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Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Frank Schmitter
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ersten Einschätzung des Notarztes ist der Tod gestern Abend zwischen zweiundzwanzig und vierundzwanzig Uhr eingetreten, eine Wunde mit Blutspuren am Kopf könnte auf ein Gewaltdelikt hindeuten. Vielleicht ist der Mann aber auch nur gestürzt. Die Spurensicherung konnte ihre Köfferchen gleich geschlossen halten: Das nächtliche Gewitter wird mögliche Feinspuren definitiv ertränkt haben. Aber sie suchen natürlich nach Gegenständen und dergleichen mehr.«
    »Das heißt konkret …?«
    »Dass wir auf den Anruf aus der Gerichtsmedizin warten werden. Wenn die Obduktion zeigt, dass es sich nicht um eine natürliche Todesursache handelt, haben wir die Arschkarte und dürfen ermitteln, ob ein Tippelbruder einem seiner Kollegen den Schädel eingeschlagen hat. Wegen eines Schlucks Alkohol, einer Zigarette oder einer Decke für die Nacht, was weiß ich. Was für ein Glück – ich hatte schon Angst, mit ein paar Kumpels eine entspannte Grillparty veranstalten zu müssen, Kollege.« Batzko versuchte sich an einem ironischen Lächeln, das ihm aber misslang. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Er wirkte plötzlich in sich gekehrt.
    »Unter der Wittelsbacherbrücke und der Brudermühlbrücke haben einige ihren Schlafplatz«, sagte Gerald. »Kann sein, dass unser Freund losgezogen ist, um sich etwas Essbares zu schnorren und ein Bier. Am Flaucher werden gestern einige gegrillt und Party gemacht haben. Bis sie das Gewitter alle verjagt hat.«
    Batzko gab keine Antwort.
    »Kannst du dich an das Gespräch neulich in der Kantine erinnern? Jemand hatte erzählt, dass einige Anwohner eine Art Bürgerwehr gründen werden, weil sie die Verschmutzung an der Isar, den Lärm und die Ausschreitungen nicht länger hinnehmen wollen. Sie denken sogar daran, Streifen zu organisieren, weil die Polizei in ihren Augen natürlich nichts unternimmt. Wenn es nach ihnen ginge, sollten wir die Obdachlosen wahrscheinlich einsammeln, in Eisenbahnwaggons sperren und über die Landesgrenzen schaffen. Wenn ich mich richtig erinnere, wohnt einer der Wortführer in der Nähe des Tatorts. Ich kann mich aber nicht mehr an den Straßennamen erinnern.«
    Batzko reagierte nicht und blätterte nur stumm und mit düsterer Miene in seinem Aktenordner.

2
    Um siebzehn Uhr kam der Anruf der Gerichtsmedizin. Der Tote von der Isar war nicht aufgrund einer natürlichen Ursache gestorben. Die Arschkarte also, wie Batzko meinte.
    Auf dem Weg in die Nußbaumstraße schaltete er das Radio ein, ganz gegen seine Gewohnheit. Gerald bemerkte, dass die Haut unter dem gepflegten Dreitagebart blasser war. Mehrmals zog sein Kollege, der wie immer am Steuer saß, die Unterlippe zwischen die Zähne, was er nur tat, wenn ihn der Computer ärgerte. Gerald überlegte, ob er bei Nele wegen des ausgefallenen Wochenendes einen Extrabesuch bei Severin einfordern sollte.
    Der diensthabende Forensiker, ein junger Mann, den Gerald bisher noch nicht kennengelernt hatte, wartete im Flur auf sie. »Dr. S. Hornung« stand auf seinem Namensschild auf dem grünen Kittel. Er war sehr klein, mit dünnen Armen, einem schmalen, blassen Gesicht und nickte den beiden Polizeibeamten nur kurz zu, ohne ihnen die Hand zu geben. Gerald sah, dass der Arzt seine Gummihandschuhe nicht ausgezogen hatte.
    »Hier ist etwas ziemlich merkwürdig«, sagte er und deutete auf die Kleidung, die auf einem Metallwägelchen im Flur lag. Verschlissene Schuhe ohne Schnürsenkel, eine alte, stark verdreckte Hose, ein ebensolches Hemd, dazu Unterhose, Unterhemd, ein Hut mit breiter Krempe. Was soll daran nicht stimmen?, dachte Gerald. Es handelte sich schließlich um einen Obdachlosen, nicht um einen Investmentbanker.
    Er drehte sich kurz um, damit die anderen beiden nicht sahen, dass er sich zwei Pfefferminzbonbons in den Mund schob. Gerald hoffte, dass sie zumindest ein wenig gegen die Gerüche helfen, mit denen er in wenigen Sekunden konfrontiert werden würde.
    »Folgen Sie mir!« Dr. Hornung öffnete die Tür zum Sezierraum. Es war niemand außer ihnen anwesend – wenn man von dem Leichnam unter der grauen Plastikdecke absah. Auf einem Beistelltisch lagen das schmale Aufnahmegerät des Mediziners und ein digitaler Fotoapparat. Alle Instrumente waren bereits gesäubert wieder an ihrem Platz, und dennoch war die Luft getränkt von dem süßlich-schweren Leichengeruch.
    Batzko presste die Lippen aufeinander, als Dr. Hornung zunächst das Gesicht des Toten freigab. Nach wenigen Sekunden entspannten sich die Züge des
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