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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York
Autoren: Lyndsay Faye
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kassiert hatte.
    »Werden Sie das Geld abliefern?«, fragte er dann trocken.
    »Ich kann fünfzig für die Partei abzweigen, wenn Ihnen daran gelegen ist, aber der Rest ist für eines der Opfer.«
    »Aha. Ich nehme die fünfzig Dollar als anonyme Spende für die Wohlfahrt der Polizei, und Sie werden die restliche Summe ... welchem Opfer geben? Bird Daly, nehme ich an?«
    »Einem Opfer«, wiederholte ich.
    Der Polizeichef kaute eine Weile auf dem Gedanken herum und kam dann zu einem Entschluss.
    »Ich würde Ihnen gern einen Vorschlag machen, Mr. Wilde«, sagte er und stand auf. »Polizisten mit Kupferstern müssen, damit sie nicht überheblich oder bestechlich werden, jedes Jahr neu eingestellt werden. Diese Politik gefällt mir überhaupt nicht. Sie läuft der Vorstellung zuwider, dass wir Experten sind, und was die Korruption angeht ... Aber zurück zu meinem Vorschlag: Solange ich Polizeichef bin, werden Sie Polizist bleiben. Wir werden Sie in der Verbrechensaufklärung einsetzen, nicht beim Streifendienst. Falls Sie einen Titel möchten, werde ich einen für Sie finden. Mit Worten kann ich gut umgehen. Übrigens, es ist Ihnen in der Tat gelungen, mich zu überraschen.«
    Ich weiß, dass der plötzliche kleine Freudenschauer, der mich überlief, nicht sonderlich vernünftig war. Es hätte mich eigentlich nicht so überaus stolz machen sollen, diesen Beruf behalten zu dürfen. Vielleicht war es nur das neu gefundene Gefühl, gut zu sein bei einer neuen Aufgabe.
    »Danke«, sagte ich.
    »Das wäre also abgemacht.«
    »Ich habe nur eine Bedingung.«
    Der Polizeichef wandte sich um, die silbrigen Brauen ärgerlich zusammengezogen. Ich war offensichtlich zu weit gegangen.
    »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass Sie Val bitte auch behalten«, sagte ich in einem etwas bescheideneren Ton.
    »Mr. Wilde, eines Tages wird es mir vielleicht gelingen, Sie zu verstehen«, sagte Polizeichef Matsell, lehnte sich zurück und ergriff seinen Federkiel. Er wirkte immer noch aufgebracht. »Sie sind ein Genie im Umgang mit Metzgerpapier. Und dann wieder haben Sie ein völliges Brett vorm Kopf. Ihr Bruder – gesetzt den Fall, er wird nicht umgebracht oder in ein öffentliches Amt gewählt – wird ohne jeden Zweifel bis ans Ende seiner Tage Polizei-Captain bleiben.«
    »Es freut mich, dass Sie so denken.«
    »Mr. Wilde«, sagte der Polizeichef, »verlassen Sie jetzt mein Büro. Sie sehen aus, als würden Sie gleich in Ohnmacht fallen, und ich möchte nicht über Sie steigen müssen, um aus dem Zimmer zu kommen.«
    Auf meinem Weg aus der großen Steinfestung hinaus begegnete ich einem merkwürdigen Mann mit einem eiligen Krebsgang, der große Schnürstiefel trug, kein Kinn hatte, aber struppiges, silbriges Haar, und der auf mich zugeeilt kam, sobald er meiner ansichtig wurde.
    »Ich muss Sie über die Zeugenaussage einer gewissen Miss Maddy Sample unterrichten, Mr. Wilde. Endlich sehen wir einen Silberstreif am Horizont!«, flüsterte Mr. Piest und packte mich am Arm.
    »Es ist schon Morgen«, antwortete ich dankbar, während der Mond aufging. »Bringen Sie mir etwas Brot und Kaffee, dann erzähle ich Ihnen alles.«
    In meinem Kopf war in der Tat die Sonne aufgegangen. Alles war besser verlaufen, als ich es jemals hätte erhoffen können. Mr. Piest hatte einen so großen Anteil an meinem Erfolg, dass es einem Verrat gleichgekommen wäre, wenn ich nicht gebliebenwäre, um ihm die Geschichte zu erzählen. Nur zwei Fragen beschäftigten mich noch, während ich meinem Kollegen über einer dampfenden Blechtasse und einem großen Teller Rindfleisch mit Kohl die letzten Einzelheiten erzählte, die ihm noch fehlten.
    Was wird jetzt geschehen?, fragte ich mich. Nicht mit mir, mein Fall war geregelt. Aber es gab da zwei Damen, die ich nicht im Stich lassen wollte, die eine viel jünger als die andere. Ihrer beider Schicksal war noch offen. Ihr Leben schon mehrfach verwüstet und wieder geflickt worden.
    Und mein schlimmster Verrat war, dass ich nicht einmal wusste, ob sie überhaupt noch am Leben waren.

27
    Die Flut der Emigration, die jetzt so heftig gegen unsere Küsten schwappt, wird sich nicht umkehren lassen. Wir müssen die Armen, die Ungebildeten, die Unterdrückten anderer Länder bei uns aufnehmen, und wir täten gut daran, sie als Menschen zu betrachten, die mit der ganzen Energie der Hoffnung bei uns ankommen, hier glücklichere Tage zu erleben und eine nützlichere Arbeit als zu Hause zu finden. Niemand, so denke ich, ist ernsthaft
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