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Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel
Autoren: Eva Bellin
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Rückreise. Das war die Hauptsache jetzt.
    Sie zog sich schön an und kämmte und schminkte sich und sah wieder aus wie die Britta, die sie vor der Katastrophe gewesen war. Unbeschädigt eigentlich.
    Wedel ließ sie ziehen.
    Es sah nicht so aus, als könnte sie ihm noch von Nutzen sein. Und New York lag nicht aus der Welt. Britta telegrafierte ihrer milchkaffeebraunen Freundin Lizzi in New York. Sie wollte abgeholt werden vom Airport, wenn es sich irgend einrichten ließ.
    Auf dem Berliner Flughafen überkam sie ganz plötzlich Sehnsucht. Richards Telefonnummer hatte sie im Kopf. Wer ständig mit dem Telefon arbeitete, entwickelte eine spezielle Technik darin, sich Nummern zu merken. Sie wählte und wartete mit klopfendem Herzen, während es tutete.
    Dann wurde abgehoben.
    Schweigen.
    Britta sagte leise: »Hallo?«
    Weiter Schweigen.
    Ach, er war ihr böse, weil sie ihn hineingezogen hatte in ein schlimmes Abenteuer.
    »Richard! Ricki?!«
    Sie hörte jemanden atmen. Aber alles blieb stumm. Sie legte auf. Good bye, Ricki. Feige wie alle Kerle. Er war es gewesen. Da war sie sicher.
    Als das Flugzeug startete, hätte sie am liebsten geschrien vor Glück. Immer schon hatte sie dieses In-den-Himmel-Steigen fast körperlich als Glücksgefühl empfunden. Man ließ alles hinter sich. Die Sorgen blieben am Boden. Man startete zu neuen Zielen. Es war so faszinierend. Merkwürdig, daß viele Menschen es gar nicht wahrzunehmen schienen.
    Lucie legte den Hörer auf. ›Ricki‹ hatte die am Telefon gehaucht. Das Weib, das Unglück über die Familie Hornung gebracht hatte. Schande. Die ersten Boulevardblätter hatten bereits gemeldet, daß der gesuchte ›Todes-Liebhaber‹ bei dem Mord im Hotel der angesehene Kaufmann Richard H. aus Rendsburg gewesen wäre.
    Ihr Herz blutete, aber Lucie fühlte sich dem verpflichtet, was ihr geliebter und bewunderter Vater von ihr erwartet hätte. Geradlinig und stolz, so hatte er seine Lucie erzogen und geliebt.
    Sie hatte dem Kriminalbeamten aus Berlin die Wahrheit gesagt, aber war es richtig gewesen? War es letztlich anständig gewesen? Sie wollte sich an Richard rächen.
    Inzwischen war ihr der schreckliche Gedanke gekommen, daß sie Richard verdächtigten, diesen Hotelpagen aus Rendsburg umgebracht zu haben. Warum sollten sie sonst am Alibi ihres Mannes interessiert sein?
    Aber warum hätte er so etwas Furchtbares tun sollen? Es paßte gar nicht zu ihm. Er war niemals ein Mörder.
    Sie rang lange mit sich. Dann rief sie in seinem Büro an und bat ihn um eine Unterredung. Nachdem der Kommissar fortgegangen war, hatten sie kein Wort mehr miteinander gesprochen.
    Richard kam umgehend. Und wieder gingen sie in die Bibliothek, wo in den letzten Tagen all diese deprimierenden Gespräche stattgefunden hatten.
    »Das Mädchen hat angerufen«, begann Lucie. »Aber ich habe nicht mit ihr gesprochen. Sie nannte deinen Namen. Sie sagte ›Richard‹ und dann noch ›Ricki‹. Hat sie dich so genannt?«
    »Ja. Nicht immer …«
    »Verschone mich bitte mit Einzelheiten. Richard, ich bin sehr verletzt. Du weißt, daß ich dich bei Papa unter größten Schwierigkeiten durchgesetzt habe. Gut, du warst tüchtig im Geschäft. Aber ich habe immer geglaubt, daß wir beide uns unter allen Umständen aufeinander verlassen könnten.«
    »Es war das einzige Mal. Lucie!«
    »Ich könnte kein Vertrauen mehr zu dir haben. Was jetzt geschieht, das ist einfach unglaublich peinlich, für mich und auch für Angela. Die Zeitungen haben deinen Namen. Reporter werden uns vom Aufstehen bis zur Nacht beobachten, unser Haus, unser Leben. Sie werden alles in den Dreck ziehen.«
    »Ich wollte es nicht. Wer hätte an solche Folgen denken können, sag mir das!«
    Richard schaute Lucie an. Sie saß kerzengerade im Sessel. Ihre Frisur war untadelig. Auch in verzweifelten Situationen würde sie die Wimpern tuschen. Ihr Papa hatte ganze Arbeit geleistet.
    Angela war in England. Ein Segen. Er wußte nicht, wie er ihr gegenübertreten sollte. Obwohl er im Grunde seines Herzens wußte, daß Angela anders war als ihre Mutter. Sie würde das alles nicht so tragisch nehmen. Das, was sie wußte. Nicht das andere natürlich.
    In diesem Augenblick fragte Lucie: »Der Kommissar wollte wissen, wo du warst, als dieser junge Mann ermordet wurde. Ich weiß, daß du dir kürzlich eine Waffe besorgt hattest. Ich habe sie jetzt nirgendwo gefunden. Hast du sie weggeworfen?«
    »Du spionierst mir nach?«
    »Mach dich nicht lächerlich. Sag mir jetzt ganz
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