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Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel
Autoren: Eva Bellin
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er mal jemanden mitgebracht zu euren Treffen? Denk nach. Es ist wichtig für dich.«
    Er war gar nicht mehr freundlich.
    »Ich sage die Wahrheit. Bitte glauben Sie mir. Er kam immer allein. Einmal war er in dem INA-Büro, wo ich arbeite. Dann trafen wir uns in verschiedenen Restaurants. Jedesmal woanders.«
    »Und du fandest das ganz normal. Na schön. Deine Adresse?«
    »Soho. Preston Place zwölf.«
    »Allein? Wohnst du allein?«
    »Ja.«
    Er gab ihr eine Ohrfeige, nicht sehr hart, aber auf die Wange, auf die der Magere sie schon geschlagen hatte.
    »Mit einer Kollegin. Diana West. Sie ist eine Spur schwarz, sehr nett und hübsch. Sie hat aber nie mitgemacht.«
    Darauf kam es nun auch nicht mehr an. Offenbar wußten sie Bescheid und wollten nur ihre Wahrheitsliebe testen.
    Er lächelte leicht.
    »Na also. Wir wollen doch nett zueinander sein. Du möchtest nicht, daß ich dich schlage. Aber wenn du lügst, dann wird es sehr unangenehm für dich. Schau auf den Tisch da. Sehr verstockte Leute werden auf ihm sehr gefügig. Verstehst du?«
    Ihre Zähne schlugen aufeinander. Was konnte sie ihm denn noch erzählen? Sollte sie etwas erfinden? Offenbar wollte er etwas Bestimmtes erfahren. Aber was?
    Ihr war jetzt klar, daß sie sich offenbar dumm und leichtsinnig in den Einflußbereich einer Organisation begeben hatte. Es ging um mehr als um das bißchen, das sie transportierte. Es ging um Macht und um Verbindungen. Vielleicht war der Tote ein Abtrünniger gewesen, einer im Alleingang oder Mitglied einer konkurrierenden Gang?
    Sie hatte früher gern gemütlich in Krimis gelesen, wie da bei der Mafia Aussteiger bestraft wurden: totgeschlagen, erschossen, ertränkt, erwürgt. Leichen mit einem Kanarienvogel im Mund, wenn der Delinquent ›gesungen‹ hatte. Bei diesen Typen mochte es ähnlich sein.
    Eine Connection, für die sie ein winziges Licht war. Er hatte sie geschlagen. Er würde sie ohne weiteres foltern, vergewaltigen, wenn er es für richtig hielt. Töten? Auch töten.
    Inzwischen wußte sie zuviel, als daß sie noch hätte glauben dürfen, sie ließen sie frei. Diese Erkenntnis breitete sich mit Eiseskälte in ihr aus.
    »Mister Lederman hat einmal während des Essens telefoniert. Da habe ich etwas wie Bokoi gehört, das schien ein Name zu sein, Bokoi oder so ähnlich, ich fand damals, daß es wie Bolschoi klang, und deshalb habe ich es behalten. Er hat gesagt, sein Sohn sei interessiert. Und er säße hier mit einer hübschen, tüchtigen Zaubermaus.«
    Sie wurde verlegen. Aber es stimmte wirklich.
    Der Schöne nickte und schien interessiert zu sein. Der Lebenserhaltungstrieb gab ihr ein zu sagen:
    »Einmal gab er mir eine Telefonnummer. Vor der Reise auf die Bahamas. Vor der zweiten Reise. Da sollte ich anrufen, wenn etwas nicht klappte. In New York. Ich mußte mir die Nummer merken, und das tat ich. Aber jetzt fällt sie mir nicht ein. Ehrenwort. Ich bin zu aufgeregt.«
    Der Schöne erhob sich.
    »Dann solltest du in aller Ruhe nachdenken. Das geht vielleicht im Dunkeln wirklich besser, nicht wahr? Ich komme wieder.«
    Er schob den Stuhl zurück, schritt zur Tür, machte das Licht aus und ging. Sie hörte, wie er den Riegel vorschob. Sie war sicher, daß ihre letzte Galgenfrist begonnen hatte und versuchte, alle Kraft zusammenzunehmen. Ihr fiel der dumme Spruch ein: Du hast keine Chance, aber nutze sie!
    »Hilf mir!« rief sie laut. Es mußte etwas geben, eine Kraft, die ihr beistehen würde. »Hilf mir, bitte, bitte, hilf mir doch!«

3. Kapitel
    Wedel tappte im Dunkeln. Mordfälle in Hotels waren ohnehin heikel genug, weil die Manager die Hände rangen und einen anflehten, die Sache um Himmels willen diskret zu behandeln. Anderenfalls könnten sie für sich schon die Kugel ins Magazin schieben. Nach dem anfänglichen Interesse, der Publicity durch Zeitungsberichte und Fernsehnachrichten, sei Totentanz angesagt. ›Mordhotels‹ würden gemieden wie die Pest. Und das nicht nur von zimperlichen Weibern.
    In diesem Falle, mit dieser besonders scheußlichen Leiche, gab es bestimmt einen solchen Effekt. Bernd Wedel betrachtete die Stelle, wo der Tote gelegen hatte. Gut, daß er schon abtransportiert worden war. Den würde nicht einmal seine Mutter wiedererkennen, wenn einst die Trompeten von Jericho zur Auferstehung bliesen. Wedel hatte sich nie wirklich an den Anblick verstümmelter Leichen gewöhnen können. Besonders sein Magen lehnte sich hartnäckig dagegen auf.
    Wie war die Lage? Ein Pärchen war im Grandhotel
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