wie elektrisiert. Bevor er den Artikel zu Ende gelesen hatte, nahm er aus seinem Schreibtisch eine Fotokopie des Bekennerschreibens und legte die beiden Texte nebeneinander. Mit einem Bleistift markierte er einige Begriffe, die in beiden Texten vorkamen, und verglich den Sprachstil. Natürlich war das Bekennerschreiben viel kürzer, es war aggressiver und plakativer formuliert, aber in Gerald wuchs mehr und mehr der Verdacht, dass der Verfasser des Artikels in der Schülerzeitung und der des Bekennerschreibens derselbe sein konnte. Er schlug die letzte Seite mit dem Impressum auf. Wendelin Scharnagl hatte seine Adresse und seine Handynummer angegeben.
    »Ja?« Wendelins Stimme klang hart, beinahe geschäftsmäßig.
    »Hier spricht Hauptkommissar Gerald van Loren. Wir haben uns zuletzt an der Isar gesehen. Du warst dort mit deinen Freunden unterwegs.«
    »Geht es um diesen durchgeknallten Ossi? Hat der uns etwa angezeigt?«
    Gerald wollte schon widersprechen, als ihm klar wurde, dass es besser sein könnte, erst einmal zu verschweigen, worum es ihm eigentlich ging.
    »Ich bräuchte in diesem Zusammenhang noch ein paar Informationen von dir. Wo bist du denn
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