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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz
Autoren: Rainer M. Schroeder
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nicht zurück, wenn ihr Kunde Patron einer Kirche war, wo es an solchen Knaben fehlte. Das hatten die Medici vor gar nicht langer Zeit bewiesen.
    »Du elende, dreckige Hure«, stieß Alessio hasserfüllt hervor, während er seine Frau von hinten mit beiden Händen würgte. »Unfruchtbar wie ein Stein! Kannst keine Kinder kriegen und denkst, deshalb könntest du es nach Herzenslust mit meinem feinen Bruder, dem Dreckstück, treiben, du Schlampe! Jetzt bekommst du deinen Lohn, Antonetta!«
    Pater Angelico riss sich die Maske vom Gesicht und stürzte zu den beiden in das Gewölbe. Matteo Brancoletti musste warten – so er denn überhaupt noch lebte. »Lass sie los, du Bestie!«, brüllte er und wusste nun, wer der Todesengel von Florenz war, wenn er auch nicht begriff, was im Einzelnen hinter Alessios grausamen Taten steckte. »Das Spiel ist aus!«
    Wie vom Blitz getroffen fuhr Alessio zusammen, schleuderte seine Frau gegen die Wand, wo sie zu Boden ging und reglos liegen blieb, griff nach dem Dolch, der neben einer Tarotkarte auf einer Kiste lag, und wirbelte herum.
    »Verdammter Narr!«, schrie er, riss den Dolch aus der Scheide und ließ sie achtlos fallen. »Du wirst dir noch wünschen, du wärest nie hier aufgetaucht!«
    Instinktiv griff Pater Angelico zum Schwert und zog es aus der Scheide. Ein Fehler, der ihn um ein Haar das Leben gekostet hätte.
    »Damit jagst du doch nicht einmal einem Hasen Angst ein!«, rief Alessio voller Häme, während er auf ihn zusprang, um ihm seine Klinge in den Unterleib zu rammen.
    Geistesgegenwärtig warf Pater Angelico ihm das Spielzeugschwert entgegen, rettete sich mit einer hastigen Drehung zur Seite und wehrte den Stich gerade noch rechtzeitig mit dem linken Unterarm ab. Ein scharfer Schmerz schoss ihm bis in die Schulter hinauf; die Klinge hatte ihm den Ärmel aufgeschlitzt und in sein Fleisch geschnitten.
    Bevor Alessio einen zweiten Stich setzen konnte, hatte der Mönch bereits zu seinem Dolch gegriffen und parierte den nächsten Angriff. »Jetzt sieht die Sache schon anders aus, würde ich sagen«, stieß er hervor, als Klinge auf Klinge traf. »Nun zeig, dass du nicht nur hinterhältig morden, sondern auch von Mann zu Mann kämpfen kannst!«
    »Mich sticht kein dahergelaufener Kuttenträger ab! Du wirst hier auch gleich in deinem Blut liegen!«, schrie Alessio zu der heiteren Musik, die aus der Säulenhalle des Innenhofs zu ihnen hereindrang, doch die Angst, die in seinen Augen flackerte, strafte seine Großmäuligkeit Lügen.
    Pater Angelico ließ ihn kommen. Mit einer geschmeidigen Parade wehrte er einen dritten, völlig überhasteten Angriff ab, und bevor Alessio wusste, wie ihm geschah, rammte der Mönch ihm seinen Dolch in die rechte Schulter. Er hätte ihm den Stahl auch mitten ins Herz oder in die Kehle jagen können, aber einen so schnellen und gnädigen Tod durfte der Mörder nicht finden! Öffentlich entehrt sollte er werden und hängen für seine bestialischen Morde!
    Alessio schrie auf vor Schmerz. Seine Hand verlor alle Kraft und ließ den Dolch fallen. Er taumelte zurück, presste die Linke auf die Wunde und starrte Pater Angelico aus weit aufgerissenen Augen an. Es war der Moment blanker Todesangst, in dem er erkannte, dass alles verloren war, dass es für ihn kein Entkommen gab.
    Aus dem Vorraum drang ein Geräusch an Pater Angelicos Ohr. Kurz entschlossen setzte er Alessio nach, hieb ihm die linke Faust in den Unterleib und drosch ihm, als er sich krümmte, das Griffende seines Dolches auf den Schädel. Er fällte ihn mit dem Hieb wie einen morschen Baum.
    Doch noch bevor er herumfahren und sehen konnte, was oder wer hinter ihm das Geräusch verursacht hatte, vernahm er auch schon Tiberio Scalvettis Stimme.
    »Teufel auch, Ihr scheint weder Waffenhandwerk noch Faustkampf verlernt zu haben!« Der Commissario stand in dem Durchgang. Er trug das schwarz-weiße Landsknechtskostüm.
    Verblüfft starrte der Mönch ihn an.
    »Nun ja, ich dachte, es könnte nicht schaden, wenn ich mich ebenfalls unter die Gäste mische«, sagte Scalvetti und fand selbst jetzt noch die Zeit für eine spöttische Bemerkung. »Einfach für den Fall, dass Euch jemand den Rücken freihalten oder aus einer Klemme helfen muss. Aber wie ich sehe, braucht Ihr mich gar nicht.«
    Pater Angelico überwand seine Sprachlosigkeit. »Alessio steckt hinter den Morden! Ich habe ihn gerade noch daran hindern können, seine Frau zu erdrosseln! Seht nach, ob Matteo noch zu helfen ist!«, rief er.
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