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Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Titel: Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)
Autoren: Michael J. Sullivan
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Tochter beobachten. Sie sandte Briefe ab, deren Weg zu dem Kloster führte, und ich habe dafür gesorgt, dass sie abgefangen wurden.« Dem Panzerschrank entnahm Archibald einen Stapel zusammengefalteter Pergamente und ließ ihn in Victors Schoß fallen. »Da!«, verkündete er triumphierend. »Lest, was Eure Tochter treibt, und befindet selbst, ob es nicht besser für sie wäre, mich zu heiraten.«
    Archibald kehrte zu seinem Sessel zurück und erhob sein Branntweinglas gleichsam auf sich selbst: Er hatte gewonnen. Um dem politischen Ruin zu entgehen, würde Victor Lanaklin, der große Markgraf von Glouston, seiner Tochter befehlen, ihn zu heiraten. Dem Markgrafen blieb gar nichts anderes übrig. Wenn etwas von dieser Sache zu Ethelred durchdrang, drohte Victor vielleicht sogar eine Anklage wegen Hochverrats. Imperialistische Könige verlangten von ihren Gefolgsleuten, dass sie ihre politische Haltung und ihre Kirchentreue uneingeschränkt teilten. Archibald bezweifelte zwar, dass Victor wirklich mit den Royalisten oder den Nationalisten sympathisierte, doch schon der kleinste Schatten eines Verdachts wäre dem König Grund genug, sich ungehalten zu zeigen. Im glimpflichsten Fall wäre es für Victor eine Beschämung, von der sich das Haus Lanaklin womöglich nie mehr erholen würde. Die einzig vernünftige Reaktion für den Markgrafen wäre, Alenda mit ihm zu verheiraten.
    Dann würde Archibald das Land zufallen, das an seine Grafschaft grenzte, und mit der Zeit würde er vielleicht sogar die gesamte Mark kontrollieren. Mit Chadwick in der einen und Glouston in der anderen Hand würde er bei Hofe so viel Macht haben wie der Herzog von Rochelle.
    Archibald blickte auf den grauhaarigen alten Mann in der vornehmen Reisekleidung hinab: Er tat ihm fast schon leid. Einst, vor langer Zeit, hatte Lanaklin als außerordentlich klugerund tapferer Mann gegolten. Als Markgraf war er nicht wie ein gewöhnlicher Graf einfach nur ein Lehensmann gewesen, der seine Ländereien für den König verwaltete. Victor war dafür verantwortlich gewesen, die Grenzmark des Königreichs zu verteidigen. Das war eine wichtige Aufgabe, die einen wachsamen, kampferprobten Mann und fähigen Heerführer erforderte. Doch die Zeiten hatten sich geändert, Warric lebte jetzt mit den Nachbarn jenseits der Grenze im Frieden. Also hatte sich der mächtige Grenzhüter in einem ruhigen Leben eingerichtet, und seine Kräfte waren mangels Herausforderung verkümmert.
    Während Victor das Band von dem Briefstapel löste, dachte Archibald an seine Zukunft. Der Markgraf hatte recht. Archibald hatte es auf das Land abgesehen, das Alenda mit in die Ehe bringen würde. Dennoch, das Mädchen war hübsch, und die Vorstellung, dass sie notgedrungen das Bett mit ihm teilen würde, war durchaus reizvoll.
    »Soll das ein Scherz sein, Archibald?«, fragte Victor.
    Aus seinen Gedanken gerissen, stellte Archibald das Glas ab. »Was?«
    »Auf diesen Pergamenten steht nichts.«
    »Was? Seid Ihr blind? Da –« Archibald verstummte jäh, als er die leeren Bögen in der Hand des Markgrafen sah. Er schnappte sich eine Handvoll Briefe und riss sie auf, fand aber nur weitere unbeschriebene Seiten. »Das kann nicht sein!«
    »Vielleicht waren sie ja mit einer Geheimtinte geschrieben, die von selbst verschwindet«, sagte Victor grinsend.
    »Nein … das verstehe ich nicht … Es sind nicht mal dieselben Pergamente!« Er sah im Panzerschrank nach, aber der war leer. Seine Verwirrung schlug in Panik um. Er riss die Tür auf und rief hektisch nach Bruce. Der Gardeführer stürztemit gezogenem Schwert herein. »Wo sind die Briefe, die ich in diesem Panzerschrank hatte?«, brüllte Archibald den Soldaten an.
    »Ich – ich weiß nicht, Erlaucht«, antwortete Bruce. Er steckte das Schwert weg und nahm Haltung an.
    »Was heißt, du weißt es nicht? Hast du heute Abend irgendwann deinen Posten verlassen?«
    »Nein, Herr, natürlich nicht.«
    »Hat irgendjemand in meiner Abwesenheit mein Arbeitszimmer betreten?«
    »Nein, Herr, das geht gar nicht. Ihr habt den einzigen Schlüssel.«
    »Wo um Maribors Willen sind dann diese Briefe? Ich habe sie doch selbst hineingelegt. Als der Markgraf kam, habe ich ja in ihnen gelesen. Ich war doch nur ein paar Minuten weg. Wie können sie einfach verschwunden sein?«
    Archibalds Gedanken rasten. Er hatte sie doch vorhin noch in der Hand gehalten. Und sie dann im Panzerschrank eingeschlossen. Dessen war er sich ganz sicher.
    Wo waren sie
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