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Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Frank Schmitter
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er ein Pedant, im Leben ließ er sich treiben und nahm einfach alles willenlos so hin, wie es eben war. Nicht umsonst war er Alkoholiker …«
    »Warst du am Tatabend ebenfalls in der Giesinger Wohnung?«
    Ihre Beine wurden von einem Zittern ergriffen, als hätte sie keine Kraft mehr zu stehen. »Ich kam, als Mostert schon gegangen war. Meine Eltern und ich waren zum Abendessen verabredet, aber sie haben mich angerufen und gesagt, dass es später werden würde. Ich konnte mir schon denken, warum. Also bin ich in die Wohnung gefahren, obwohl meine Eltern, besonders mein Vater, dagegen waren. Aber ich habe darauf bestanden, weil ich gesehen habe, wie schlecht es den beiden ging, und ich irgendwie versuchen wollte, sie zu beschützen. Es war eine hässliche Szene. Mein Vater drängte auf eine Entscheidung, auf ein Ende dieser unerträglichen Ungewissheit und des Betrugs. Auch meine Mutter wollte eine endgültige Entscheidung, wie es weitergehen sollte. Baumann ist ausgewichen, wie immer. Schließlich ist er einfach aufgestanden und hat die Pennerklamotten aus der Abstellkammer geholt.«
    Gerald fühlte sich, als hätte er einen Stromschlag bekommen.
    »Diese Sachen waren in der Wohnung?«
    »Natürlich. In der Abstellkammer. Es war typisch für Baumann, wie alles passiert ist. Eines Abends hat er seine Sekretärin – ich habe ihren Namen vergessen – nach Hause gefahren, weil sie noch länger im Büro gearbeitet haben. Er hat sie bis zu ihrer Wohnungstür gebracht, ihr die Tüten bis nach oben in den vierten Stock getragen, weil sie in der Mittagspause für die Familie eingekauft hatte. Vor ihrer Wohnungstür lagen Säcke für die Altkleidersammlung, die ihr Mann dort hingestellt hatte. Es waren vor allem seine uralten Klamotten aus dem Schrebergarten. Baumann hat sie mit nach unten genommen, um sie zu entsorgen. Doch dann, weiß der Himmel, was ihn geritten hat, hat er sie mit in die Giesinger Wohnung geschleppt.«
    »Was sollte das? Wozu hat er sie gebraucht?«
    »Er hat sich die Sachen angezogen und ist so an der Isar entlanggegangen. Nicht oft. Vielleicht zwei, höchstens dreimal. Immer dann, wenn er besonders betrunken und deprimiert war. Er sah das gewissermaßen als konsequente Fortsetzung der Giesinger Absteige. Er hat es auch nur getan, wenn er allein war. Und er hat auch meinen Eltern das Versprechen abgenommen, Mostert nichts davon zu erzählen, weil es gegen die Regeln verstoßen hat.«
    »Aber an diesem Abend wart ihr noch zusammen, als er sich umgezogen hat.«
    »Es war, wie meine Mutter mir später gesagt hat, auch das erste Mal. Vielleicht hatte ihn der Streit mit meinen Eltern so mitgenommen. Oder – ja, das ist viel wahrscheinlicher – er wollte das Zusammensein dadurch beenden. Er hatte keine Lust mehr auf den Streit und wollte sich so allem entziehen. Als Baumann weg war, haben meine Eltern so sehr gestritten, dass ich es einfach nicht mehr ausgehalten habe. Es ging über meine Kräfte zu sehen, wie sie ihr gemeinsames Leben zerstört haben, wie sie den Punkt längst hinter sich gelassen hatten, an dem man sich mit Anstand und Würde hätte trennen können. Ich bin aus der Wohnung gelaufen und dann Richtung Isar, nur möglichst weit weg.«
    »Wo du später Arndt Baumann getroffen hast.«
    »Er saß dort am Ufer, allein, an einer Stelle, an der sonst kaum noch jemand war. Es war mittlerweile sicher nach neun Uhr. Am Himmel waren bereits dunkle Wolken aufgezogen, und man hat diesen kalten Wind gespürt, der ein Gewitter ankündigt. Irgendwie war es unheimlich, so eine bedrohliche Stimmung. Baumann war das natürlich alles egal. Er war überrascht, mich zu sehen, und bestimmt nicht erfreut, weil er dachte, ich würde weiter mit ihm streiten. Aber ich war nur unendlich leer und müde. Ich wollte überhaupt nicht mit ihm reden.«
    »Aber er wollte etwas anderes von dir, nicht wahr?«, sagte Gerald und wusste im selben Moment, dass er ins Schwarze getroffen hatte. Anne senkte den Blick zu Boden. Sie stöhnte auf, fing sich aber rasch wieder. Ihre Stimme klang nun anders, kälter und unpersönlicher. »Er hat von meiner Mutter geredet. Baumann war noch betrunkener als in der Wohnung, er muss sich insgeheim eine Flasche Schnaps eingesteckt haben. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass er so vulgär, so widerwärtig von meiner Mutter reden könnte. Ich wollte weglaufen, aber er hat mich am Bein festgehalten, und ich bin hingefallen. Dann hat er mich angefasst, überall, und versucht …«
    Sie brach
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