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Der Thron des Haryion

Der Thron des Haryion

Titel: Der Thron des Haryion
Autoren: Hubert Haensel
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jeder immerhin gut drei Mannslängen maß. Zwei Dutzend standen hier in gleichen Abständen zueinander.
    »Die Rippen eines Schattenwals«, stellte Robbin staunend fest. »Oder zumindest Bruchstücke davon. Das Tier muß verendet angeschwemmt worden sein, denn die Nesfar allein hätten es nie erlegen können.«
    Man sah viele Haryien, die sich außen am Stock zu schaffen machten. Unwillkürlich gewann Mythor den Eindruck geschäftiger Ameisen, die zu Hunderten über ihren Bau kletterten. Diese Wesen, halb Weib, halb Vogel, unterbrachen ihre Arbeit auch dann nicht, als das Hausboot an ihnen vorüberglitt.
    »Was ihr seht, wird ein Teil der neuen Brutplätze«, sagte Asmilai. »Es ist an der Zeit, wieder für Nachkommen zu sorgen.«
    »Legt ihr Eier, oder wie…?« grinste der Beuteldrache. Er hatte noch mehr sagen wollen, aber als Asmilais Haltung sich schlagartig veränderte, schwieg er lieber.
    Die Phanus schwebte auf das Mittelstück des Felsankers zu. Dort, unmittelbar bevor dieser sich verzweigte, befanden sich verschieden große Einbuchtungen.
    »Unser Hafen wurde nur selten benutzt«, ließ Asmilai vernehmen. »Hier liegt euer Boot sicher, solange ihr Gäste seid in unserem Stock.«
    Halb glitt die Phanus in eine der Höhlungen hinein, schrammte hart über lockeres Geröll und kam dann ruckartig zum Stillstand. Die Luft roch nach Moder und Verwesung und hatte einen eigenartig beizenden Beigeschmack.
    Nacheinander verließen alle in Mythors Begleitung das Hausboot. Bis zu den Knöcheln versanken sie in feinem, grauen Staub, der bei jeder Bewegung aufwirbelte, ein Brennen in Nase und Rachen hervorrief und die Augen tränen ließ.
    Im Hintergrund führte ein düsterer Gang schräg nach oben. Mythor wandte sich schon in diese Richtung, als Asmilai ihn zurückhielt.
    »Ich fürchte«, sagte sie, »der Aufstieg ist nicht für euch geschaffen. Wir fliegen zusammen zum Haupteingang hinauf.«
    »Fliegen…? Nein – niemals!«
    So schnell hatte selten jemand den Beuteldrachen laufen sehen. Entlang der Bordwand der Phanus hetzte er tiefer in die Höhle hinein, angespornt von den Flügelschlägen, die hinter ihm laut wurden.
    »Lieber das Genick brechen, als fliegen«, kreischte er.
    Schon glaubte er, das Ziel erreicht zu haben, da schlossen sich Vogelkrallen um seine Arme, und Gerrek wurde emporgehoben.
    Alles Sträuben half ihm nichts. Die Haryien hatten ihn so gepackt, daß er seinen kalten Griff nicht anwenden konnte. Und um Feuer zu speien, hätte er den Kopf weit in den Nacken drehen müssen.
    Für einen Moment schloß Gerrek entsetzt die Augen, als er tief unter sich den wallenden Brodem des Schlundes sah. Er vergaß sogar darauf, weiterhin wie wild mit den Beinen zu strampeln. Die Angst, hilflos hinabzustürzen, würgte ihn.
    Jetzt erst fiel Gerrek auf, daß der Nesfar-Stock sich um die beiden Anker drehte. Und er entdeckte das weit aufgerissene Drachenmaul, das die Haryien anflogen. Der Anblick versöhnte ihn ein wenig, bewies er doch, daß Drachen die Achtung der Vogelweiber besaßen. Ansonsten hätten sie den Eingang zu ihrem Stock sicherlich nach einem anderen Bild geformt.
    Es gab eine Zugvorrichtung, mit deren Hilfe das Maul geschlossen werden konnte. Armstarke Fallgitter sorgten dafür, daß ein gewaltsames Eindringen unmöglich wurde.
    Gerrek verspürte ein unangenehmes Prickeln in seinem Nacken, als die beiden Haryien mit ihm unmittelbar unter den zugespitzten Eisenstäben hindurch flogen. In Gedanken malte er sich aus, was geschehen würde, wenn der Mechanismus ausgerechnet jetzt versagte.
    Deshalb war er mehr als nur froh, endlich wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen. Er klopfte den Staub von sich ab, der ihn über und über bedeckte. Er bemerkte nicht, daß Robbin bereits hinter ihm war und zuckte zusammen, als dieser ihn ansprach.
    »Na«, machte der Pfader spöttisch. »Alles gut überstanden?«
*
    Die Haryien geleiteten sie ins Innere des Stockes. Außer Siebentag, Lankohr und Heeva waren noch Scida und vier weitere Amazonen an Bord er Phanus zurückgeblieben. Obwohl Asmilai sich keineswegs glücklich darüber zeigte, hatte sie sich fügen müssen.
    Wie bereits von außen her zu erkennen gewesen war, verliefen vielfältige Tunnel und Gänge schneckenförmig gewunden zum Mittelpunkt hin. Dazwischen gab es senkrechte Schächte, jeder mindestens fünf Schritte durchmessend und in gleichbleibenden Abständen mit dicken Stangen versehen, auf denen die Krallenfüße der Haryien guten Halt
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