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Der Tod ist kein Gourmet

Der Tod ist kein Gourmet

Titel: Der Tod ist kein Gourmet
Autoren: Jean G. Goodhind
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trug keine Rolex, fuhr ein japanisches Auto und hatte eine ausgeprägte Abneigung gegen das Rasieren.
    Aber Doherty nahm den Schlag hin wie ein Mann. Er wusste aber auch, wie man austeilt. Diesmal nicht mit der Faust, sondern mit dem Finger, den er tadelnd vor Honeys Nase schwenkte. »Honey, du hättest auf deine Mutter hören sollen. Der Mann hatte alles zu bieten, was du nur wolltest – sogar seine eigenen Zähne. Und er konnte noch allein sein Bruchband zumachen.«
    Honey unterdrückte nur mit Mühe ein Kichern.
    Das Gesicht ihrer Mutter war bitterböse. »Das ist ja mal wieder typisch für deinen Wachtmeister. Scherze auf Kosten eines Toten, eines Mannes, der sich zu verteidigen gewusst hätte, wenn er hier wäre. Sarkasmus soll ja die niedrigste Form von Humor sein.«
    Doherty hob beschwichtigend die Hände, brachte aber keinen reuigen Blick zustande. Er sah eher aus, als wollte er laut loslachen.
    Gloria Cross erhob sich von ihrem Stuhl und baute ihre ganzen einssiebenundfünfzig vor ihm auf – einsfünfzig, wenn man die Kitten Heels abzog.
    Dies war einer der Augenblicke, in denen sich Honey am liebsten die Ohren zugehalten hätte. All die guten Ratschläge und all die Kritik hatte sie schon oft gehört, und sie kannte das aufziehende Gewitter und die wie Blitze einschlagenden Kommentare nur zur Genüge.
    Ihre Mutter war der Meinung, dass ein gut gepolstertes Bankkonto einen über das Alter, das Aussehen und das allgemeine Verhalten eines Mannes hinwegtrösten konnte, obwohl selbst sie wahrscheinlich nicht so weit gegangen wäre, einen schlampigen, schmuddeligen Mann in Erwägung zu ziehen. Was andere seltsame Vorlieben anging, so war das letzte Wort noch nicht gesprochen.
    Honey machte sich keine Illusionen. Sean O’Brian war ein Schürzenjäger gewesen und hatte es bei jeder versucht. Die Hoffnung stirbt zuletzt, sagte man ja wohl, doch Sean O’Brian hätte wohl längst jegliche Hoffnung aufgeben sollen.
    Honey erinnerte sich peinlich berührt an ihn. Er war der Typ Mann gewesen, der sich immer noch für einen fantastischen Tänzer hielt, obwohl er zweimal so alt war wie John Travolta und schon damals, als in den Diskos Saturday Night Fever der große Hit war, zu alt dafür gewesen war.
    Er versuchte immer noch, alles zusammenzuhalten, indem er hautenge Jeans trug, wenn sie modern waren, und dazu zweifarbige Schuhe. Seine weißen Locken hingen ihm wie aufgedröselte Seile auf die Schultern oder waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Er hatte auch eine Vorliebe für offene Hemdkragen gehabt und auf seinem weißen Brusthaar ein goldenes Medaillon getragen.
    Da er selbst mit Plateausohlen kaum größer als einssechzigwar, hatte beinahe jedermann eine gute Aussicht auf seine kahle Stelle, über die er verzweifelt und vergeblich einige Strähnen kämmte, um sie zu verbergen.
    Der Traum ihrer schlaflosen Nächte war er gewiss nicht. Und doch durfte sie nicht unbarmherzig sein. Sie versteckte sich hinter ihrer Kaffeetasse und riss sich zusammen, ehe sie ein Wort sprach.
    »Also dann«, sagte sie fröhlich, obwohl sie, ehrlich gesagt, Doherty liebend gern für sich allein gehabt hätte, um ihm ein paar aufmunternde Worte mitzugeben, und was er sonst noch brauchte, um die Aufgabe, die sie ihm gestellt hatte, leichter zu bewältigen. Aber zunächst einmal musste sie ihre Mutter bei Laune halten. »Wie alt war denn der liebe alte Sean?«
    Ihre Mutter seufzte. »Gar nicht so alt.«
    Honey warf Steve Doherty einen warnenden Blick zu. Seine Ausgelassenheit war nun ein wenig gedämpft, weil er sich auf seine Sonderaufgabe konzentrierte, eine Aufgabe für die tapfersten unter den Polizisten, eine Aufgabe, die er wirklich nur ihr zuliebe übernommen hatte.
    Honey hatte mit ihrer Frage den richtigen Ton getroffen. Glorias Gesicht hellte sich auf bei der Aussicht, ihr etwas mitzuteilen, das nur sie allein wusste. Es hatte damit zu tun, dass sie sich etwas auf ihr gutes Gedächtnis einbildete. »Mein Gedächtnis ist noch so gut wie mit zwanzig«, pflegte sie jedem zu beteuern, der es gewagt hatte, das Gegenteil zu vermuten.
    »Er ist 1935 geboren«, erklärte sie ihnen, ob sie es wissen wollten oder nicht.
    Honey nickte. »Hm, das hatte ich mir schon gedacht.« Verdammt viel zu alt für mich, überlegte sie. »Und wie geht es der Witwe?«
    Ihr Mutter nickte nachdenklich. »Soso, lala. Es war einegute Ehe, wenn auch keine lange. Arlene ist natürlich jünger als er und noch sehr aktiv. Wirklich sexy für ihr
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