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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt
Autoren: Robert Lyndon
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Leinen gewickeltes Päckchen ans Tageslicht.
    Vallon löste das mit Perlen besetzte und mit einem Goldrand bestickte Seidenband. In dem Päckchen befanden sich zwei Manuskripte, eines davon in lateinischen Buchstaben, die Schrift des anderen erkannte Vallon nicht. Beide Manuskripte trugen ein Siegel, auf dem wohl ein Bogen und ein Pfeil zu sehen waren.
    «Ich habe das Lesen und Schreiben lange vernachlässigt», gab er zu.
    «Das persische Schriftstück ist ein Passierschein für eine sichere Reise durch das Land der Seldschuken. Der lateinische Text ist eine Lösegeldforderung an den normannischen Grafen Olbec. Dessen Sohn, Sir Walter, ist bei Manzikert in Gefangenschaft geraten. Wir sind – wir waren – auf dem Weg, die Forderung zu überbringen.»
    «Das enttäuscht mich. Ich dachte, du wärst zumindest auf der Suche nach dem Heiligen Gral.»
    «Was?»
    «Warum sollte ein hochbetagter und kränkelnder Philosoph solche Mühen auf sich nehmen, um die Freilassung eines normannischen Söldners zu bewirken?»
    «Oh, ich verstehe. Ja, Herr, Ihr habt recht.» Der Sizilianer schien sichtlich in Verlegenheit. «Cosmas war nie in den Ländern jenseits der Alpen. Er wollte Gelehrte in Paris und London aufsuchen. Sein ganzes Leben lang suchte er das Wissen an seiner Quelle zu finden, ganz gleich, wie weit sie entfernt sein mochte.»
    Vallon rieb sich über die Stirn. Der Sizilianer bereitete ihm Kopfschmerzen. «Warum behelligst du mich mit all diesen Dingen, die ich nicht wissen will?»
    Der Sizilianer senkte den Blick. «Ich habe über meine missliche Lage nachgedacht. Es liegt auf der Hand, dass ich nicht über die notwendige Kraft verfüge, um den Auftrag allein auszuführen.»
    «Du hättest schon früher mit mir darüber sprechen sollen. Ich hätte dir eine schlaflose Nacht erspart.»
    «Mir ist bewusst, dass es mir an Euren Fähigkeiten als Krieger und an Eurem Mut mangelt.»
    Vallon runzelte die Stirn. «Du glaubst doch nicht etwa, dass ich diese Mission übernehme?»
    «Oh, ich möchte keinesfalls umkehren. Ich diene Euch ebenso treu, wie ich Cosmas gedient hätte.»
    Ärgerlich verzog Vallon das Gesicht. «Du bist ein dreister Wicht. Dein Meister ist noch nicht kalt, und schon willst du dich beim nächsten einschmeicheln.»
    Die Wangen des Sizilianers brannten. «Ihr habt gesagt, Ihr wärt Söldner.» Er fummelte in der Tasche seiner Tunika. «Ich zahle für Eure Dienste. Hier.»
    Vallon wog den Lederbeutel in der Hand, zog die Durchzugskordel auf und ließ Silbermünzen in seine Hand rieseln.
    «Dirhams aus Afghanistan», sagte der Sizilianer. «Aber Silber ist Silber, ganz gleich, wessen Kopf es trägt. Genügt es?»
    «Das Geld wird dir wie Sand durch die Finger rinnen. Du musst Bestechungsgelder zahlen, bewaffnete Eskorten anheuern.»
    «Nicht, wenn ich unter Eurem Schutz reite.»
    Vallon hielt dem Sizilianer seine Jugend zugute. «Nehmen wir an, ich erklärte mich einverstanden. Dann wäre ich in einem Monat oder zwei wieder an diesem Fleck, ohne dass sich für mich etwas zum Besseren verändert hätte.» Er warf dem Sizilianer den Lederbeutel zu und machte sich wieder auf den Weg.
    Der Sizilianer holte ihn ein. «Ein so bedeutender Graf wie Olbec wird Euch reich belohnen, wenn Ihr ihm die Nachricht vom Überleben seines Erben bringt.»
    Vallon kratzte sich an der Brust. Die Hütte hatte nur so von Geziefer gewimmelt. «Nie von ihm gehört.»
    «Bei allem Respekt, das hat nicht viel zu sagen. Normannische Abenteurer steigen aus dem Nichts zu Ruhm auf. In meiner eigenen kurzen Lebenszeit haben sie schon England und halb Italien erobert. Das hier ist das Siegel des olbecschen Geschlechts.»
    Vallon warf einen flüchtigen Blick auf den Siegelring, der das eingeprägte Bild eines Ritters zu Pferde zeigte. «Dein Meister hat einen anderen Ring getragen.»
    Nach kurzer Überlegung zog der Sizilianer eine Schnur hervor, die er unter seiner Tunika um den Hals trug. «Ich weiß nicht, was für ein Edelstein es ist, nur, dass er so alt ist wie Babylon.»
    Die Farben des Steins wechselten, je nachdem, in welchem Winkel Vallon ihn ins Licht hielt. Ohne darüber nachzudenken, streifte er den Ring über.
    «Cosmas hat ihn benutzt, um das Wetter vorherzusagen», sagte der Sizilianer. «Jetzt erscheint der Edelstein blau, aber gestern, lange vor dem Sturm, wurde er so schwarz wie die Nacht.»
    Vallon versuchte, den Ring wieder vom Finger zu ziehen.
    «Behaltet ihn», sagte der Sizilianer. «Es wird ein Vorteil sein, im
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