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Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
Autoren: Kari Köster-Lösche
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Staatszugehörigkeit entschieden, begegnet man noch heute Spuren des dänischen Ursprungs. Im Sylter Norden, dem so genannten Listland, lebt weiterhin eine dänischsprachige Minderheit, und die Sylter Mundart Sölring weist, im Gegensatz zu den anderen nordfriesischen Dialektgruppen, viele dänische Lehnwörter auf.
    Der Heringsfischfang spielte auf Sylt lange Zeit als Wirtschaftsfaktoreine sehr wichtige Rolle, daher wurde der Hering im Jahr 1668 das Wappentier von Sylt. Er führte im 17. und 18. Jahrhundert zusammen mit dem Walfang, der Schifffahrt, der Austernzucht und dem Entenfang zu einem guten Auskommen eines Teils der Inselbevölkerung. Im Gegensatz dazu lebten Bauern und Landarbeiter am Existenzminimum, was die sozialen Lebensumstände der Bevölkerung zunehmend auseinanderklaffen ließ.
    Seit Mitte des 19. Jahrhunderts veränderte sich das Gesicht Sylts. Keitum, einer der ältesten Orte der Insel, verlor an Bedeutung. Zum einen versandete der alte Keitumer Hafen, und der Haupthafen der Insel wurde nach Munkmarsch verlegt. (Munkmarsch bedeutet wohl »Mönchsmarsch«. Es handelte sich also wahrscheinlich um fruchtbares Marschland, das seit dem 12. Jahrhundert einem Kloster gehörte.) Zum anderen führte der einsetzende Tourismus zu einer wirtschaftlichen Neuorientierung der Insulaner. Besonders in der Ober- und Mittelschicht wurden Kuren auf Sylt Mode. Die Kurgäste erreichten Sylt mit Eisenbahn und Postschiff über Tondern oder dem Schnelldampfer von Hamburg und blieben mehrere Wochen lang, um die heilsame Wirkung des Reizklimas zu erfahren. Der Ort Westerland gewann mit zunehmendem Tourismus an Bedeutung. Er wurde 1855 nach dem Vorbild englischer Badeorte zum »Seebad« erklärt und stellte schon bald das ursprünglich größere Wenningstedt in den Schatten. Obwohl dieses nur vier Jahre nach Westerland zum Seebad erklärt wurde, zog es vor allem weniger betuchte Gäste an. Kampen hingegen entwickelte sich zu einer Art Künstlerkolonie. In den 1920er Jahren besuchten Intellektuelle und Künstler in den Sommermonaten die Insel, einer der berühmtesten unter ihnen war Thomas Mann. Er kam 1921 das erste Mal nach Kampen und wohnte bei späteren Aufenthalten, wie auch der Verleger Ernst Rowohlt, im 1923 erbauten »Haus Kliffende«. Das Buchhändlerehepaar Tiedemann hatte es zu einem der angesagten Treffpunkte der Insel für Intellektuelle und Künstler gemacht. Von dieser Gruppierung ging eine fortschrittliche Bewegung aus, in der ein »Leben ohne Bekleidung« propagiert wurde – dieFreikörperkultur. In der Folge entstand 1920 auf Sylt der erste Nacktbadestrand.
    Im Gegensatz zu dieser Avantgarde achtete die angereiste wilhelminische Gesellschaft strikt auf Sittlichkeit. Die Badestrände waren nach Geschlecht getrennt und die Beinkleider von züchtiger Länge. Die Brüder Bleicken stellten in den 1870er Jahren Badekarren am Strand auf. Diese hölzernen Umkleidekabinen auf Rädern wurden ins Wasser gezogen und dienten insbesondere Frauen dazu, ungesehen und sittlich korrekt im Meer zu baden.
    Das »Seebad Westerland« hatte die bis dahin angesagten Modebäder Wyk auf Föhr und Büsum in Hinblick auf Beliebtheit und Auslastung bereits im Jahr 1911 überholt. Die Kurgäste konnten auf der Insel seit dem Jahr 1888 eine Schmalspurbahn (mit einem Meter Spurweite) nutzen, die in den Sommermonaten den Hafen Munkmarsch und die Inselmetropole Westerland mit einer 4,2 Kilometer langen Strecke verband. Ab 1903 konnten sie von Westerland nach Hörnum fahren und ab 1907 von Westerland nach List. Die Anreise mit dem Schiff war jedoch mühsam. Die Verbindungen waren tidenabhängig, und im Winter kam es gelegentlich zu einer unüberwindlichen Barriere durch zusammengeschobenes Eis. Die Überfahrt dauerte etwa sechs Stunden, konnte sich aber bei ungünstigen Witterungs- oder Strömungsverhältnissen deutlich verlängern. Eine bequemere und schnellere Anbindung ans Festland schien erforderlich, um als Tourismusziel nicht an Attraktivität zu verlieren.
    Bereits 1856 hatte das Sylter Universalgenie Christian Peter Hansen Pläne für einen Damm zum Festland entworfen. Er wollte damit den Fortbestand der Insel sichern, indem er dem Meer Marschland abtrotzte. Sein Vorschlag fiel mit der Gründung des »Seebades Westerland« zusammen, eine zusätzliche Nutzung des Damms als Bahnstrecke erschien sinnvoll. Die Sylter hatten jedoch zunächst Angst vor Überfremdung und Veränderungen der jahrhundertealten sylterfriesischen Kultur. Zudem
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