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Der Thron des Haryion

Der Thron des Haryion

Titel: Der Thron des Haryion
Autoren: Hubert Haensel
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gegenseitigen Haltes beraubt, brachen die Knochen des Riesenvogels zusammen. Dunkler Staub war alles, was von ihnen blieb. Zugleich fiel die Benommenheit von Fronja ab. Taumelnd kam sie in die Höhe; Siebentag sprang herbei und stützte sie. Das Leuchten der DRAGOMAE-Bruchstücke war erloschen.
    »Kommt!« Wie selbstverständlich übernahm Mythor die Führung. Ungeduldig winkte er Fronja und deren Begleitern zu. »Wir müssen den Stock verlassen, ehe er zerstört wird.«
    Die Haryien, noch immer im Bann von Siebentags Körperbildern stehend, behinderten sie nicht. Mythor wußte, wohin er sich zu wenden hatte, um auf schnellstem Weg ins Freie zu gelangen. Die Geister der früheren Haryione hatten ihm die nötigen Kenntnisse vermittelt.
    Schreie hallten durch den Stock. Dazwischen immer wieder das laute Brüllen der Shrouks – schon gefährlich nahe.
    »Robbin!«
    Nur der Pfader hörte den verhallenden Ruf.
    »Wartet!« schrie er den anderen hinterher, die nichts bemerkt hatten. Aus einem schräg abwärts führenden Schacht war sein Name erklungen. Burra und einige Amazonen winkten ihnen zu.
    »Hier herunter. Am anderen Ende liegt die Phanus. «
    Mittlerweile hatte man sich mit der ungewohnten Art der Fortbewegung abgefunden. Außerdem führten die Kriegerinnen Seile mit sich, die sie an den Trittstangen befestigten. So gelangte man schnell und sicher in die Tiefe.
    Daß es ein Wettlauf mit der Zeit wurde, bewiesen die immer heftiger auftretenden Beben. Der Sog des Schlundes machte sich stärker bemerkbar.
    Endlich erreichte man die Öffnung, die von den Zurückgebliebenen weiter vergrößert worden war. Hilfreiche Hände streckten sich ihnen entgegen.
    Die Phanus bockte wie ein scheuendes Pferd. Lange würden die Taue sie nicht mehr am Stock halten.
    Tatsächlich zerriß auch der letzte Halt, kaum daß alle wieder an Bord waren. Eine Titanenfaust griff nach dem Hausboot und schleuderte es davon.
    Drohend wuchs der dunkle Wirbel des Schlundes an. Was in diesen Mahlstrom hineingeriet, war verloren. Mit schier übermenschlicher Anstrengung versuchten die Amazonen, die Phanus wenigstens in die Randzonen zu steuern. Für quälend lange Augenblicke hatte es den Anschein, als gäbe es keine Rettung mehr. Aber dann brach der Nesfar-Stock auseinander, wurden viele Trümmerstücke förmlich davonkatapultiert. Im Sog eines von ihnen gelang es Robbin, das Hausboot wenigstens aus dem größten Gefahrenbereich herauszumanövrieren.
    Dennoch gab der Schlund die Phanus nicht völlig frei. Immer schneller wurde sie, von unheimlichen Kräften in rotierende Bewegung versetzt.
    Wie ein großes, böses Auge glotzte das Innere des Strudels…
*
    Das Ende des Stockes erlebte Mythor wie im Fieber. Er zitterte, fühlte noch immer ein wenig als Haryion. Das unrühmliche Ende der Haryien ging ihm nahe.
    »Yhr«, kam es tonlos über seine Lippen. »Wir müssen nach Yhr.«
    So leise hatte er gesprochen, daß sogar Fronja ihn kaum verstehen konnte. Aber der Pfader wirbelte herum.
    »Was sagst du da?« Robbins Erregung verwandelte sich schier in Entsetzen.
    Mythor sah ihn erstaunt an.
    »Kennst du diesen Ort, an dem Carlumen gestrandet sein soll?«
    »Die unterste Sprosse der Dämonenleiter… Wenn das dein Ziel ist, mögen die Götter uns beistehen.«
    Mythor starrte hinaus in die wallende Schwärze. Ihm war, als vernehme er einen fernen Ruf, der allein ihm galt.
    Carlumen – Insel des Lichts…
    Wütender zerrte der Sog an der Phanus. Ächzend stürzte das Boot in die Finsternis. Selbst Burra hatte resigniert. Irgendwo zersplitterten Verstrebungen mit lautem Knall.
    »Mythor!«
    Zögernd wandte er sich um. Den Wicht, der vor ihm stand und ihm kaum bis zu den Hüften reichte, hatte er nie gesehen.
    »Tu mir einen Gefallen, und geh in die Knie. Muß ich denn immerfort zu euch aufsehen?«
    Das war reines, unverfälschtes Gorgan, dessen sich der Kleine bediente. Mythor war zu überrascht, um ablehnend zu reagieren.
    Sein Gegenüber streckte eine Hand aus und tastete hinter sein Ohr. Als er fand, wonach er suchte, nickte er zufrieden, und seine griesgrämige Miene entspannte sich.
    »Ja, da ist das Mal, das dich als Sohn des Kometen ausweist. Steinmann Sadagar hat mir viel von dir erzählt.«
    »Sadagar!« Mythor schrie den Namen förmlich hinaus. Er packte den Kleinen und hob ihn hoch. »Dann mußt du der Schutzgeist des Steinmanns sein, der Kleine Nadomir. Wie geht es Sadagar? Sag! Ist er hier? Wie kommst du in die Schattenzone?«
    »Nicht so
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